Rechte Parteien müssen ihr wirtschaftspolitisches Profil schärfen

Nach der Lösung der Migrationsfrage ist die Rückkehr zu wirtschaftlichem Wohlstand die drängendste Frage für den künftigen Erfolg oder Misserfolg rechter Bewegungen und Parteien in den westlichen Ländern.

Jurij Kofner
Kommentar von
14.11.2023
/
3 Minuten Lesezeit
Rechte Parteien müssen ihr wirtschaftspolitisches Profil schärfen

Jurij Kofner

© IMAGO / Christian Spicker

In der heutigen politischen Landschaft liegt die wahre Quelle der Macht nicht so sehr in den Parlamenten, sondern in den Universitäten, den Medienhäusern und den Forschungsinstituten, wo die Meinungen von morgen gebildet werden. Die Linke weiß das seit Antonio Gramsci, die Rechte muss es leider erst noch verinnerlichen. Deshalb ist die Unterstützung und Zusammenarbeit mit alternativen konservativen Denkfabriken so entscheidend.

Der Erfolg oder Misserfolg einer Regierung und der dahinter stehenden politischen Ideologie hängt in hohem Maße von ihrer Wirtschaftspolitik ab. In jüngster Zeit gewinnen rechte Parteien im Westen an Popularität, und viele von ihnen propagieren eine völlig alternative Wirtschaftspolitik. Es fehlt jedoch an einer kohärenten rechten Wirtschaftstheorie und an qualifizierten Kadern auf diesem Gebiet.

Vor einem Jahr skizzierte der ungarische Präsident Viktor Orban einen 12-Punkte-Plan für eine erfolgreiche christlich-konservative Regierung. Darin betont er die Notwendigkeit einer effektiven Wirtschaftspolitik, die allen Wählern zugute kommt. Er betont auch die Bedeutung von Institutionen, die Regierungswechsel überleben können. Dies ist ein entscheidender Punkt, denn Politiker kommen und gehen, aber Institutionen bleiben und bilden die diskursive Grundlage für die Wiederwahl rechtskonservativer Kräfte.

Rechte Parteien müssen Wohlstand garantieren

Nach der Lösung der Migrationsfrage ist die Rückkehr zu wirtschaftlichem Wohlstand die drängendste Frage für den künftigen Erfolg oder Misserfolg rechter Bewegungen und Parteien in den westlichen Ländern. Die anhaltende Inflationskrise, der sich verschärfende Fachkräftemangel, die überbordende Bürokratie und Steuerlast sowie die Energiekrise sind nur einige der Herausforderungen, denen sich die europäischen Nationen gegenübersehen. Die Bürger haben die Nase voll vom Status quo und sind daher offen für eine populistische Wende. Gleichzeitig bieten rechte Parteien in ihren wirtschaftspolitischen Ansätzen radikal alternative Lösungen an, die sich deutlich von denen der Systemparteien unterscheiden.

Sie schlagen zum Beispiel eine radikale Reform der Europäischen Union vor, die den Nationalstaaten ihre Kompetenzen zurückgibt. Allerdings müssen sie sich erst darüber verständigen, wie sie sich die Zukunft der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vorstellen und auf welchen Grad der europäischen Wirtschaftsintegration sie sich einigen können.

Dies ist jedoch unter dem massiven äußeren Druck des globalistischen politisch-medialen Komplexes eine schwierige Aufgabe, und derzeit ist keines der etablierten wirtschaftspolitischen Forschungsinstitute bereit, den rechten Parteien bei der Formulierung ihrer wirtschaftspolitischen Agenda zu helfen.

Eine rechte Ökonomie muss entwickelt werden

Die Parteien der Rechten müssen daher ihre eigene Wirtschaftspolitik quasi autonom entwickeln. Dazu müssen sie zunächst eine eigene rechtskonservative Wirtschaftstheorie entwickeln, um eine kohärente und wirksame Alternative zu den vorherrschenden Wirtschaftsparadigmen des Liberalismus und Sozialismus zu bieten. Die Grundpfeiler der libertären Ökonomie, wie freie Märkte und individuelle Freiheiten, sind ebenso bekannt wie die Eckpfeiler der linken Ökonomie, wie staatliche Intervention und kollektives Eigentum. Was jedoch fehlt, ist eine moderne und kohärente Wirtschaftstheorie, die die Ideale der konservativen Rechten vertritt, wie die Bedeutung von Tradition, Gemeinschaft und nationaler Identität.

Diese Aufgabe wird dadurch erschwert, dass es vor allem in Europa nur wenige rechte ökonomische Denkfabriken gibt. Es gibt einige löbliche Ausnahmen, wie zum Beispiel Recherche D in Deutschland, das Machiavelli Zentrum in Italien, die ID-Stiftung in Frankreich und die Oeconomus-Stiftung in Ungarn.

Um eine kohärente rechtskonservative Wirtschaftstheorie zu entwickeln, müssen diese und andere konservative Forschungszentren die richtige Balance zwischen liberalen Werten wie Freiheit und Wettbewerb einerseits und traditionellen kollektiven Identitäten wie Familie, Kultur, Nation und Religion andererseits finden und die angemessene Rolle von Staat, Unternehmen und Märkten definieren.

Bücher wie „Politik von Rechts“ von Maximilian Krah und Konzepte wie „Solidarischer Patriotismus“ von Benedikt Kaiser sind bereits sehr gute Ansätze. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit der rechten Ökonomie sollte jedoch weiter vertieft werden.

Ausreichend ausgebildete Fachkräfte für eine rechte Regierungsverantwortung

Auch die westeuropäischen Rechtsparteien sind mit einem kritischen Mangel an qualifizierten Kadern in den Bereichen Wirtschaft und Finanzen konfrontiert. Dies wird besonders problematisch, wenn sie in den nächsten Jahren zunehmend Regierungsverantwortung übernehmen, aber nicht über genügend qualifizierte Fachleute verfügen, um alle Positionen zu besetzen.

In Ostdeutschland beispielsweise führt die AfD die Umfragen an und hat das Potenzial, 2024 in mehreren Bundesländern die Regierung zu stellen. Dies würde jedoch bedeuten, dass die AfD mindestens 300 gut bezahlte Posten in den Landesministerien besetzen müsste, wofür ihr derzeit die qualifizierten Kader fehlen. Gleichzeitig ist in Österreich eine rechte FPÖ-Regierung unter Bundeskanzler Herbert Kickl möglich. Dies wird zu einer weiteren Kannibalisierung der wenigen vorhandenen qualifizierten deutschsprachigen und politisch rechten Kader führen.

Die Rechtsparteien müssen dieses Problem angehen, indem sie in die Ausbildung eigener qualifizierter Kader investieren, um diese kritischen Positionen zu besetzen. Dies wird eine konzertierte Anstrengung erfordern.


Zur Person:

Jurij Kofner ist gebürtiger Münchner und arbeitet als Ökonom beim Miwi Institut.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag, der am 4. November 2023 auf dem Konservativen Kongress in Belgrad, Serbien, gehalten wurde.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.

Kann FREILICH auf Ihre Unterstützung zählen?

FREILICH steht für mutigen, konservativ-freiheitlichen Journalismus, der in einer zunehmend gleichgeschalteten Medienlandschaft unverzichtbar ist. Wir berichten mutig über Themen, die oft zu kurz kommen, und geben einer konservativen Öffentlichkeit eine starke Stimme. Schon mit einer Spende ab 4 Euro helfen Sie uns, weiterhin kritisch und unabhängig zu arbeiten.

Helfen auch Sie mit, konservativen Journalismus zu stärken. Jeder Beitrag zählt!