Britische Gesundheitsbehörde preist Cousinehe als vorteilhaft an
In einem offiziellen Artikel verteidigt die britische Gesundheitsbehörde NHS die Ehe zwischen Cousins ersten Grades als kulturell und ökonomisch vorteilhaft. Aus Politik und Wissenschaft kommt scharfe Kritik.
Kritiker in Großbritannien betrachten die Heirat zwischen Cousins als Inzest, der „dringend“ verboten werden müsse. (Symbolbild)
© IMAGO / DreamstimeLondon. – Die britische Gesundheitsbehörde NHS steht in der Kritik, da sie in einer offiziellen Handreichung die Ehe zwischen Cousins ersten Grades als kulturelle Praxis mit positiven Effekten beschrieben hat, wie der Telegraph berichtet. In den Empfehlungen des „Genomics Education Programme“ von NHS England heißt es, diese Form der Ehe sei mit „stärkeren Unterstützungssystemen der Großfamilie und wirtschaftlichen Vorteilen“ verbunden.
Gleichzeitig wird aber seit Jahren auf die erheblichen gesundheitlichen Risiken hingewiesen. Kinder aus solchen Verbindungen haben nachweislich eine höhere Wahrscheinlichkeit, genetische Erkrankungen zu erben. Dazu zählen Krankheiten wie Sichelzellenanämie oder Mukoviszidose.
Scharfe Kritik von Politikern und Experten
Der konservative Abgeordnete Richard Holden übte deutliche Kritik: „Unser NHS sollte aufhören, sich vor schädlichen und unterdrückerischen kulturellen Praktiken niederzuknien.“ Er fügte hinzu: „Die Konservativen wollen, dass die Cousinenheirat als Hintertür zur Einwanderung ein Ende findet. Labour verschließt sich jedoch dieser vernünftigen Forderung.“
Keir Starmer, der britische Premierminister, sollte demnach aufhören, „sich vor den frauenfeindlichen Community-Kontrolleuren und ihren Handlangern zu fürchten“. Diese würde in Form von „kulturrelativistisch besessenen Soziologieprofessoren“ auftreten, so Holden. „Er sollte eine Praxis verbieten, deren endgültige Abschaffung die überwiegende Mehrheit aller Gemeinschaften in Großbritannien fordert.“
Empfehlung „wahrhaft bestürzend“
Auch aus der Wissenschaft kommt Kritik. Dr. Patrick Nash von der Pharos Foundation in Oxford bezeichnete die Empfehlungen als „wahrhaft bestürzend“. Die Heirat zwischen Cousins sei „schlicht und einfach Inzest“ und müsse „dringend“ verboten werden. „Es gibt keinen ‚Ausgleich‘ zwischen dieser kulturellen Lebensweise und den schwerwiegenden Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit“, kritisiert er. Seiner Meinung nach ist der offizielle Artikel „äußerst irreführend“ und sollte zusammen mit einer Entschuldigung zurückgezogen werden, „um die Öffentlichkeit vor Auslassungen und Halbwahrheiten zu schützen“.
Hintergrund und wissenschaftliche Einordnung
In dem Artikel weist die NHS darauf hin, dass die Ehe zwischen Cousins in Großbritannien bereits seit dem 16. Jahrhundert erlaubt ist. Ursprünglich diente dies als Schlupfloch für König Heinrich VIII., um Catherine Howard, die Cousine seiner Ex-Frau, heiraten zu können. Des Weiteren wird in der Richtlinie betont, dass diese Praxis lange Gegenstand wissenschaftlicher Diskussionen war. Zwar sei das Risiko leicht erhöht, doch es gebe auch andere Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit von Gendefekten steigern. Dazu würden Alkohol, Rauchen und das Alter der Eltern zählen.
In den Empfehlungen heißt es zudem: „Genetische Beratung, Sensibilisierungsinitiativen und Kampagnen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sind wichtige Instrumente, um Familien dabei zu helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen, ohne bestimmte Gemeinschaften und kulturelle Traditionen zu stigmatisieren.“
Reaktion der Gesundheitsbehörde
Ein Sprecher von NHS England erklärte laut dem Telegraph später: „Der auf der Website des Genomics Education Programme veröffentlichte Artikel ist eine Zusammenfassung bestehender wissenschaftlicher Forschungsergebnisse und der öffentlichen politischen Debatte. Er gibt nicht die Meinung des NHS wieder.“