Friedrich Merz und die Scheindebatte

In seinem Kommentar geht Julian Marius Plutz auf den jüngsten „Skandal“ rund um CDU-Chef Friedrich Merz und seinen Pascha-Sager ein. In diesem Zusammenhang verweist er auf das zentrale Gebot, das in Deutschland existiere – nämlich, keine Muslime kritisieren zu dürfen.

Kommentar von
13.1.2023
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2 Minuten Lesezeit
Friedrich Merz und die Scheindebatte

Julian Marius Plutz

In Deutschland gibt es ein zentrales Gebot, an das sich jeder zu halten hat: „Du darfst keine Muslime kritisieren.“ Während die alttestamentarischen Gebote von eins bis zehn gut und gerne ignoriert werden dürfen, ist das Elfte tatsächlich in Stein gemeißelt. Politiker wie Medienschaffende haben sich längst dem Kodex der politischen Korrektheit verschrieben, der auf das Motto hört, das infantiler kaum sein kann: „Wenn ich die Augen und Ohren verschließe, verschwinden auch die Probleme“.

In der sogenannten Integrationsdebatte, die sich hauptsächlich um Menschen aus dem islamischen Raum dreht, argumentiert das Juste Milieu genauso. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Verstößt ein Politiker gegen Gebot Nummer Elf, so wird er ausgegrenzt. Man versieht ihn mit Namen und klebt ihnen ein Etikett auf die Stirn, das völlig überraschend mit „N“ beginnt und mit „I“ aufhört. Steckt der unliebsame Teufel erst mal in der passenden Schublade, kann man die Probleme wieder ganz in Ruhe totschweigen. Traumschön.

Das routinierte Schwingen der Rassismuskeule

Jüngster Vorstoß jenseits des Molochs von medialer und parteilicher Gleichmacherei: Friedrich Merz, der bei Markus Lanz einmal mehr den harten Hund mimte: „Wir sprechen hier über Leute, die eigentlich in Deutschland nichts zu suchen haben, die wir hier seit längerer Zeit dulden, die wir nicht abschieben und bei denen wir uns dann darüber wundern, dass es hier solche Exzesse gibt“, sagte er am Dienstagabend.

Doch der CDU-Vorsitzende war noch nicht fertig: „Und dann wollen sie diese Kinder zur Ordnung rufen und die Folge ist, dass die Väter in den Schulen erscheinen und sich das verbitten. Insbesondere, wenn es sich um Lehrerinnen handelt, dass sie ihre Söhne, die kleinen Paschas, da mal etwas zurechtweisen.“

Was folgte war die übliche Liturgie der Bessermenschen. Laut dem Qualitätsmedium t-online „poltere“ Merz und überraschte „mit falschen Zahlen“. Die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) gibt sich entsetzt. Aussagen wie „kleine Paschas“ lehne sie entschieden ab: „Diese Bemerkung schürt rassistische Ressentiments und kann auch zur Stigmatisierung von ganzen Gruppen führen.“

Alabali-Radovan findet es nach eigenen Worten „erschreckend“, dass in der Debatte über die Silvesternacht immer wieder rassistische Ressentiments zu hören seien.“

Silvestertäter waren laut Giffey schwer traumatisiert

Die über die Landesgrenzen hinaus bekannte Alabali-Radovan ist laut dem Bayerischen Rundfunk „zuständig für den Kampf gegen Rassismus.“ Diese schwere Bürde muss man erst mal tragen. Jedoch kommt man nicht umhin, dass die bis 1996 im Irak lebende Politikerin eher nach dem Motto „Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus“ argumentiert. Schade. So werden Probleme verschleppt, anstatt sie zu lösen.

Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey (SPD), gibt ganz die Sozialarbeiterin. Sie wies darauf hin, dass jugendliche Straftäter häufig selbst Opfererfahrung hätten. „Wir reden hier über schwierige häusliche Verhältnisse, wir reden über häusliche Gewalt, wir reden über Sexualdelikte, sexuellen Missbrauch“, sagte die Ministerpräsidentin, die durch eine inkorrekt durchgeführte Wahl nach wie vor im Amt ist. Es gehe um prekärste Lagen, in denen Kinder und Jugendliche aufwachsen. „Das sind Kinder und Jugendliche, die hier zu Hause sind. Und unser Job ist, dass wir uns um sie kümmern.“

Am Ende wird sich nichts ändern

Rührend, nicht wahr? Doch woher weiß Giffey denn von den 145 Jugendlichen aus der Silvesternacht, die längst wieder auf freien Fuß sind, dass sie sexuell missbraucht wurden? Und überhaupt: Seit wann rechtfertigt eine schlechte Kindheit Gewalttaten? Nach dem Argument müssten ehemalige Regensburger Domspatzen, die über Jahrzehnte von Pädagogen systematisch misshandelt wurden, in der Oberpfalz jährlich Selbstmordattentate verüben.

Friedrich Merz darf sich indes als harten Hund feiern lassen. Vielleicht hätte er sich noch vor einigen Jahren entschuldigen müssen. Ändern wird der Hüne aus dem Sauerland die Situation wohl kaum. Für die Konservative bleibt seine Aussage ein Strohfeuer. Für die lange nicht mehr konservative Union ist er einmal mehr ein Feigenblatt, um den Wählern zu signalisieren: „Wir sprechen die Probleme an. Wir ducken uns nicht vor der politischen Korrektheit weg“. Doch am Ende, früher oder später, wird genau das passieren. Am Ende gilt stets das elfte Gebot.


Zur Person:

Julian Marius Plutz, 1987 geboren, ist freier Journalist und schreibt unter anderem für die Achse des Guten, TheGermanZ und die Jüdische Rundschau.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.

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