Exklusiv: Will die bayerische Staatsanwaltschaft den Wahlkampf der AfD behindern?

Vor einer Woche durchsuchte die Polizei das Haus der Würzburger Burschenschaft Teutonia. Kritiker vermuten einen Zusammenhang mit den bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern und der AfD. Auffällig: Bei der Hausdurchsuchung war auch ein Kamerateam des öffentlich-rechtlichen BR anwesend.

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Exklusiv: Will die bayerische Staatsanwaltschaft den Wahlkampf der AfD behindern?

Mitte September wurde das Verbindungshaus der Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg durchsucht.

© IMAGO / Eibner

Würzburg. – „Ehre, Freiheit, Vaterland“ lautet der Wahlspruch der Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg. Als Teil des Dachverbandes der Deutschen Burschenschaft bekennt sich die Verbindung nicht nur zu den Traditionen des studentischen Lebens, sondern auch klar zu einer patriotischen Politik in Deutschland. Dieses Engagement könnte nun Grund für eine Hausdurchsuchung durch die Polizei gewesen sein, Kritiker wittern sogar einen direkten Zusammenhang mit dem Landtagswahlkampf in Bayern.

Zunächst zum Sachverhalt: Am 14.09.2023, also knapp drei Wochen vor der bayerischen Landtagswahl, betraten gegen 6:00 Uhr morgens mehrere Beamte die Räumlichkeiten der Burschenschaft – Hausdurchsuchung. Auch ein Kamerateam des BR war vor Ort. Als Grund gaben die Ermittler den Verdacht der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen an. Es wurden Beweismittel sichergestellt und Anwohner befragt.

Die Sache mit der Kunstfreiheit

Nun haben die Ermittler die offizielle Begründung und die Verdachtsmomente vorgelegt, die FREILICH exklusiv vorliegen. Daraus geht hervor, dass es sich wohl um weit mehr als nur einen Verstoß gegen den weit gefassten Volksverhetzungsparagraphen handelt. Denn als „Hintergrund“ wird bewusst das Engagement gegen das Verbot der scharfen Mensur genannt. Lediglich der Verdacht, dass es in der Vergangenheit zu „Sieg Heil!“-Rufen auf dem Haus gekommen sei, verweist auf den vorgeworfenen Straftatbestand.

Unter den gesuchten Beweismitteln befinden sich drei Gegenstände, die nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die oben genannten Straftatbestände erfüllen: Eine Weinflasche, die sich im Aufenthaltsraum der Burschenschaft befunden haben soll, sowie zwei Klebebilder, die an einem Schrank im Haus angebracht gewesen sein sollen. Auf der Weinflasche soll nach Angaben der Ermittler der Generaloberst der Waffen-SS Josef „Sepp“ Dietrich mit gleichnamiger Aufschrift abgebildet gewesen sein. Bei der Hausdurchsuchung konnten die Flasche und Aufkleber jedoch nicht gefunden werden.

Illegale Witze?

Die beiden Aufkleber, die die Beamten als ausreichend volksverhetzend einstuften, trugen zum einen die Aufschrift „Vorsicht schubsende Migranten!“ und „Islam ist Frieden!“. Beide Aufschriften sind mit stilisierten Abbildungen versehen, verfassungsfeindliche Kennzeichen erkannten die Ermittler in ihrem Bericht jedoch nicht. „Vorsicht schubsende Migranten!“ kann jedoch nicht nur als „unzutreffende[r] Eindruck“ gegenüber allen in Deutschland lebenden Migranten verstanden werden. Der Aufkleber greift satirisch den Frankfurter Vorfall auf, bei dem ein achtjähriger Junge von dem eritreischen Flüchtling Habte A. vor einen einfahrenden Zug gestoßen wurde und dabei starb.

Auch der Aufkleber „Islam ist Frieden!“ kann als satirische Aufarbeitung verstanden werden. Seit der Migrationswelle 2015 hat die von vielen Menschen wahrgenommene Bedrohung durch islamistische Terroristen und Gewalttäter muslimischen Glaubens stark zugenommen. Während offizielle Zahlen den muslimischen Hintergrund oft ausblenden oder auf schwere psychische Probleme wie bei Habte A. verweisen, sind Täter mit muslimischem Hintergrund nach wie vor stark überrepräsentiert. Diese, wenn auch geschmacklich fragwürdige, Auseinandersetzung mit dem Thema müsste aber bei einer Anklageerhebung berücksichtigt werden und es bleibt fraglich, ob vermeintliche Aufkleber in einem Burschenschafterhaus überhaupt die Voraussetzungen dafür schaffen, „das Vertrauen einer nicht unerheblichen Personenzahl in den Zustand allgemeiner Rechtssicherheit und das Bewusstsein der Bevölkerung, in Ruhe und Frieden zu leben, zu beeinträchtigen“. Die Ermittler der Polizei gehen jedenfalls davon aus, auch wenn, wie bereits erwähnt, die gesuchten Aufkleber nicht gefunden wurden.

Andere Motivation hinter der Durchsuchung möglich

Beobachter des Geschehens vermuten jedoch einen anderen Grund als den „vorgeschobenen Verstoß gegen ein Gedankenverbrechen“. Besonders auffällig: Bei der Hausdurchsuchung war auch ein Kamerateam des öffentlich-rechtlichen BR vor Ort – sie waren also vorab über die Polizeiaktion informiert. Der Vorfall erinnert an die bundesweiten Ermittlungen im vergangenen Winter gegen die mutmaßliche Reichsbürgergruppe um Prinz Reuß. Dieser soll laut Behörden einen bewaffneten Putsch geplant und Gleichgesinnte um sich geschart haben. Bei den damaligen Hausdurchsuchungen waren zahlreiche Medienvertreter anwesend, sodass es im Nachhinein zu Diskussionen darüber kam, inwieweit die Presse in die Ermittlungen einbezogen wurde. Kritisiert wurde eine zu große Nähe zwischen Medien und Behörden.

Der AfD-Politiker Daniel Halemba ist Mitglied der Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg und kandidiert im Bezirk Unterfranken auf dem aussichtsreichen Listenplatz 2 für die kommende Landtagswahl. Der Jurist gilt als Nachwuchshoffnung des Landesverbandes und setzt sich seit Jahren für eine bürgernahe Politik ein. Halemba gab FREILICH kürzlich ein Interview.Mit der Hausdurchsuchung bei seiner Burschenschaft hätten Halembas Konkurrenten gutes Wahlkampfmaterial gegen den jungen AfD-Politiker. Der Ausgang des Verfahrens könnte weitreichende Folgen für alle oppositionellen Kräfte haben.

Über den Autor

Mike Gutsing

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