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Der Wille zum Widerstand: Die mitteldeutsche Mentalität

Vor wenigen Tagen offenbarte die Sachsen-Monitor-Umfrage, dass ein Drittel der Sachsen meint, in einer Diktatur zu leben. Hinzu kommt das sinkende Vertrauen in die Medien und das schwindende Gefühl, seine Meinung noch frei äußern zu können. Die Gründe für das schwindende Vertrauen in die Altparteien, in die Mainstream-Presse und in die zur Worthülse verkommene „Demokratie“ im Allgemeinen sind vielfältig, wie Sebastian Wippel in seinem Kommentar für das FREILICH erklärt.

Kommentar von
30.1.2024
/
6 Minuten Lesezeit
Der Wille zum Widerstand: Die mitteldeutsche Mentalität

Demonstration in Dresden

© IMAGO / epd

Der aktuelle Sachsen-Monitor zeichnet ein einhelliges Bild ab: Für ein Drittel der Sachsen gleicht die Bundesrepublik Deutschland inzwischen mehr einer Diktatur als einer Demokratie. Fast die Hälfte geht davon aus, dass die regierenden Parteien das Volk betrügen. 45 Prozent stellen infrage, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in unserem Land noch gilt – und nur noch 15 Prozent vertrauen den Mainstreammedien. Die Gründe sind vielfältig, werden jedoch fast in Gänze durch das Altparteienkartell verkannt. Anstatt auf die Sorgen der Befragten einzugehen, kritisiert der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) die sächsischen Bürger sogar noch für ihre Ansicht und macht hierfür eine „zerstörerische Kraft“ verantwortlich. Bürgerbeleidigung statt Bürgerverständnis lautet die Devise. Dabei ignoriert er, dass 80 Prozent der Sachsen von der Demokratie überzeugt sind, nur von den derzeitigen Zuständen nicht.

Hysterie, Panikmache und Spalterei – die polit-mediale Dreifaltigkeit, mit der bereits in den ersten Wochen dieses Jahres die Mainstreampresse mitsamt dem hinter ihnen stehenden Altparteiengefüge aufgefallen ist. Björn Höcke möchte man plötzlich als politische Persona non grata die Grundrechte entziehen, der AfD mindestens in der Folge des Urteils zur in „Heimat!“ umbenannten NPD nun ebenfalls die Parteienfinanzierung kappen, idealerweise aber gleich ein Verbot prüfen. Besonders belustigende, fast schon bemitleidenswerte Züge nahm insbesondere die Forderung nach einem Parteiverbot durch Petra Köpping an, Sozialdemokratin und sächsische Sozialministerin – und zwar zu einem Zeitpunkt, in der die SPD in einer aktuellen Umfrage in Sachsen gerade mal noch bei drei Prozent stand, während die AfD satte 30 Prozent mehr vorweisen konnte.

Es ist offensichtlich: Sie haben Angst. Angst um ihre Posten und ihre Meinungshoheit; aus pathologischem Wahn heraus zuweilen sogar auch tatsächliche Angst um ihr Leben – gehen sie doch tatsächlich davon aus, dass die Alternative für Deutschland in dem Moment, wo sie auch nur irgendeine geartete Form der Regierungsbeteiligung bekommen sollte, den totalitären Hammer schwingen ließe, alle nunmehr Oppositionellen in Gefängnisse verfrachtete und die Straßen von Menschen bereinigte, die nicht dem mitteleuropäischen Phänotyp entsprechen. Dass diese wahnwitzige Illusion wenig mit der Realität einer AfD-Regierung zu tun hat, wird von traurigen, in einer (Alb-)Traumwelt lebenden Gestalten verkannt und von machthungrigen Protagonisten des Altparteienkartells ignoriert.

Die Suche nach den Gründen

In ihrem Wahn versuchen eben jene Akteure nunmehr seit Jahren schon, die Gründe für die zunehmenden Erfolge der AfD ausfindig zu machen – hierbei allen voran in den mitteldeutschen Bundesländern. Die Analysen der Gründe für den großen Zuspruch, den unsere Partei inzwischen genießt, verfehlen in beinahe allen Fällen jedoch die Realität. Sie füttern vielmehr die eigene, politisch korrekte Blase mit dem ohnehin bereits bestehenden Narrativ, die AfD werde entweder mangels fehlender „Demokratiebildung“ gewählt, weil die „Sorgen der Bürger nicht ernst genommen“ würden, oder aber schlichtweg, weil sich ein zunehmender Anteil der Bevölkerung der hierbei ins Visier genommenen Bundesländer bereits „extremisiert“ habe. In den Worten Michael Jungs: „Sie suchen den Sinn und finden den Wahn.“

Dabei ist die Antwort als solche recht einfach – insbesondere auf Sachsen, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern bezogen. Die Antwort lautet: „Die ‚Segnung‘ des Sozialismus.“ Als gebürtiger Sachse, der in Görlitz geboren und aufgewachsen ist, erinnere ich mich dunkel und hörte viel von „(Leidens-)Genossen“ über die Zeit unter einem totalitären Regime, wie es in der DDR noch bestand. Ein Regime, gegen das sich ein Großteil der Bevölkerungen bewusst erhoben hat. Und gerade durch diesen bewussten Protest, der ja gerade aus dem Bewusstsein heraus entstanden ist, über Jahrzehnte hinweg belogen, getäuscht und gar von engsten Vertrauten, Freunden und Bekannten ausspioniert worden zu sein, verfestigt sich in den Menschen – und in der Folge auch in den kommenden Generationen, die durch die Lebenserfahrungen ihrer Eltern bekannterweise mitgeprägt werden – ein Wille zum Widerstand. Der durchschnittliche „Ossi“ wird in der Folge hellhörig, wenn sich Freiheitseinschränkungen anbahnen.

Und was anderes ist denn die Meinungsdiktatur, die medial sowie politisch in diesem Land seit Jahren betrieben wird? Was anderes ist denn die Verurteilung der angeblich zunehmenden, jedoch strafrechtlich nicht normierten „Hassrede“ in diesem Land, auf der unter anderem in Form des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes auch bereits auf digitalem Wege unliebsame Meinungen unterdrückt werden? Was anderes ist denn das dauerhaft über einem lauernde Damoklesschwert der sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung für einen jeden, der es wagt, eine vom linksgrün gefärbten politischen Mainstream abweichende Meinung lautstark zu vertreten? Was anderes waren denn die zwei Jahre der Corona-Autokratie, in der Menschen wie Tiere in ihre Wohnungen und Häuser eingesperrt wurden und einem bei Zuwiderhandlung mit hohen Bußgeldern oder gar Polizeigewalt begegnet wurde?

Wer einmal eine solche Kultur der Unterdrückung wie eben in der DDR durchgemacht und überwunden hat, reagiert sensibel auf den erneuten Versuch, seiner Freiheitsrechte beraubt zu werden. Es geht mitnichten allein darum, dass die „Sorgen der Bürger“ nicht ernst genommen würden – sie werden vielmehr mit Füßen getreten. Es reicht nicht, dem „Volk auf die Schnauze zu schauen“ und ihm nachzuplappern. Das politische Handeln muss sich letztlich auch mit den kolportierten Forderungen und Positionen decken. Und gerade das ist hier eben nicht der Fall: Wer soll eine Partei ernst nehmen, die plötzlich – 2024 – im großen Maße Grenzschutzmaßnahmen und Abschiebungen fordert sowie die Klima- und Gesellschaftsideologie der Ampelregierung kritisiert, jedoch all diese Zustände unter Merkel hingegen mitgetragen, und selbst beschlossen hat?

Der Wunsch nach einem verlässlichen Staat

Gleichzeitig ist der mitteldeutsche Wähler aber eben auch in seinem Wesen von einem tiefen Wunsch nach einem fürsorglichen Staat geprägt, der sich im Gegenzug für die Steuereinnahmen, die er generiert, um die Wohle und Belange des eigenen Volkes kümmert. Das sozialistische Staatswesen der DDR hat zur Folge, dass unter den ehemaligen Bürgern dieses Staates in nennenswerter Häufung eben kein liberaler, gar libertärer Grundgedanke in Hinsicht auf Staats- und Wirtschaftsordnung besteht. Solidarität steht über Subsidiarität, Gemeinwohl über Profit und das langfristige Glück und Wohlergehen eines Volkes über der kurzfristigen Bedürfnisbefriedigung des Einzelnen.

Gerade in Anbetracht dieses Hintergrunds muss es nicht verwundern, dass insbesondere die Verteilung deutscher Steuergelder in aller Welt, während zeitgleich die deutsche Infrastruktur 34 Jahre nach der Wende zerfällt, sauer aufstößt. Genauso wenig sollte es dann überraschen, dass schlichtweg nur mit Unverständnis reagiert werden kann, wenn der durchschnittliche ostdeutsche Rentner unterhalb der Armutsgrenze lebt, ein normaler, junger Arbeitnehmer sich kaum mehr den Aufbau einer Familie leisten kann, Araber und Afrikaner beim Grenzübertritt hingegen nach bloßem Herausstottern des Wortes „Asyl“ rundum versorgt werden und im Falle eines Familiennachzugs das Vielfache einer durchschnittlichen deutschen Familie etwa hier in Sachsen am Ende des Monats auf dem Konto vorweisen können.

Das Selbstverständnis des durchschnittlichen Ex-DDR-Bürgers ist durch die unterschiedliche Prägung schlichtweg anders. Auch die durch die Mangelwirtschaft abgenötigte Kreativität des Einzelnen widerstrebt dem Bild der modernen Wegwerfgesellschaft. Die schlechtere wirtschaftliche Lage, vornehmlich auch nach der Übernahme der D-Mark in den östlichen Bundesländern und in der Folge die Massenabwicklung unzähliger Traditionsbetriebe, machte einen stärkeren Zusammenhalt und eine gefestigtere Verlässlichkeit untereinander notwendig – ein Gefühl, das heute in Anbetracht des allgegenwärtigen und ja sogar politisch gewollten Individualismus schmerzhaft vermisst wird. Wenn nun versucht wird, diesen Zusammenhalt durch gesellschaftliche Spaltungsversuche zu durchbrechen, so muss sich keiner wundern, wenn der oben genannte „Ossi“ mit einem Abwehrreflex reagiert.

In der Folge wurde ferner das Wir-Gefühl gestärkt, damit aber auch eine gewisse Abgrenzung gegenüber dem „kapitalistischen Westen“ aufrechterhalten. Nicht zuletzt durch negative Erfahrungen mit zuweilen drittklassigen westdeutschen „Aufbauhelfern“ und Glücksrittern entstand somit auch eine andauernde Skepsis gegenüber den westdeutschen Staatsbürgern. Ferngehalten von Entscheidungspositionen in Wirtschaft, Medien und Politik besteht eine gewisse Distanz zu den Machtinstrumenten der alten BRD. Die sich seit Jahren verstärkenden Machtlosigkeitserfahrungen in der allein repräsentativen Demokratie erinnern viele ehemalige Bürger der DDR letztlich an nichts anderes als eine Neuauflage der Volkskammer in der DDR. Die scheinbare Vielfalt der Parteien verschwand in der politischen Hegemonie der SED-Partei- und Staatsführung.

Es wurde schnell klar, dass die großen Versprechen der Bundesrepublik nicht eingehalten wurden: Statt Wohlstand folgten in den Jahren nach der Wende Massenarbeitslosigkeit und Abwanderung. Statt Meinungsfreiheit erleben wir betreutes Denken, statt Volksvertretern eine Politaristokratie. Die Folge: Ein über zwei bis drei Generationen hinweg bestehendes Gefühl des andauernden Betrogenwerdens. Wenn der Freistaat Sachsen etwa, so wie viele andere Bundesländer auch, Unmengen für Projekte zur „Demokratieförderung und Teilhabe“ ausgibt, mit diesen Kampagnen letztlich jedoch das genaue Gegenteil des Wortlauts, nämlich die Ausgrenzung von AfD-Demokraten, -Wählern und -Mitgliedern bewirken möchte, wer wundert sich da allen Ernstes noch, dass das Vertrauen in die Altparteien, Mainstreampresse und die zur Worthülse verkommenden „Demokratie“ im Allgemeinen sinkt?

Das Gegenangebot der AfD

Die AfD ist von eben jenen Menschen geprägt, die sich staatlich hintergangen, belogen und von Menschen mit fehlender fachlicher und/oder menschlicher Eignung regiert fühlen – insbesondere hier im ehemaligen Gebiet der DDR. Wir wissen, was es bedeutet, durch jahrelange Hetze des medialen und politischen Mainstreams stigmatisiert, ausgegrenzt und beleidigt zu werden. Wir wagen, das auszusprechen, was große Teile der Bevölkerung der neuen Bundesländer denken. Wir wissen, was es bedeutet, vom eigenen Staat belogen und auf täglicher Basis mit Propaganda beschallt zu werden.

Wir schauen dem Volk nicht nur „auf die Schnauze“ und reden dann opportun danach, um uns bei der nächsten Wahl seine Stimmen zu sichern – wir fühlen, denken und reden von Natur aus wie eben jene Menschen, die einen sehnlichen Wunsche nach einem aufrechten und fürsorglichen Staat haben – gerade, weil wir uns aus diesen Menschen zusammensetzen. Wir sind keine Individualisten, Opportunisten, Sozialisten und auch keine Rechtsextremisten – wir wollen das Beste für unser eigenes Land und unser Volk. Dieser Umstand sollte für jede Partei, jede Regierung, jedes am politischen Geschehen partizipierenden Individuum ein Selbstverständnis sein. Doch das ist es eben schon lange nicht mehr – und deshalb braucht es die Alternative für Deutschland. Wir erlebten, dass Veränderung möglich ist und haben keine Angst davor!


Zur Person:

Sebastian Wippel, geboren 1982 in Görlitz, ist seit 2013 Mitglied der Alternative für Deutschland, von Beruf Polizist bei der Landespolizei Sachsen und seit 2014 Mitglied des Sächsischen Landtags. Dort ist er innenpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der AfD-Fraktion.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.

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