Aktion zum Burschentag

Mehr als Selbstbeschäftigung – Der Burschentag zu Eisenach

Hunderte Studenten in Anzügen, Trachten und sonstigem feinen Zwirn. Viel Bier, viel Tradition – und vor allem viel, was hinter verschlossenen Türen geschieht. Was nach miefiger Vereinsmeierei riecht, hat jedoch auch seine süßen Seiten.

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Mehr als Selbstbeschäftigung – Der Burschentag zu Eisenach

Die Verantwortlichen rechnen in diesem Jahr mit rund 300 Teilnehmern beim Burschentag in Eisenach. (Symbolbild)

© IMAGO / Future Image

Jedes Jahr zu Pfingsten versammeln sich die Vertreter der Mitgliedsburschenschaften der Deutschen Burschenschaft (DB) zum Burschentag in Eisenach. Dieser bildet einen Höhepunkt des burschenschaftlichen Jahres und ist Ausdruck der gelebten Verbundenheit mit der eigenen Geschichte. Hier begegnen sich nicht nur Studenten und ehemalige Studenten, sondern auch Menschen aus ganz Deutschland, die sonst wohl nie ein Wort miteinander gesprochen hätten, würde sie nicht das gemeinsame Band der Burschenschaft zueinander führen.

Zentraler Veranstaltungsort ist das Clubhaus im nahegelegenen Seebach. Dort stimmen die Vertreter der Mitgliedsbünde über Anträge ab, nehmen Rechenschaftsberichte entgegen und beschließen die Leitlinien für das kommende Jahr. Die Tagesordnung umfasst satzungsgebundene Themen ebenso wie programmatische Impulse zur Positionierung des Dachverbands. Die Debatten in der DB sind manchmal kontrovers, aber sie spiegeln den Anspruch wider, dort ein pluralistisches Meinungsbild zuzulassen. Dabei gibt es immer gemeinsame Grundüberzeugungen, wie Freiheit, Vaterlandsliebe und Freundschaft.

Alles neu macht der … Juni?

In diesem Jahr stehen insbesondere die beiden Anträge auf Beitritt zur Deutschen Burschenschaft im Fokus. Der Wunsch der beiden Verbindungen aus Rostock und Berlin, in den größten burschenschaftlichen Dachverband einzutreten, gilt gemeinhin als Selbstläufer, da beide über personelle und strukturelle Kontakte zur DB verfügen. Damit stärkt die DB ihre Präsenz im Nordosten Deutschlands. Es bedeutet auch weitere Mitgliedsbeiträge und die Möglichkeit, von den zukünftigen Verbandsbrüdern unterstützt zu werden. Ebenfalls routinemäßig, aber nicht weniger wichtig, ist die Wahl der Verbandsobmänner. Diese Amtsträger mit speziellem Handlungsbereich vertreten die DB nach innen wie außen. Oft bekleiden Personen ihre Ämter über mehrere Jahre und bauen eine immense Expertise auf. Dies ist eine perfekte Gelegenheit für junge Akademiker, in eine Führungsrolle einzutauchen, die bis auf die eigene Scham beim Scheitern kein Risiko kennt. Initiativen wie „Jagd und Hund” oder „Aktion Erstsemester”, die die Mitgliedergewinnung ankurbeln sollen, werden jedoch in den meisten Fällen von diesen betreut; die Initialzündung erfolgt durch engagierte Mitglieder, die sich teils selbstständig organisiert haben.

Lichterschein über Eisenach

Ein besonderer Moment ist der traditionelle Fackelzug zum Burschenschaftsdenkmal. In stiller Würde marschieren hunderte Bundesbrüder hinauf zur Göpelskuppe. Als Höhepunkt der Zeremonie ertönt das Lied der Deutschen in vollständiger Fassung. Dort wird der gefallenen Bundesbrüder gedacht – ein bewegender Akt des Erinnerns, der von Außenstehenden oft missverstanden wird. Insbesondere das Singen der Nationalhymne mit allen drei Strophen löst bei vielen Menschen unbegründetes Unbehagen aus. Die Begleitung mit Fackeln und Trommeln unterstreicht, dass es sich dabei um gängige Formen des Gedenkens handelt, die bis zu den letzten beiden Jahrzehnten in offiziellen Anlässen als absolut verlässlich galten.

Begleitproteste linker Gruppen sind zur Normalität geworden, obwohl der Burschentag stets friedlich verläuft und die Teilnehmer größtenteils junge Akademiker sind, die sich für Geschichte, Kultur und politischen Diskurs interessieren. Dabei lungern Fotografen mit außergewöhnlich großen Objektiven an den Rändern des Grundstücks herum und bieten eine gern gesehene Kulisse für die Korporierten, die sich frisch frisiert und bestens gekleidet ablichten lassen – nicht selten in der Hoffnung auf neue Profilfotos für ihre Konten in den Sozialen Medien.

Zwei Arten zu Feiern

Der Höhepunkt des Wochenendes ist der feierliche Kommers, die höchste Form studentischer Kneipen, der mit Reden, Liedern und Ehrungen einen feierlichen Rahmen bietet. Als festlichster Teil des Programms vereint er Repräsentation, Gemeinschaft und Erinnerung in einem Zeremoniell, das auf eine über 200-jährige Geschichte zurückblickt. Eröffnet wird der Kommers durch den feierlichen Einzug der Chargierten – der Verbindungsstudenten mit Band, Mütze und Degen, die das Präsidium bilden. Begleitet von Marschmusik nehmen sie auf dem Podium Platz. Nach dem traditionellen Kommando „Silentium!” folgt die Begrüßung durch den Präsidierenden. Anschließend wird eine Festrede gehalten, entweder durch ein Mitglied des burschenschaftlichen Vorstands, einen Alten Herrn oder einen externen Redner mit gesellschaftlichem oder historischem Bezug zur DB.

In der Regel stehen in der Rede Themen wie akademische Freiheit, nationale Identität, studentische Selbstverantwortung oder aktuelle politische Entwicklungen im Fokus. Der Kommers endet traditionell mit dem offiziellen Auszug der Chargierten, der dem Einzug gleicht. Danach wird inoffiziell weitergefeiert: Die meisten bleiben auf der Göpelskuppe und beim Denkmal, manche gehen jedoch auch in die Stadt. Während der feierliche Kommers als würdevoller Moment burschenschaftlicher Tradition und Geschlossenheit im Gedächtnis bleibt, bleibt die anschließende Feier vor allem den Taxifahrern in Erinnerung, die von und zum Berghotel bis tief in die Nacht Pendelfahrten unternehmen.

Mehr als „Karneval für Akademiker“

Was für Außenstehende wie eine überdimensionierte Selbstbeweihräucherung wirken könnte, dient einem klaren Zweck: der Gemeinschaftsbildung über Ländergrenzen hinweg, zwischen den Generationen und der aktiven Weitergabe eines kulturellen Erbes, das in der heutigen Zeit zunehmend infrage gestellt wird. Der Burschentag ist eben kein nostalgisches Treffen alter Männer mit schief sitzenden Mützen, sondern ein Ort lebendiger Debatte, generationenübergreifender Begegnung und verbindender Rituale.

Hier treffen junge Studenten auf erfahrene Akademiker, angehende Juristen auf promovierte Historiker und politisch Zurückhaltende auf meinungsfreudige Redner. Der Austausch ist dabei keine Einbahnstraße: Viele Impulse für Strukturreformen, Öffentlichkeitsarbeit oder neue Initiativen kommen von den jüngeren Teilnehmern.

In einer Gesellschaft, in der soziale Zugehörigkeit zunehmend flüchtig ist und viele Bindungen rein digital entstehen, pflegen die Burschenschaften ein Modell der persönlichen Verbindlichkeit. Man kennt sich, man streitet miteinander, man trinkt zusammen – aber vor allem bleibt man über Jahrzehnte hinweg im Gespräch. So bleibt der Burschentag ein Ort, an dem nicht nur Geschichte zelebriert, sondern auch Zukunft gestaltet wird. Hinter verschlossenen Türen wird diskutiert, doch das Ziel ist klar: Identität, Verantwortung und Freundschaft in einer sich wandelnden Welt mit Inhalt zu füllen. Und dafür lohnt es sich, Jahr für Jahr den Weg nach Eisenach auf sich zu nehmen.

Über den Autor

Mike Gutsing

Mike Gutsing, Jahrgang 1999, hat Geschichte studiert und lebt in Mitteldeutschland. Das besondere Interesse des Korporierten gilt der deutschen Geschichte und Kultur.

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