Bürgerrechtler kritisieren

Hessen beschließt umstrittenes Versammlungsgesetz

Mit einem neuen Versammlungsgesetz legalisiert die schwarz-grüne Koalition in Hessen weitgehend die polizeiliche Videoüberwachung von Demonstrationen.

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 Hessen beschließt umstrittenes Versammlungsgesetz
Landtag Hessen© Olaf Kosinsky, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons (Bild zugeschnitten)

Wiesbaden. - Gegen die Stimmen der Oppositionsparteien wurde am Dienstagabend von der schwarz-grünen Koalition in Hessen das neue Versammlungsgesetz verabschiedet. Es löst das bisher geltende Versammlungsgesetz des Bundes ab. Das von der Koalition als „Versammlungsfreiheitsgesetz“ bezeichnete Gesetz werde die Versammlungsfreiheit nicht erweitern, sondern einschränken, hatten Bürgerrechtsorganisationen im Vorfeld kritisiert. Gegen das Gesetz hatte es auch immer wieder Proteste auf der Straße gegeben. Die Opposition kritisierte das Gesetz scharf, die Linken-Fraktion kündigte eine Klage vor dem hessischen Staatsgerichtshof an. Das neue Versammlungsrecht wurde auch von der FDP kritisiert, unter anderem weil es der Polizei das Recht einräumt, Übersichtsaufnahmen von Demonstrationen anzufertigen.

Zu viele Befugnisse

Auch mehrere Sachverständige hatten die Gesetzesvorlage bereits im Vorfeld kritisiert. Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Clemens Arzt hatte bereits in der Expertenanhörung darauf hingewiesen, dass es heute technisch nicht mehr möglich sei, reine Übersichtsaufnahmen zu machen: Die hohe Qualität der digitalen Fotografie erlaube ein nahezu unbegrenztes „Hineinzoomen“. Bei solchen Übersichtsaufnahmen handele es sich daher um einen schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Mit der Videoüberwachung bei Veranstaltungen sei das nicht mehr gegeben, die Folge sei ein „sehr hoher Abschreckungseffekt“, sagte Arzt.

Das Gesetz sei „sehr stark mit dem Blick der Polizei geschrieben“, kritisierte Michèle Winkler vom Grundrechtekomitee schon vor Wochen in einem Interview. Die Polizei erhalte in dem Entwurf zu viele Befugnisse, sie könne sowohl Ordner als auch Teilnehmer von der Demonstration fernhalten. Denn die Versammlungsleitung müsse nach dem neuen Gesetz in bestimmten Fällen Daten und Namen von Ordnern nennen. Auf diese Weise werde der demokratische Charakter einer Demonstration zu Gunsten der Gefahrenabwehr beschnitten, so Winkler sinngemäß.