Gerhard Pöttler (WIRS)

„Der Mensch in seiner Ganzheitlichkeit muss gesehen werden“

Im Gespräch mit FREILICH spricht der „WIR SIND Salzburg“-Parteichef Gerhard Pöttler über Authentizität und Ehrlichkeit in der Politik, den Faktor Mensch und die Nachwirkungen seiner Trennung von der MFG.

Julian Schernthaner
Interview von
20.4.2023
/
4 Minuten Lesezeit
„Der Mensch in seiner Ganzheitlichkeit muss gesehen werden“
Gerhard Pöttler (WIRS)© IMAGO / Rudolf Gigler

FREILICH: Herr Pöttler, in den jüngsten Umfragen hat Ihre Partei höhere Werte als Ihre ehemalige Partei MFG. Dennoch fehlt noch einiges auf die Fünf-Prozent-Hürde. Werden Sie diese am Wahltag nehmen?

Pöttler: Wir liegen aktuell laut ORF bei knapp vier Prozent. Morgen (am vergangenen Donnerstag, Anm. d. Red.) findet eine Pressekonferenz statt, wo einiges noch „aufgedeckt“ wird, was bestehende Parteien nach der Wahl planen. Wir werden die kommenden Tage noch alles geben und sind überzeugt, die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken.

Mit welchen Themenschwerpunkten wollen Sie die Wähler von sich begeistern? Inwiefern heben Sie sich hier von anderen Angeboten aus dem „kritischen Lager“ ab?

Mit Ehrlichkeit und Authentizität. Das andere Angebot aus dem kritischen Lager hat bewiesen, dass sie es mit der Ehrlichkeit nicht wirklich ernst nehmen. Stichwort: Werteverfall, Macht- und Geldgier. Wir wollen den Ausverkauf der Heimat stoppen (Keine Windräder, keine weitere 380 kv Leitung – Überprüfung möglicher Zahlungen an Parteien, die für die 380 kv Leitung gestimmt haben, keine weiteren Chaletdörfer und kein Ausverkauf unseres Wassers.

Wir verlangen den Beruf der Mutter und des Vaters als gesetzlichen Beruf anzuerkennen samt Gehalt und Versicherung, denn nur so haben die Menschen die Wahlfreiheit, entweder zu Hause bei den Kindern zu bleiben oder wieder arbeiten zu gehen. Es geht hier um Wahlfreiheit. Das Gesundheits- und das Bildungssystem muss völlig neu aufgesetzt werden.

Wie alle anderen müssen wir die Teuerung insbesondere in den drei Bereichen Güter des täglichen Bedarfs, Energiekosten und leistbares Wohnen bekämpfen und – auch wenn überregional: wir fordern den Austritt aus der WHO und der EU.

Mit der FPÖ und der SPÖ sprechen sich mehrere Großparteien in Salzburg für die Rückzahlung von Corona-Strafen aus. Gehen die Forderungen dieser Parteien Ihrer Ansicht nach weit genug? Wie müsste Ihrer Ansicht nach eine Wiedergutmachung für die Corona-Politik aussehen?

Die beiden Parteien sprechen sich erst seit kurzem dafür aus. Ich habe bereits vor einem Jahr, noch in einer anderen Funktion, die Rückzahlung bereits gefordert, da sind noch Strafen ausgesprochen worden. Was mich an Niederösterreich stört, ist die Scheinheiligkeit der dortigen Koalition.

Es geht nur um Strafen, die der VfGH ausgesprochen hat – diese sollen zurückbezahlt werden – das sind aber die Wenigsten. Die meisten Strafen wurden von den Landesverwaltungsgerichten verhängt – diese würden alle NICHT zurückbezahlt werden – das ist reine Polemik. Wenn, dann alle zu Unrecht verhängten Strafen.

Als erster Punkt unter „Werte“ nennen Sie auf Ihrer Homepage: „Im Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns steht der Mensch in seiner Einzigartigkeit". Was darf der Wähler unter diesen bedeutungsschwangeren Worten verstehen?

Bedeutungsschwanger sehe ich das nicht. Der Mensch in seiner Ganzheitlichkeit MUSS ENDLICH einmal gesehen werden – wir sind hier die Einzigen, die das leben. Körper, Geist und Seele ergeben eine Einheit und jeder Teil ist wichtig bei der Betrachtung. Das ist ein wesentlicher Unterscheidungspunkt zu allen anderen.

Sie verließen die MFG Ende September „mit einem Knall“. Sie warfen ehemaligen Mitstreitern vor, sich ans System anzubiedern, auch umgekehrt gab es Vorwürfe und Anschuldigungen. Inwiefern haben die damaligen Querelen für Sie noch Nachwirkungen? Wie nimmt das „kritische Lager“ Ihre neue Liste wahr?

Wenn das Herz und die Seele eine Partei verlässt, ist es klar und das sieht man auch, dass die Partei kaum mehr existiert und auch nicht mehr wahrgenommen wird. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass es ohne mich keine MFG gegeben hätte, da ich diese operativ aufgebaut habe. Die Erfolge in Oberösterreich, in Waidhofen und bei den Tiroler Gemeinderatswahlen tragen meine Handschrift.

Dass sich die MFG zu einer Partei entwickelt hat, wo, wie oben erwähnt, das Menschliche keinen Platz mehr hat, wo Versprechen vor der Wahl nicht mehr eingehalten werden, wo ich geschmiert wurde, um mich „ruhig zu stellen“ etc., ist evident. Ich bin jedoch weder erpressbar, noch korrumpierbar. Mein Austrittsschreiben war sachlich. Das Nachtreten der MFG und die Diffamierung und Denunzierung meiner Person beispiellos. Das ist offenbar die Angst vor Gerhard Pöttler.

Bereits im November habe ich vorausgesagt, dass die oberösterreichische Fraktion den Bund übernehmen wird. Damals noch müde belächelt, wurde dies am 12. Februar 2023 vollzogen. Die MFG hat in Salzburg genau ein Ziel, das am 12.02.2023 fixiert wurde: Sie treten an, um Pöttler zu verhindern. Das sagt alles über die Destruktivität aus.

Falls Sie den Einzug in den Landtag schaffen würden: Legen Sie sich auf eine Oppositionsrolle fest – oder stehen Sie auch für eine mögliche Regierungsbeteiligung offen? Wenn ja, mit welchen Parteien sehen Sie Schnittmengen, und was wären Ihre roten Linien?

Weder – noch. Zunächst geht es um den Einzug. Dann reden wir weiter. Außer mit der sektenähnlichen Gruppierung der Grünen, sind Gespräche mit allen Fraktionen möglich.

Welche Koalition in der Landesregierung halten Sie aktuell für die Wahrscheinlichste – und was würde sie für Salzburg bedeuten?

Es ein offenes Geheimnis, dass die ÖVP und die FPÖ nach der Landtagswahl eine Koalition eingehen werden. Wie sonst lässt es sich erklären, dass bereits Anfang Dezember 2022 (!) in einer Sitzung des Industriellenverbandes ganz offen von dieser Koalition nach der Landtagswahl gesprochen wurde?

Herr Pöttler, vielen Dank für das Gespräch!


Zur Person:

Gerhard Pöttler, geboren 1975 in Salzburg, ist verheiratet und zweifacher Familienvater. Der promovierte Jurist ist selbständiger Gesundheitsökonom und Geschäftsführer von gemeinnützigen, öffentlichen, privaten Krankenanstalten, Ordensspitälern sowie Alten- und Pflegeheimen und Rehabilitationskliniken in unterschiedlichen österreichischen Bundesländern. Bevor er die WIRS-Partei gegründet hat, war Pöttler Mitglied der MFG-Partei.