EU-Kommission fördert umstrittenes Journalisten-Netzwerk mit 600.000 Euro
Die EU-Kommission überwies dem umstrittenen Journalisten-Netzwerk OCCRP nach der Europawahl mehr als 600.000 Euro. Kritiker sehen darin eine Gefahr für die politische Einflussnahme.
Die EU steht wegen der Fördergelder für das Journalisten-Netzwerk OCCRP in der Kritik.
© IMAGO / NurPhotoBrüssel. – Unmittelbar nach der Europawahl 2024 überwies die EU-Kommission 604.269 Euro an das Journalisten-Netzwerk „Organized Crime and Corruption Reporting Project“ (OCCRP). Die Gelder dienten offiziell der „Förderung von investigativem Journalismus“. Zu den Partnern des Projekts in Deutschland gehören unter anderem Der Spiegel, Die Zeit und die Süddeutsche Zeitung.
Vorwürfe der Wahlbeeinflussung
Kritiker werfen dem Netzwerk vor, gezielt gegen EU-kritische Politiker vorgegangen zu sein. So hätten OCCRP-Medien vor der Wahl ohne Beweise Kandidaten in sechs EU-Ländern als angebliche „Moskau-Agenten“ bezeichnet. Auch der AfD-Abgeordnete Petr Bystron geriet ins Visier. Gegen ihn führte die Staatsanwaltschaft München auf Grundlage dieser Berichte 23 Hausdurchsuchungen durch – bisher ohne Ergebnis. Laut Beobachtern hat die Berichterstattung das Wahlergebnis und damit auch die Zusammensetzung des EU-Parlaments beeinflusst. In den Niederlanden scheiterte Thierry Baudet aufgrund der Kampagnen am Einzug in das Parlament.
Internationale Geldflüsse und frühere Kampagnen
Das OCCRP stand bereits früher in der Kritik. Laut Enthüllungen von Mediapart erhielt das Netzwerk über Jahre fast 50 Millionen Dollar aus den USA, wobei es teilweise Einfluss auf Personal- und Themenentscheidungen nahm. 2019 war das OCCRP an der Kampagne beteiligt, die ein Amtsenthebungsverfahren gegen Donald Trump einleitete. Im selben Jahr löste die Veröffentlichung der „Ibiza-Affäre“ durch Medien des OCCRP den Sturz der österreichischen Regierung mit FPÖ-Beteiligung aus. Damals sank die Partei von 26 Prozent in den Umfragen auf 17,2 Prozent bei der EU-Wahl.
Politische Kritik im EU-Parlament
Die Zahlungen der Kommission riefen den AfD-Abgeordneten Petr Bystron auf den Plan. Er spricht von einem Skandal: „Hier bahnt sich der größte Medienskandal der Nachkriegsgeschichte an. Die EU-Gelder flossen angeblich für ‚Unterstützung des investigativen Journalismus‘.“ Das sei ein Hohn, „denn die OCCRP-Medien haben genau das Gegenteil gemacht – sie haben negative Informationen über EU-kritische Politiker ungeprüft und völlig unkritisch verbreitet – kampagnenartig.“
Bystron wirft dem Netzwerk vor, die letzten zwei EU-Wahlen mit „massiven Kampagnen“ manipuliert zu haben. Durch deren Berichterstattung seien Wahlergebnisse beeinflusst, EU-kritische Politiker schwer beschädigt und Regierungen gestürzt worden. „Ziel war es immer, EU-kritische Politiker auszuschalten.“
Nachfrage im Europäischen Parlament
Auch auf parlamentarischer Ebene gibt es inzwischen Fragen an die EU-Kommission. In einer schriftlichen Anfrage wollte Bystron unter anderem wissen, wie viel Geld seit 2020 an das OCCRP geflossen ist und wie die Kommission ihre Zusammenarbeit mit einer Organisation rechtfertigt, die nach seinen Worten unter dem Vorwand des Antikorruptionskampfes demokratische Debatten untergräbt und kritische Stimmen diskreditiert.