Markus Buchheit (AfD): „Das blinde Vertrauen in die Altparteien wird sich irgendwann rächen“

Die EU-Kommission, das Europäische Parlament und der Rat der EU haben sich Anfang November auf die Einführung der EUid-Brieftasche, einer digitalen Brieftasche geeinigt. Neben Daten- und Verbraucherschützer übt auch Markus Buchheit Kritik an der Einführung der EUid-Brieftasche, die dem Missbrauch von Datensätzen Tür und Tor öffnen wird, warnt er im Interview mit FREILICH.

Interview von
8.12.2023
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4 Minuten Lesezeit
Markus Buchheit (AfD): „Das blinde Vertrauen in die Altparteien wird sich irgendwann rächen“
Markus Buchheit im EU-Parlament© IMAGO / Future Image

FREILICH: Herr Buchheit, aus Brüssel kommen Nachrichten wegen einer geplanten EU-Mitgliedschaft der Ukraine, aber es war in den Medien kurz auch die Rede von „Orwells Brieftasche“ ... Worum geht es da, was verbirgt sich hinter dem Begriff?

Markus Buchheit: Sie haben allein mit Ihrer Fragestellung ganz nebenbei zwei große Probleme angesprochen. Das eine ist die mangelhafte mediale Berichterstattung über das, was in der EU wirklich passiert, und das andere ist das äußerst geringe Interesse der meisten EU-Bürger bezüglich der Politik, die in Brüssel und Straßburg gemacht wird. Denn täuschen wir uns nicht, all das, was da im EU-Parlament beschlossen wird, hat direkte Auswirkung auf unser aller Alltagsleben: sämtliche Regulierungen, jeder planwirtschaftliche Unsinn, alle klimareligiös begründeten Schikanen. Das gilt auch für die sogenannte Brieftasche George Orwells. Der Begriff bezeichnet den Beschluss eines neuen Digitalisierungsschritts der Europäischen Union. Man hat nämlich am 08. November beschlossen, nachdem die ganze Geschichte durch das pseudo-transparente Trilog-Verfahren geschleust wurde, für jeden EU-Bürger bis und ab 2030 eine EUid-Brieftasche zur Verfügung zu stellen.

Was heißt das genau?

Nach dem Willen der Europäischen Union wird jeder EU-Bürger seine privaten Daten in einer „digitalen Brieftasche“ ablegen und speichern müssen. Die „EUid-Wallet“, wie das digitalisierte Paket persönlicher Daten und Dokumente dann heißt, wird zur Authentifizierung bei Online-Diensten und im Rahmen von eGovernment-Prozessen zum Einsatz kommen. Die Initiatoren dieser Digitalisierungsmaßnahme sehen die Merkmale und gemeinsamen Spezifikationen der Brieftasche, mit der die persönlichen Daten in einer Cloud-Lösung abgespeichert werden, auch als Zündung für weitere digitale Geschäfte. Den Quatsch hören wir uns allerdings ja auch schon länger mit der „grünen Industrie“ an: Die große Transformation werde für eine Unmenge an Jobs sorgen. Fakt ist, zunächst werden viele Leute arbeitslos und arm. Das wird auch für den Digitalisierungsunfug gelten, bei dem ohnehin nur die großen Player zum Zuge kommen werden. Daten- und Verbraucherschützer sind alarmiert, denn den Administratoren der Cloud, in der die sensiblen Daten von Millionen EU-Bürgern gespeichert werden sollen, werden die Möglichkeit haben, Missbrauch mit den Datensätzen zu treiben. Das werden auch die Leute und deren Nachfolger aus den Reihen der Altparteien, die bisher das deutsche Bundeministerium für Digitales und Verkehr leiten durften, nicht verhindern können. Von der EU-Administration ganz zu schweigen.

Was hat es mit dieser großangelegten Digitalisierung eigentlich auf sich?

Die EU-Kommission hat einerseits den Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ausgerufen, weswegen ja auch das digitale Geld kommen soll. Andererseits befinden wir uns bis 2030 in der sogenannten „digitalen Dekade“. Innerhalb dieser Zeit will die EU-Führung im Rahmen des „Fit for 55“-Pakets eine grundlegende Neuausrichtung der Wirtschaft und Gesellschaft zum Zwecke einer gerechten, „grünen“ und florierenden Zukunft schaffen. Wie dieser Irrsinn funktioniert, können wir im aktuell leidgeprüften Deutschland mit der Ampel-Regierung erleben. Man muss kein Science-Fiction-Fan sein, um sich vorstellen zu können, welche Möglichkeiten sich für Kriminelle außer- und innerhalb EU-staatlicher Strukturen bezüglich der EU-Bürgerdaten eröffnen. Irgendwann befinden sich Datenbausteine, die ganze Biographien ausmachen, im nicht wirklich kontrollierbaren Nirwana einer Server-Struktur. Viel wichtiger aber – und darüber reden und schreiben die wenigsten – ist, dass die EU-Kommission unter der unsäglichen Frau von der Leyen offenbar eine supranationale staatliche Struktur aufbauen will. Die Digitalisierung soll der Administration der EU helfen, die EU-Bürger „gläsern“ und damit steuerbar zu machen. Bankverbindungen, Patientenakten, offizielle Dokumente – all das soll dem analogen Zugriff des Einzelnen entzogen werden. Da hilft es auch nicht, wenn die Verantwortlichen von „quell-code-offenen“ Sicherheitslösungen reden und nicht-autorisierte Zugriffe Fremder ausschließen. Ich frage, was für einen besseren Schutz gegen Datenmissbrauch gibt es als die bewährten analogen Lösungen? Stattdessen wird die allumfassende Digitalisierung gepriesen, die auf mittlere Sicht zur Meinungsmanipulation und zur willkürlichen Durchsetzung staatlicher Verordnungen führen kann. Die Lehren aus der Coronakrise haben gezeigt, dass die Grundrechte nicht nur der Deutschen mit einem Male wenig bis gar keinen Wert hatten. Totalitäre Züge vieler Politiker zeigten sich ungeniert, genauso wie die Übergriffigkeit des Staates. Und wie von der Leyen mit Daten umgeht, wie sehr sie sich an die ganz normalen Spielregeln hält, sehen wir aktuell in der Pfizer-Impfstoff-Affäre …

Also nichts mehr zu ändern?

Sie sagen es, in dem Punkt ist fast alles gelaufen. Die Annahme der EUid-Brieftasche muss vom Europäischen Parlament und vom Rat nur noch förmlich angenommen werden. Dann werden noch die notwendigen Durchführungsbestimmungen beschlossen, so dass die Mitgliedstaaten dann ihren Bürgern EUid-Brieftaschen zeitnah und verpflichtend zur Verfügung stellen können. Angesichts dieses Prozederes und angesichts auch der zurückliegenden Politik der EU stellt man sich die Frage, inwieweit der EU-Bürger und sein Wille bei den Entscheidungsfindungen berücksichtigt wurden. Vielen dürfte es vielleicht gar nicht schmecken, dass ihre „amtliche“ und ihre wirtschaftliche, aber auch private Existenz demnächst in pannen- und missbrauchsanfälligen Speichermedien liegt. Wir von der AfD fragen uns mit unsren Freunden von der Fraktion „Identität&Demokratie“ (ID) deshalb ständig, warum das, was hier abläuft keinen wirklich interessiert. Das blinde Vertrauen in die volksfernen Machenschaften der Altparteien auf EU-Ebene, die Naivität und Faulheit der allermeisten EU-Bürger wird sich irgendwann rächen. Ich kann nur zum gefühlt tausendsten Male sagen: Liebe Leute, passt auf die EU-Politiker auf, wählt die Richtigen ins EU-Parlament, sonst wird Euer Alltag irgendwann unerträglich und ihr habt nichts mehr zu melden!

Danke fürs Gespräch, Herr Buchheit!


Zur Person: 

Markus Buchheit studierte Politik- und Rechtswissenschaft in Bayreuth und München. Seit 2019 ist er für die AfD Mitglied des Europäischen Parlaments. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Fragen des internationalen Handels, der Industriepolitik sowie des Verbraucherschutzes auf EU-Ebene.