Hannover führt Bezahlkarte für Asylbewerber ein

In Hannover können Asylbewerber künftig mit einer Bankkarte bezahlen. Die Karte ist an keine Bedingungen geknüpft. Damit können die Karteninhaber ihr Geld im In- und Ausland beliebig ausgeben.

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Hannover führt Bezahlkarte für Asylbewerber ein
Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) hat die Bezahlkarte am vergangenen Freitag präsentiert.© IMAGO / Henning Scheffen

Hannover. – Die niedersächsische Landeshauptstadt geht in der Diskussion um eine Bezahlkarte für Migranten einen eigenen Weg: Asylbewerber ohne deutsches Bankkonto sollen in Hannover künftig ihr Geld als Guthaben auf eine Debitkarte gebucht bekommen. Das soll die Verwaltung entlasten, Kosten senken und die Teilhabe der Migranten verbessern, sagte Bürgermeister Belit Onay (Grüne) bei der Vorstellung der Sozialkarte am vergangenen Freitag.

Karte nicht an Bedingungen geknüpft

Anders als in der bundespolitischen Debatte teilweise gefordert, ist die Karte nicht an Bedingungen geknüpft. Die Empfänger können ihr Geld im In- und Ausland für das ausgeben, was sie wollen. Eine Kontrolle findet nicht statt. Auch das Abheben von Bargeld ist möglich. Technisch ist es zwar möglich, bestimmte Branchen, wie zum Beispiel Anbieter von Glücksspielen, von der Nutzung auszuschließen. Onay betonte aber: In Hannover wird es keine Einschränkungen geben.

Mehr Geld bekommen die Betroffenen durch die Umstellung nicht. Sie müssen sich aber nicht mehr für sogenannte Verpflichtungsscheine bei der Stadt anstellen. Mit diesen mussten sie bisher weiterhin zur Sparkasse gehen, um das Geld in bar zu erhalten.

In der Stadtverwaltung sollen durch die Digitalisierung der Auszahlung sechs Sachbearbeiter Zeit für andere Aufgaben gewinnen. Gleichzeitig entfallen die Kosten für Sicherheitsdienste, die bislang wegen der Warteschlangen eingesetzt wurden. „Kostentechnisch ist das eine maximale Entlastung“, so Onay. Das neue System kostet zunächst rund 2000 Euro im Monat.

Zahl der Nutzer könnte auf 400 steigen

Optisch sehen die Karten wie jede andere Geldkarte aus – der Flüchtlingsstatus der Nutzer ist beim Bezahlen also nicht erkennbar. So soll eine Stigmatisierung vermieden werden. Eine Kooperation mit dem Kartenanbieter Visa soll für eine hohe Akzeptanz der Karte sorgen. In einer Pilotphase haben nach Angaben der Stadt bisher knapp 70 Asylbewerber die Karte erhalten. Derzeit sind rund 200 Personen berechtigt – darunter auch Sozialhilfeempfänger, die kein deutsches Konto haben. Perspektivisch könnte die Zahl der Nutzer auf 300 bis 400 steigen. Hannover ist laut Onay die erste deutsche Großstadt, die dieses System für Sozialleistungen einführt.

Bund und Länder hatten sich Anfang November darauf verständigt, bis Ende Januar Vorschläge für bundesweit einheitliche Standards für eine Bezahlkarte für Migranten zu entwickeln. Vor allem die FDP hatte sich dafür eingesetzt, um Asylbewerbern die Möglichkeit zu nehmen, Geld aus der staatlichen Unterstützung in Deutschland an Verwandte und Freunde in der Heimat zu überweisen. Onay sagte dazu: „Ich halte die aktuelle Debatte über Beschränkungen der Karte und die Diskussion um Sachleistungen für falsch und nicht zielführend. Es geht hier um Menschen in Notsituationen, denen wir Teilhabe ermöglichen wollen.“ Mit Blick auf die Vereinbarungen auf Bundesebene seien zudem noch viele Fragen offen. „Was da jetzt vom Bund kommt, wissen wir nicht“, sagte Onay und forderte: Sollte eine bundeseinheitliche Vorgabe beschlossen werden, müsse es Spielräume für die Kommunen geben.