Freilich #35: Und tschüss!

Kulturkampf: Oberschlesisches Landesmuseum vor der Zerreißprobe

Finanzielle Engpässe und mangelnde politische Unterstützung setzen das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen unter Druck. Der Vorstand hat beschlossen, das Museum in das Ruhrmuseum Essen zu verlegen.

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Kulturkampf: Oberschlesisches Landesmuseum vor der Zerreißprobe

Außenansicht des Oberschlesischen Landesmuseums in Ratingen-Hösel.

© IMAGO / Funke Foto Services

Das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen-Hösel wurde 1983 eröffnet und 1998 in einem modernen Neubau neu eingerichtet. Es gilt bereits seit seiner Anfangszeit als zentrale Einrichtung der Vertriebenen- und Erinnerungskultur in Nordrhein-Westfalen. Als nach Ende des Zweiten Weltkriegs viele Familien aus Schlesien und insbesondere aus der Montanregion Oberschlesien in das Rheinland flohen, entwickelten sie schnell das Bedürfnis, das Erbe ihrer jahrhundertealten Kultur weiterzugeben. So wurde bereits 1970 die Stiftung Haus Oberschlesien ins Leben gerufen, um das gleichnamige Objekt zu fördern und zu erhalten, in dem heute der Hauptsitz der Stiftung ist. Die Grundlage für die Arbeit des Museums bildet die institutionelle Förderung durch das Land NRW, die auf § 96 des Bundesvertriebenengesetzes zurückgeht. Der Neubau des Hauses wurde 1998 im Rahmen einer Förderkonzeption von der Bundesregierung finanziert, womit der Standort dauerhaft gesichert werden konnte. 

Seit dem Rückzug der Bundesregierung aus der Förderung trägt das Land Nordrhein-Westfalen Einrichtung, Bau und Betrieb, während seit 2017 zusätzlich das Kulturreferat für Oberschlesien am Museum angesiedelt ist, das aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) finanziert wird. Mit dieser Kombination aus Landes- und Bundesmitteln konnte sich das Haus als überregionale Brücke zwischen Deutschland und Polen etablieren, das nicht nur die Erinnerung an Flucht und Vertreibung bewahrt, sondern auch den europäischen Dialog über gemeinsame Kulturgeschichte fördert.

Ein Ort vor dem Aus

Das traditionsreiche Museum steht nun vor einem tiefgreifenden Einschnitt: Bis Ende 2025 soll es in das Ruhrmuseum Essen integriert werden. Ein entsprechender Beschluss wurde vom Vorstand der Stiftung Haus Oberschlesien gefasst. Stiftungschef Sebastian Wladarz begründet den Schritt mit finanziellen Engpässen, immensen Investitionsbedarfen und einer Förderpolitik, die dem Standort keine Zukunft mehr einräumt.

Bereits 2001 hatte sich der Bund aus der institutionellen Förderung zurückgezogen, und auch das Land NRW verweigert zusätzliche Mittel, nachdem es die Zuschüsse 2018 zuletzt um 124.000 Euro erhöht hatte. Wladarz betont in einem Bericht der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, dass eine Restrukturierung alternativlos sei, um Arbeitsplätze zu sichern und das oberschlesische Kulturerbe sichtbar zu halten. Museumsdirektor David Skrabania sieht die Entscheidung hingegen als faktische Schließung: Die 14.000 Objekte, darunter rund 700 Gemälde, ließen sich auf den vorgesehenen 300 Quadratmetern in Essen kaum angemessen zeigen. Trotz guter Besucherzahlen und innovativer Angebote wie Escape Rooms bleibt so ein bitterer Streit über die Zukunft des Hauses.

Das doppelte Maß 

Während der Bund in Bayern großzügig Millionen für das Sudetendeutsche Museum bereitstellt, herrscht gegenüber Nordrhein-Westfalen politische Gleichgültigkeit – obwohl hier über eine Million Menschen oberschlesischer Herkunft leben. Aktuelle Anfragen ergeben: Auch heute ist keine Bundesförderung vorgesehen, da die Zuständigkeit für den Förderbereich zum Bundesinnenministerium übergegangen sei. Ironischerweise regiert sowohl in NRW als auch auf Bundesebene die Union – mit Innenminister Dobrindt sogar ein CSU-Politiker – während in Bayern deutsche Minderheiten gezielt gefördert werden.

Die Mittel, die der Bund aufbewahrt, könnten das Museum in Ratingen nachhaltig sichern, doch stattdessen bleiben sie ungenutzt. Das Resultat: Ein lebendiges Landesmuseum droht verschoben, verkleinert oder unsichtbar zu werden, während Bayern seine kulturellen Schätze der Heimatpflege pflegt und als Staatsraison inszeniert. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich betont gegenüber FREILICH: „Bundesinnenminister Dobrindt muss sich nun für den Erhalt des Oberschlesischen Landesmuseums in Ratingen stark machen. Sonst ist klar: Die Interessen der Schlesier sind der CDU/CSU gleichgültig und die Forderung der Unionsbundestagsfraktion nach Erhalt des Museums lediglich Makulatur.“

Über den Autor

Mike Gutsing

Mike Gutsing, Jahrgang 1999, hat Geschichte studiert und lebt in Mitteldeutschland. Das besondere Interesse des Korporierten gilt der deutschen Geschichte und Kultur.

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