Schulaustellung an sächsischer Schule zeigt AfD mit Hakenkreuzen

In einem Schulprojekt warnen Schüler einer Radeberger Schule vor einer möglichen Regierungsbeteiligung der AfD – alles unter der Anleitung des Direktors. Die Partei sieht das Neutralitätsgebot verletzt.

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Schulaustellung an sächsischer Schule zeigt AfD mit Hakenkreuzen
Nach Bekanntwerden des Vorfalls steht der Schulleiter nun stark in der Kritik.© Gunnar Richter Namenlos.net, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Radeberg. – Das Humboldt-Gymnasium im sächsischen Radeberg ist aus dem Stadtbild nicht herauszudenken. Seit 1912 lernen Schüler auf dem Gelände am Freudenberg die wichtigsten Grundlagen, um an der Gesellschaft teilhaben zu können; rund 950 waren es ihm Jahr 2020. Ihnen stehen rund 100 Lehrkräfte und andere Betreuer zur Seite, die den Jungen und Mädchen nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen, sondern besonders den älteren Jahrgängen auch den Umgang mit aktuellen Themen nahebringen.

Gymnasium ist „Klimaschule“

Gemäß dem Schulmotto „Die Welt erforschen, den Humanismus leben“ engagieren sich Eltern, Schüler und Lehrer dafür auch an unterschiedlichsten Projekten. So darf sich das Gymnasium seit Februar dieses Jahres etwa „Klimaschule“ nennen, an welcher ökologische Prozesse eine wichtige Rolle spielen. Das bedeutet für die Schule nicht nur jährliche Fördermittel, sondern auch eine Menge Prestige, denn nicht jede Einrichtung darf sich nach Prüfung einer Jury mit dem Etikett „Klimaschule“ schmücken. In diesem Jahr seien das in ganz Sachsen nur elf weitere Schulen gewesen, heißt es in einem Bericht der Sächsischen Zeitung.

Zu den wichtigsten Personen an der Schule zählt, wenig überraschend, der Schulleiter Andreas Känner. Wie an jeder Schule passiert nichts, was nicht mindestens einmal über seinen Tisch gegangen ist, besonders für die zahlreichen Möglichkeiten außerhalb des Unterrichts, ist er als Direktor die entscheidende Instanz. Damit trägt er nicht nur die Verantwortung für den ordnungsgemäßen Schulbetrieb, sondern muss auch über die Einhaltung von pädagogischen Normen wachen. Zu diesen zählt etwa auch das Neutralitätsgebot der Lehrkräfte, das seit den 1970er-Jahren zum Kern des sogenannten „Beutelsbacher Konsens“ zählt. Dieser gibt Vorgaben an Lehrkräfte wie sie etwa aktuelle politische Themen mit ihren Schülern zu bearbeiten hätten.

Vergleiche zwischen AfD und NSDAP

Nach aktuellen Informationen scheint es gerade in dieser Angelegenheit in Radeberg ernsthaft unterschiedliche Vorstellungen zu geben. Unter dem Namen „Was sie (noch nicht) tun“ erarbeiteten Schüler der Klassenstufen 10 und 12 eine Druckschrift, die angelehnt an das Aussehen von AfD-Flyern, die Oppositionspartei in eine ideologische Linie mit der NDSAP zu rücken versucht. So schreiben die Autoren etwa: „Die Redner*innen der […] bedienen sich nicht selten dem Vokabular der Nationalsozialisten, das schon von Politikern dieser Zeit benutzt wurde, und zeigen dadurch, dass sie deren Ansichten (die zum 2. Weltkrieg und der Ermordung von über 6 Millionen Menschen jüdischen Glaubens geführt haben) vertreten und teilen.“ Zwar geben die Schüler Quellen für verwendete Zitate und Bildmaterial an, eine Offenlegung für den Vorwurf der bewussten Gemeinmachung namhafter AfD-Politiker mit den Nationalsozialisten der 30er-Jahre bleibt jedoch aus.

Unter dem Schlagwort „Die Nazis waren auch gut“ unterstellen die Autoren, dass die AfD nicht nur die Sprache, sondern gar die Ziele der Nationalsozialisten übernommen habe, ein schwerwiegender und möglicherweise sogar justiziabler Vorwurf. Als Quelle wird hierfür etwa der stark umstrittene Correctiv-Bericht aus dem Januar 2024 herangezogen, garniert wird der Sieben-Zeiler mit einem bildgewaltigen Hakenkreuz, das rund 2/3 der Seite einnimmt. 21 solcher viertelseitiger Politikanalysen hat das Projekt und wurde frei zugänglich innerhalb der Schule ausgestellt, Zielpublikum waren demnach die eigenen Mitschüler wie auch der Satz auf der letzten Seite deutlich macht: „Nun liegt es an jedem/jeder einzelnen, zu entscheiden, ob die AfD wirklich die gepriesene Alternative […] ist, für die sie sich ausgibt. Es liegt an uns, ob wir solche Ansichten hinnehmen und unterstützten oder uns dagegen wehren.“

AfD entsetzt über Ausstellung

Neben den verantwortlichen Schülern und Fachlehrern steht nun vor allem Schuldirektor Känner in der Kritik. Der sächsische AfD-Politiker Timo Schreyer kommentiert die Vorgänge in einer aktuellen Pressemeldung der Partei: „Bei einem Termin zusammen mit CDU-Kultusminister Christian Piwarz in der Schule ist mir die Ausstellung über die AfD aufgefallen. Ich war entsetzt und habe das auch dem Schulleiter mitgeteilt. […] Wir werden diese mit Lügen gespickte Indoktrination nicht dulden. Sowohl parlamentarisch als auch juristisch prüfen wir nun weitere Schritte. Zudem verlangen wir von der Schule, die Ausstellung sofort zu stoppen.“

Würde den Verantwortlichen Fachlehrern und Direktor Känner tatsächlich ein schlimmstenfalls sogar vorsätzlicher Verstoß gegen die rechtlichen Vorschriften nachgewiesen werden, könnte das für sie schwerwiegende Konsequenzen haben. Andererseits sieht die aktuelle Lehre etwa den Beutelsbacher Konsens teilweise als überholt an und fordert klare politische Positionierungen – besonders gegen die AfD. Im Jahr 2019 veröffentlichte die TU Dresden als Reaktion auf die Meldeplattform der AfD für nicht-neutrale Lehrkräfte etwa eine Mediensammlung, die in diese Richtung tendiert. Wird die Freiheit der Lehre künftig vor oder durch die AfD geschützt? Beide Seiten kritisieren die politische Einflussnahme auf Kinder und Jugendliche, eine Pattsituation, die sich nur schwer auflösen lässt.