Ein letzter Abgang: HC Straches politische Karriere ist Geschichte
Nach zwei Wahldebakeln und der gescheiterten Neugründung seiner Partei steht Heinz-Christian Strache, einst Hoffnungsträger der FPÖ, endgültig vor dem politischen Aus, meint Christoph Albert.
Auch bei den jüngsten Wahlen in Wien trat die Partei von HC Strache wieder an – und blieb erfolglos.
© IMAGO / SEPA.MediaEs war einmal ein junger Wiener Zahntechniker, der mit dem Anspruch, Österreich zu verbessern, auszog. Heinz-Christian Strache, einst das Gesicht der FPÖ und später Vizekanzler der Republik Österreich, steht heute vor den Trümmern seiner politischen Laufbahn – und zwar endgültig. Nach dem zweiten desaströsen Wahldebakel seiner eigens gegründeten Partei ist klar: Die parteipolitische Geschichte von HC Strache ist auserzählt.
Vom Bezirksrat zum Retter der FPÖ
Strache begann seine politische Karriere früh: 1991, im Alter von 21 Jahren, wurde er als jüngster Bezirksrat Wiens für die FPÖ in den Gemeinderat gewählt. Die 90er-Jahre waren das Jahrzehnt der Haider-FPÖ und Strache, smart frisiert und jugendlich resolut, war der perfekte Zögling für das nächste Kapitel. 2004 übernahm er die Wiener Landespartei. Nach dem Abgang Jörg Haiders und der Spaltung des dritten Lagers wurde er im Jahr darauf zum Bundesparteiobmann gekürt. Die Parteispaltung, die für viele das Ende der FPÖ hätte bedeuten können, wurde zu Straches Chance.
Er übernahm die Bühne und auch den Politikstil Haiders. Er stellte sich gegen das „System“ und warnte, genau wie sein Vorgänger, vor der zunehmenden Massenzuwanderung. Aufgrund seiner Fähigkeit, kontroverse Inhalte anschlussfähig zu vermitteln, wurde er zu einer zentralen Figur der österreichischen Innenpolitik. Strache stylte sich zum Verteidiger „kleiner Leute“ gegen ein „linkslinkes Medienkartell“, nutzte Social Media früher als andere, arbeitete mit gezielten Provokationen. Die Bildsprache seiner Wahlplakate – martialisch, aber volksnah – wurde ebenso Teil des politischen Alltags.
Der Weg zum Vizekanzler
Unter seiner Führung erlebte die FPÖ ein bemerkenswertes Comeback. Nach dem Abgang zum BZÖ lag sie zunächst darnieder, doch Strache brachte sie Schritt für Schritt zurück in den Bereich politischer Bedeutung. So erzielte die FPÖ 2006 rund elf Prozent, 2008 bereits über 17 Prozent und 2013 über 20 Prozent. Den Höhepunkt erreichte die Strache-FPÖ bei der Nationalratswahl 2017, als sie mit fast 26 Prozent drittstärkste Kraft wurde und darauffolgend Koalitionspartner der ÖVP unter Sebastian Kurz war. Strache wurde Vizekanzler und Sportminister.
Der Erfolg schien gesichert. Die schwarz-blaue Regierung genoss hohe Zustimmungswerte. Auch in Wien war Strache als Landesparteiobmann erfolgreich: 2005 holte die FPÖ dort 14,9 Prozent, 2015 bereits über 30 Prozent. In der Hauptstadt wurde er zum Sprachrohr einer „neuen Arbeiterklasse“ und löste die SPÖ als klassische Arbeiterpartei zunehmend ab.
Doch dann kam Ibiza …
Eine Finca, eine versteckte Kamera, ein paar Gläser Wodka Red Bull – und der Rest ist österreichische Zeitgeschichte. Im Mai 2019 veröffentlichten der Spiegel und die Süddeutsche Zeitung jenes Video, in dem Strache mit einer angeblichen Oligarchen-Nichte über Parteispenden, Postenbesetzungen und die mögliche Übernahme der Kronen Zeitung sinniert.
Der Skandal war eine mediale Bombe und der Anfang vom Ende für HC. Innerhalb von 24 Stunden verlor Strache alles: den Vizekanzlersessel, den Parteivorsitz und seine politische Zukunft. Die Koalition mit der ÖVP platzte und es kam zu Neuwahlen. Die FPÖ stürzte ab und Strache wurde ausgeschlossen, nachdem auch Spesenaffären ans Licht gekommen waren. Der einstige Held der Basis war zur Belastung geworden.
Aber Strache wäre nicht Strache, wenn er sich damit abgefunden hätte. Bereits 2020 trat er mit einer neuen Partei, dem „Team HC Strache – Allianz für Österreich”, wieder an. Bei der Wiener Landtagswahl 2020 verfehlte die Liste mit 3,27 Prozent klar die Einzugshürde. 2025 waren es in manchen Bezirken dann nicht einmal mehr ein Prozent. Selbst Favoriten und Floridsdorf, einst FPÖ-Hochburgen, blieben ihm fern. Sein Comeback war gescheitert, bevor es richtig begonnen hatte. Strache gab der FPÖ die Schuld, sprach von „verratenen Werten” und „Spaltungswillen”.
Gescheiterte Parteigründungen im rechten Lager
Die gescheiterte Neugründung Straches ist kein Einzelfall. Auch andere Politiker sind diesen erfolglosen Weg gegangen. Heide Schmidt etwa, einst Vertreterin des liberalen Flügels der FPÖ, gründete nach dem Bruch mit Haider das Liberale Forum. Es war anfangs minimal erfolgreich, später jedoch bedeutungslos. Ein weiteres nennenswertes Beispiel ist Jörg Haider selbst: Mit dem BZÖ gelang ihm 2008 ein letzter Erfolg, dann kam sein Tod – und mit ihm das Ende der Partei. Auch Frauke Petry und Bernd Lucke in Deutschland versuchten es nach ihrem Ausstieg aus der AfD mit eigenen Parteien. Beide verschwanden sang- und klanglos. Ebenso scheiterte die Werteunion mit ihrem Versuch, eine „Partei zwischen CDU und AfD“ zu etablieren.
Diese Geschichten zeigen: Versuche, allein aus der eigenen Prominenz eine politische Bewegung zu etablieren, enden oft im Abseits. Die Loyalität der Wähler hängt selten an einer Person – und wenn doch, dann darf diese Person keine Schrammen haben.
Die Lehre aus der Geschichte
Heinz-Christian Strache war über Jahre hinweg eine prägende Figur der österreichischen Innenpolitik. Er verstand es, Themen aufzugreifen, die große Teile der Bevölkerung bewegten, aber von den etablierten Parteien ignoriert wurden. Seine Karriere zeigt, wie erfolgreich ein Politiker mit klarer Sprache und direktem Auftreten gegen politische Eliten, ungeregelte Migration und ausufernde EU-Bürokratie mobilisieren kann. Unter seiner Führung wurde die Freiheitliche Partei zur zweitstärksten Kraft und schaffte es, patriotische Positionen in die politische Mitte zu tragen. Diese Erfolge zeigten, dass bürgerlich-nationale Anliegen in der Gesellschaft fest verankert sind.
Gleichzeitig ist Straches Fall ein warnendes Beispiel. Sein Verhalten rund um die sogenannte Ibiza-Affäre war nicht nur ein persönlicher Fehltritt, sondern schadete auch dem Ansehen eines ganzen politischen Lagers. Wer sich als Stimme des Volkes gegen das System präsentiert, muss auch in seinem eigenen Lebenswandel glaubwürdig bleiben. Politischer Erfolg ohne persönliche Standhaftigkeit ist gefährlich, denn er bietet Gegnern Angriffsfläche und zerstört Vertrauen. Aus Straches Aufstieg und Fall lässt sich lernen, dass es nicht nur auf klare Botschaften, sondern auch auf persönliche Integrität und politische Reife ankommt. Wer das vergisst, spielt letztlich den Kräften in die Hände, die man eigentlich bekämpfen wollte.