Schleuser packt aus: So billig ist die Überfahrt nach Spanien
Für eine Überfahrt zu den Kanarischen Inseln verlangt ein Schlepper aus Mauretanien zwischen 3.000 bis 6.500 Euro. Das verriet er in einem Interview mit einer spanischen Zeitung.
Migranten bei ihrer Ankunft auf den Kanarischen Inseln. (Symbolbild)
© IMAGO / ZUMA Press WireNouadhibou. – Ein mutmaßlicher Schleuser aus Mauretanien hat in einem Interview mit der spanischen Zeitung El Español offen über sein lukratives Geschäft mit der Schleusung von Migranten auf die Kanarischen Inseln gesprochen, wie Remix News berichtet. Ely, ein erfahrener Seemann aus Nouadhibou, schilderte detailliert, wie er die Überfahrten organisiert, die Behörden umgeht und warum Spanien seine Rückflüge finanziert.
Nur 6.500 Euro pro Überfahrt
Nach eigenen Angaben verdient Ely zwischen 3.000 und 6.500 Euro pro Fahrt – je nach Nachfrage. „Das ist einfach Wirtschaft – Angebot und Nachfrage. Im Moment gibt es nicht viele Kapitäne. Neulich wurden mir 7.000 Euro angeboten, aber ich habe abgelehnt, weil meine Mutter krank ist“, erklärt er. Zum Vergleich: Er müsste fast drei Jahre fischen, um die gleiche Summe zu verdienen, die er bei einer einzigen Schleusung in nur 72 Stunden erhält.
Ely sieht sich nicht als Kriminellen, sondern als Profi. „Ich bin Seemann. Ich weiß, wie man navigiert. Wenn Schiffe nicht ankommen, dann nur, weil die Verantwortlichen nicht wissen, was sie tun“, betont er. Nach eigenen Angaben hat er bereits vier Fahrten ohne Todesopfer überstanden – eine Seltenheit auf der gefährlichen Route über den Atlantik.
Navigation mit Kompass und Sternen
Um den Kontrollen zu entgehen, setzt Ely auf traditionelle Navigationsmethoden. „Ich benutze kein GPS, nur einen Kompass und die Sterne. Wenn man weiß, was man tut, kommt man an. Wenn nicht, verirrt man sich im Atlantik“, sagt er. Um den Patrouillen zu entgehen, steuert er zuerst die USA an und nutzt dann die Meeresströmungen, um zu den Kanarischen Inseln zu gelangen.
Die Fahrgäste zahlen je nach Sitzplatz zwischen 1.000 und 3.000 Euro. Wer mehr zahlt, bekommt sicherere Plätze. „Einmal haben sie mir ein Boot mit 120 Leuten gebracht. Ich habe abgelehnt. Das war zu gefährlich“, sagt Ely der spanischen Zeitung. Normalerweise transportieren die Boote 60 bis 90 Menschen – Überladung führt oft zu Unglücken.
Neben der Navigation sei die Kontrolle der Menschen an Bord eine große Herausforderung. „Das Schwierigste ist, die Leute ruhig zu halten. Wenn sie in Panik geraten und alle auf eine Seite drängen, kentert das Boot“, sagt er. Um für Ordnung zu sorgen, reist Ely mit zwei vertrauten Crewmitgliedern. Doch bei schlechtem Wetter sei die Situation oft unkontrollierbar: „Wenn die See rau wird, beten wir einfach.“
Taktik gegen Strafverfolgung
In spanischen Gewässern greifen Ely und seine Crew zu einem Trick, um der Strafverfolgung zu entgehen. „Wir gehen alle vom Motor weg und sagen, dass jeder von uns das Boot gesteuert hat“, erklärt er. In Spanien kann die Beihilfe zur illegalen Einwanderung mit bis zu acht Jahren Haft bestraft werden. Trotz mehrerer Verhaftungen entkommt Ely immer wieder einer längeren Haftstrafe. „Die spanischen Behörden wissen, wer ich bin. Aber jedes Mal schicken sie mich einfach nach Mauretanien zurück. Und den Flug bezahlen sie auch“, sagt Ely.
Er erinnerte sich an einen Vorfall auf Teneriffa, bei dem ihn ein mauretanischer Beamter erkannte, ihn aber nach Hause gehen ließ. Ein anderes Mal verbrachte er einige Zeit im Gefängnis von Las Palmas, bevor er abgeschoben wurde. Ely hat die Schleusung vorerst unterbrochen, um sich um seine Mutter und seine Töchter zu kümmern. „Ich verdiene nicht viel, aber es reicht für sie“, sagt er.
Pläne für die Zukunft
Öffentlich beteuert Ely, keine dauerhafte Auswanderung zu planen. Wenn er aber auswandern würde, dann legal: „Wenn ich auswandern würde, dann mit einem Visum. Vielleicht nach Amerika – ich wüsste, wie man dorthin kommt.“ Abseits des offiziellen Interviews ließ er jedoch durchblicken, dass er für sich eine letzte Überfahrt ins Auge fasst. „Wenn ich noch einmal fahre, dann um zu bleiben. Ich hoffe, meinen Freunden in Spanien gefällt dieses Interview. Ich will keinen Ärger, wenn ich zurückkomme“, erklärte er abschließend.