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Joe Biden will Influencer als Wahlkämpfer gewinnen

Um aus seiner zwar noch nicht offiziell verkündeten aber bereits offensichtlichen Wiederkandidatur zu den Präsidentschaftswahlen im Jahre 2024 erfolgreich hervorzugehen, setzt das „digital strategy team“ des US-Präsidenten Joe Biden darauf, im kommenden Wahlkampf massiv auf sogenannte „Influencer“ zu setzen.

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Joe Biden will Influencer als Wahlkämpfer gewinnen
Joe Biden© IMAGO / MediaPunch

Washington DC. - Millionen von Aufrufen in Netzwerken wie YouTube oder Facebook waren für den gewesenen US-Präsidenten Donald Trump während des Wahlkampfes zu den US-Wahlen im Jahre 2017 sowie seiner darauffolgenden Amtszeit schnell zur Normalität geworden. Egal ob offizielle Wahlkampfauftritte, Memes oder eigentlich immer als „langweilig“ erachtete Pressekonferenzen: Sie alle genossen unter Trumps Präsidentschaft eine enorme Reichweite und Popularität.

Seitdem Joe Biden im Jahre 2020 in das Weiße Haus eingekehrt ist, hat sich dieser Trend jedoch zum alten gewendet: Der Alltag des Präsidenten gilt für viele Wähler in den vereinigten Staaten wieder als uninteressant und trocken. Biden als Person genießt zwar auch wie sein Amtsvorgänger ein gewisses Renommee im weltweiten Netz – zumeist jedoch eher unfreiwillig aufgrund seiner auffälligen Stotterer, unangebrachter Kommentare oder geistigen Aussetzer.

Diesen Umstand will das digitale Strategieteam des US-Präsidenten nun ändern und vorausschauend für die Wahlen im Jahre 2024 dafür sorgen, dass Joe Biden erneut die Position des „mächtigen Mannes der Welt“ einnehmen wird. Der augenscheinliche Schlüssel hierzu sollen sein: Influencer.

Junge Wähler als Zielgruppe

Vor allem Bidens Ansehen bei jungen Wählern soll durch die geschickte Verwendung dieser Gruppe gesteigert werden – und eben jene jungen Menschen sind für den Erfolg der Demokraten bei den Wahlen entscheidend. Wähler im Alter von 18 bis 29 Jahren zogen Biden im Jahr 2020 mit 26 Punkten Vorsprung Trump vor, und bei den Zwischenwahlen 2022 lagen die Demokraten mit 28 Punkten vor den Republikanern. Doch auch abseits hiervon soll die junge Gefolgschaft einen praktischen Nutzen erfahren: Im Zweifelsfall sollen diese nämlich auch als Gegengewicht gegen die massive Social-Media-Anhängerschaft des ehemaligen Präsidenten Trump dienen, falls dieser 2024 als Kandidat der Republikanischen Partei erneut antreten sollte.

Bidens digitales Strategieteam gedenkt infolgedessen landesweit mit Influencern in Kontakt zu treten, um diejenigen anzusprechen, die dem Weißen Haus oder der Demokratischen Partei in den sozialen Medien nicht folgen – oder die die Mainstream-Medien ganz ausgeschaltet haben. Vier digitale Mitarbeiter unter Biden konzentrieren sich auf Influencer und unabhängige Inhaltsersteller. Dabei sind eben jene Mitarbeiter jedoch offiziell für das Weiße Haus tätig, nicht für Bidens Wahlkampf. Rob Flaherty, der als „Director of Digital Strategy“ tätig ist, wurde zum Assistenten des Präsidenten ernannt – und steht somit auf einer Bedeutungsebene wie der Kommunikationsdirektor und Pressesekretär des Weißen Hauses. Der aufmerksame Beobachter merkt schnell – Influencer sollen einen festen Platz als alternative linkspolitische Meinungsmacher neben den altbekannten Journalisten und Kolumnisten einnehmen. Und hierfür wird gewaltig aufgestockt.

Adieu, Journalisten?

Ein eigener Briefing-Room im Weißen Haus, in dem sich Influencer persönlich oder per Fernzugriff treffen können, steht so bereits im Raum – der traditionelle „Press Briefing Room“ dürfte somit bald nicht mehr das einzige offizielle Nachrichtenzentrum der US-Regierung sein. Neben Einladungen ins Weiße Haus hat die Regierung Influencern sogar bereits Journalisten gleichgestellt die Möglichkeit gegeben, unmittelbaren Zugang zu Biden zu erhalten, wenn dieser sich auf Reisen befindet. So etwa auf der „Detroit Auto Show“ im September 2022: Hier luden Beamte des Weißen Hauses den Influencer Daniel Mac ein, um mit Biden ein kurzes Video mit wenigen Sekunden Länge zu drehen – ein Video, das inzwischen bereits 38 Millionen Mal angesehen wurde. Auch etwa bei der Feier zur Unterzeichnung des Gesetzes zur gleichgeschlechtlichen Ehe im Weißen Haus im Dezember des vergangenen Jahres wurden LGBTQ+-Influencer eingeladen, um den Präsidenten zu begleiten und so seine digitale Reichweite zu erhöhen.

Trotz alledem: Bidens Klickzahlen in den sozialen Medien sind zwar bei Weitem noch nicht mit denen eines Donald Trumps vergleichbar, vor allem nicht auf YouTube und Facebook – doch die Gefolgschaft junger Menschen wächst tagtäglich durch den gezielten Einsatz eben jener Influencer an. Die Demokratische Partei entdeckt die Sozialen Medien zunehmend für sich – und mit ihnen die Möglichkeit der unterbewussten politischen Meinungsmache durch Akteure, die sich bewusst als unpolitische Entertainer geben.