Berlins SPD-Senatorin wirbt gezielt um indische Zuwanderer
Franziska Giffey will gezielt mehr Menschen aus Indien nach Berlin holen und fordert dafür schnellere Visa sowie eine stärkere Willkommenskultur. Sie sollen die Lücke auf dem Arbeitsmarkt schließen.
Giffey möchte durch schnellere Visa und verlässlichere Prozesse mehr Inder nach Berlin locken.
© IMAGO / EventpressBerlin. – Nach ihrer Reise nach Indien hat Berlins Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) eine klare Forderung formuliert. Deutschland müsse nicht nur um indische Fachkräfte werben, sondern ihnen auch ein echtes Willkommen bieten – durch schnellere Visa, verlässliche Prozesse und ein deutliches Signal der Offenheit.
Giffey warnt vor Imageproblem
„Sind wir in Deutschland willkommen?“ Dieser Satz sei ihr besonders im Gedächtnis geblieben, sagte Giffey nach ihrer viertägigen Delegationsreise. Diese Frage hätten junge Inder gestellt, die am Goethe-Institut in Bengaluru Deutsch lernen und sich ein Studium oder eine Tätigkeit in Deutschland vorstellen können, darunter Ärzte, Pflegekräfte und IT-Fachleute. Doch die Sorge vor dem politischen Klima in Deutschland wachse, so Giffey: „Die Ressentiments und Angriffe der AfD gegen Migranten werden im Ausland genau registriert und das ist für unser Land und den Wirtschaftsstandort Deutschland verheerend.“
Bedarf an Arbeitskräften „enorm“
Der Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften sei enorm, so Giffey. Schon heute liege die Lücke in Berlin laut Industrie- und Handelskammer bei 90.000 Stellen und werde bis in die 2030er-Jahre auf rund 400.000 anwachsen. „Ohne Fachkräfte aus dem Ausland werden wir diese Riesenlücke nicht schließen können“, betonte Giffey.
Gerade Indien biete enormes Potenzial: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung sei jünger als 28 Jahre und viele dieser jungen Menschen seien hervorragend ausgebildet. Der heimische Arbeitsmarkt könne sie jedoch nicht vollständig aufnehmen. Sie blicken deshalb verstärkt ins Ausland – und Deutschland müsse sich in diesem Wettbewerb behaupten.
Lange Visa-Wartezeiten laut Giffey Standortnachteil
Aus Sicht der Senatorin steht Berlin sich dabei jedoch bislang selbst im Weg. Die langen Wartezeiten für Visa würden sowohl Unternehmen als auch Fachkräfte abschrecken. In nahezu jedem Gespräch mit indischen Partnern sei ihr berichtet worden, dass die Prozesse für die Erteilung von Visa in deutschen Konsulaten Monate dauerten. „Wir machen uns unglaubwürdig und verspielen Vertrauen, wenn wir sie einerseits mit viel Aufwand umwerben und sie dann andererseits beim Visum vor den Kopf stoßen“, so Giffey.
Deshalb fordert sie ein Umsteuern im Auswärtigen Amt: „Hier wünsche ich mir vom Auswärtigen Amt eine Überprüfung und ein Umsteuern, damit Anspruch und Realität näher zueinander gebracht werden und die Prozesse schneller laufen.“
Berliner Außenbüro in Bengaluru geplant
Um gezielter für Fachkräfte und Investitionen aus Indien zu werben, kündigte Giffey die Eröffnung eines Berliner Auslandsbüros im kommenden Jahr in Bengaluru, dem „indischen Silicon Valley“, an. Dieses soll die internationale Vernetzung stärken und ein deutliches Signal senden: „Ja, ihr seid in Berlin willkommen!“
Giffey wies darauf hin, dass bereits 42.000 Inder in der deutschen Hauptstadt leben: „Wir sind die Stadt der Vielfalt, der Weltoffenheit und der Freiheit. Das macht unsere Gesellschaft aus und das ist auch eine unverzichtbare Grundlage für Berlins Wirtschaftskraft.“
Kooperation mit Karnataka
Während der Delegationsreise unterzeichnete Berlin eine Kooperationsvereinbarung mit dem indischen Bundesstaat Karnataka. Ziel der Vereinbarung ist der Ausbau der Zusammenarbeit, insbesondere in den Bereichen DeepTech, HealthTech, FinTech, GreenTech und Games.
Die Delegationsreise vom 7. bis 11. Juli war ihre erste nach Indien. „Ich bin von dem Land, seinen Menschen und der beachtlichen wirtschaftlichen Entwicklung sehr beeindruckt“, sagte sie. Die Gespräche in Bengaluru und Delhi hätten deutlich gemacht, dass es bei den indischen Partnern ein „großes Interesse“ an Berlin gebe.
Berlin ist für indische Unternehmen und Fachkräfte attraktiv, weil sich die Stadt als dynamischer Innovationsstandort etabliert hat. „Aber die Konkurrenz in anderen Ländern schläft nicht“, warnte Giffey und fügte hinzu: „Wir müssen deutlich machen, dass uns die Partnerschaft mit Indien ernst ist und zwar auf Augenhöhe.“