Leoben: Montanuniversität will Studentenverbindungen zurückdrängen

Wie viele andere Universitäten in Österreich kämpft auch die Montanuniversität mit sinkenden Studentenzahlen. Mit einem neuen Image will sie dieser Entwicklung entgegenwirken und nimmt dabei auch die traditionsreichen und eng mit der Universität verbundenen Studentenverbindungen ins Visier.

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Leoben: Montanuniversität will Studentenverbindungen zurückdrängen
In Leoben sollen Studentenverbindungen nun doch weiterhin an akademischen Feiern teilnehmen dürfen. (Symbolbild)© IMAGO / INSADCO

Leoben. – Für Aufregung sorgte vergangene Woche die Ankündigung des Rektorats der Montanuniversität Leoben, eine Trennlinie zwischen Universität und Korporationen ziehen zu wollen. Künftig sollen studentische Verbindungen von allen akademischen Feiern auf Universitätsboden ausgeschlossen werden. Dabei prägen die zwölf akademischen Verbindungen seit Jahrzehnten das studentische Leben in der zweitgrößten Stadt der Steiermark und sind eng mit der dort ansässigen Universität verbunden.

Rektor spricht von „Zerrbildern“

Das Verbindungswesen in der Universitätsstadt Leoben geht auf das Jahr 1861 zurück. Mittlerweile gibt es laut Hochschülerschaft in Leoben zwölf solcher Korporationen auf Hochschulebene. Es sei „von Vorteil, die Verbindungen in Leoben zu kennen, da diese noch immer einen großen Teil zum aktiven Leben der montanistischen Traditionen in Leoben beitragen“, zitiert die Kleine Zeitung die Hochschülerschaft. Von der Inauguration des neuen Rektors über die Philistrierung (Übertritt vom Studenten zum Absolventen) bis zum alljährlichen Bierauszug vor den Sommerferien reichen die Feste und Feiern, bei denen die Chargierten auch heute noch auftreten. Außerdem stehen sie bei der Übergabe der Matrikelscheine Spalier und stellen ihre Verbindungshäuser als Schlafstätten zur Verfügung.

Doch nun will der neue Rektor Peter Moser der Montanuniversität ein „zukunftsorientiertes, innovatives Markenprofil“ geben. Damit soll die Attraktivität für neue, junge Zielgruppen gesteigert werden. Moser wolle „dem Außenbild des Hermetisch-Elitären ebenso entgegenwirken wie alten, verstaubten Zuschreibungen, die in die Vergangenheit leuchten“, heißt es im Bericht der Kleinen Zeitung. Bildmächtige Riten mit alter Symbolik stünden einer modernen Neugestaltung entgegen. Zudem sei nur noch ein Bruchteil der Studentenschaft Mitglied einer Verbindung.

„Schwerer Schlag“

In einer ersten Reaktion erklärte Daniel Ruppert, Vertreter der Studentenverbindungen in Leoben: „Niemand will stehenbleiben. Auch wir leiden unter rückläufigen Studentenzahlen. Aber ein radikaler Schnitt wäre ein schwerer Schlag, sowohl für die Träger der Tradition als auch für die Identität der Stadt.“

Ruppert hofft, dass in den Gesprächen mit dem Rektorat doch noch ein Kompromiss gefunden werden kann. Über ein Aufnahmeritual mit hohem Kultcharakter sind sich beide Seiten bereits einig: Der traditionelle Sprung über das Bergmannsleder, mit dem junge Studenten feierlich in den Stand aufgenommen werden, bleibt unangetastet.


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FPÖ befürchtet „massiven Traditionsverlust“

Auch der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) und die FPÖ Steiermark reagierten mit Kritik auf Mosers Ankündigung. RFS-Bundesobfrau Gudrun Kofler sprach in einer Aussendung von einem „Angriff auf unsere Demokratie sowie das Recht zur freien Meinungsäußerung“. „Studentenverbindungen haben eine lange Tradition, prägen seit jeher das studentische Leben in Leoben und sind damit natürlich auch eng mit der Montanuniversität verbunden“, zeigt sich die RFS-Bundesobfrau überrascht, dass ausgerechnet dieser traditionsreiche Teil des Studentenlebens von der Universität verbannt werden soll. „Studentenverbindungen sind Horte der Tradition und Wertevermittlung und gelten als urdemokratisch. Gerade die Universität sollte ein Ort des freien Denkens und des Austausches verschiedener Meinungen sein, die demokratiefeindlichen Fantasien des neuen Rektors haben dort keinen Platz. Studenten die Teilnahme an universitären Feierlichkeiten zu untersagen, ist einfach grotesk und aberwitzig“, so Kofler. Dieser Schritt würde „Tür und Tor für weitere exkludierende Maßnahmen“ öffnen, befürchtet die RFS-Obfrau.

Der steirische FPÖ-Landtagsabgeordnete Marco Triller bezweifelt unterdessen, dass der von Moser angekündigte Schritt die Montanuniversität für neue Studenten attraktiver machen wird: „Wenn man den Universitätsstandort Leoben attraktiveren will, dann braucht es sicher tiefgründige Analysen der vorhandenen Studien, des gesamten städtischen Umfelds und eine eingehende Betrachtung des österreichweiten und internationalen Konkurrenzangebots im tertiären Bildungssektor“, so Triller in einer Aussendung. Eine professionelle Marketingstrategie sei „klarerweise ein weiterer wichtiger Punkt“. Die Verbannung der traditionell etablierten farbentragenden Studentenverbindungen würde aber aus freiheitlicher Sicht „überhaupt nichts bringen, außer einen massiven Traditionsverlust für die Montanstadt“.