Kolumne: „Retten wir die Meinungsfreiheit!“

Meinungsfreiheit ist in nahezu allen europäischen Ländern eines der höchsten Güter und wichtigsten Grundrechte, dennoch wird sie aktuell immer mehr ausgehöhlt und eingeschränkt. Wir sollten uns darüber bewusst werden, was wir verlieren, wenn wir die Meinungsfreiheit aufgeben.
Kommentar von
23.4.2018
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3 Minuten Lesezeit
Kolumne: „Retten wir die Meinungsfreiheit!“

Symbolbild (Demonstration gegen das Zugriffserschwerungsgesetz, Berlin 2009): Zensursula via Flickr [CC BY 2.0]

Meinungsfreiheit ist in nahezu allen europäischen Ländern eines der höchsten Güter und wichtigsten Grundrechte, dennoch wird sie aktuell immer mehr ausgehöhlt und eingeschränkt. Wir sollten uns darüber bewusst werden, was wir verlieren, wenn wir die Meinungsfreiheit aufgeben.

Kommentar von Martina Huber

Eines der höchsten Güter ist die Meinungsfreiheit. Leider ist genau diese in letzter Zeit immer mehr bedroht. Auch rechtlich gibt es eine vollständige Meinungsfreiheit in vielen europäischen Ländern nicht. Für die meisten ist die Einschränkung, die sich z.B. im deutschen Grundgesetz findet, eine Selbstverständlichkeit. Beispiele für Einschränkung der Meinungsfreiheit sind u.a. Beleidigung oder Verleumdung. Außerdem gibt es in Deutschland noch Volksverhetzung bzw. den Verhetzungsparagraphen in Österreich. Sie sind, sofern sie – im Gegensatz zur derzeitigen Praxis – richtig angewendet werden und genau definiert sind, keine ernsthaften Bedrohungen der Meinungsfreiheit, sondern durchaus legitime Einschränkungen.

Bedrohung durch Gesetze…

Bedroht wird die Meinungsfreiheit etwa durch entsprechende Gesetze, die diese immer weiter aushöhlen. Ein Beispiel dafür ist das deutsche Netzwerkdurchsetzunggesetz (NetzDG). Dieses setzt private Unternehmen unter Druck, vermeintlich strafbare Inhalte in sozialen Netzwerken binnen 24 Stunden zu löschen. Hier entscheidet nicht mehr ein Richter über die Strafbarkeit, sondern ein privater Angestellter. Dieser muss dabei neben dem eigenen Gewissen möglicherweise noch auf die Wünsche des Auftraggebers achten.

Solche Gesetze höhlen dieses verfassungsgemäße Recht immer weiter aus. Da das deutsche Grundgesetz zwar von einer Zensurfreiheit ausgeht, aber nicht etwa definiert, welche Ausnahmen und Einschränkungen dies beschneiden dürfen, droht dieses Grundrecht in völlige Wirkungslosigkeit abzugleiten. Eine umfassende Meinungsfreiheit verlangt zwingend, dass bereits im Vorhinein einer Aussage klar ist, welche Äußerungen genehm sind.

…und „Political Correctness“

Darüber hinaus stellt eine Political Correctness eine Einschränkung der Meinungsfreiheit dar, indem sie eine für viele spürbare Bedrohungslage erzeugt. Diesen Mechanismus beschrieb Alexis de Tocqueville bereits im Jahr 1835 in seinem Buch Über die Demokratie in Amerika. Dort warnt er vor der möglichen Aushöhlung der Meinungsfreiheiten auch in Demokratien:

„In den demokratischen Republiken geht die Tyrannei anders (als in Despotien) zu Werk; sie geht unmittelbar auf den Geist los. Der Machthaber sagt hier nicht mehr: ‚Du denkst wie ich, oder Du stirbst‘; er sagt: ‚Du hast die Freiheit, nicht zu denken wie ich (…), aber von dem Tag an bist Du ein Fremder unter uns.‘

Dieser Fall führt nach Ansicht des Philosophen zu einer Situation, wo jede Abweichung von der herrschenden gesellschaftlichen Meinung zu einer Erosion der Wirkung von Bürgerrechten führt:

„Du wirst dein Bürgerrecht behalten, aber es wird dir nichts mehr nützen; denn bewirbst du dich um die Stimme deiner Mitbürger, so werden sie dir diese nicht geben, und begehrst du bloß ihre Achtung, so werden sie tun, als ob sie dir auch diese verweigerten.“

Abschließend stellt Tocqueville die Tragweite einer solchen gesellschaftlichen Ächtung heraus:

Du wirst unter Menschen wohnen, aber deine Rechte auf menschlichen Umgang verlieren. (…) Ziehe hin in Frieden, ich lasse dir das Leben, es wird aber für dich schlimmer sein als der Tod.“

Großbritannien: Einreiseverbote für Dissidenten

Vor einigen Wochen wollte Martin Sellner, Co-Leiter der Identitären Bewegung Österreich, eine Rede zur Meinungsfreiheit im Speakers‘ Corner in London halten. Er wollte darauf aufmerksam machen, dass die Meinungsfreiheit aktuell durch gesellschaftlich ausgeübten Druck bedroht wird. Ursprünglich wollte er eine Rede bei einer Konferenz abhalten – diese musste aber zuvor wegen Drohungen aus dem gewaltbereiten Antifa-Milieu abgesagt werden.

Sellners Rede im Speakers‘ Corner wurde letztlich durch einen fragwürdigen Schachzug der britischen Behörden verhindert. Man verhaftete den unbescholtenen Aktivisten bei seiner Einreise und schob ihn in sein Heimatland Österreich ab – Die Tagesstimme berichtete. Dieser Akt Großbritanniens zeigte gleichzeitig besonders deutlich die Notwendigkeit einer solchen Rede. Denn es zeigte: Trotz solcher Errungenschaften wie dem Speakers‘ Corner, dem Sinnbild der englischen Meinungsfreiheit, herrscht dort keine Meinungsfreiheit mehr.

Meinungsfreiheit muss auch für Andersdenkende gelten

Mindestens ebenso bedenklich waren aber die Reaktionen und die Häme vieler linksgerichteter Kommentatoren auf die Festsetzung Sellners. Ausgerechnet diejenigen, welche stets besonders vehement auf die Menschenrechte pochen, freuten sich sogar noch über die Behandlung des Aktivisten. Aber: Was sind diesen Menschen ihre vermeintlichen Ideale eigentlich wert, wenn sie die Menschenrechte für sich selbst beanspruchen, aber Andersdenkende davon ausschließen möchten?

Sich auf die Meinungsfreiheit berufen bei eigenen Äußerungen, diese aber anderen absprechen wollen, ist nichts anderes als Heuchelei. Genau das ist es auch, was Großbritannien macht: Heuchelei. Sie nehmen in Anspruch, bei ihnen gelte die Meinungsfreiheit. Gleichzeitig lassen sie kritische Aktivisten und Journalisten, wie z.B. auch die kanadische Reporterin Lauren Southern, nicht einreisen (Die Tagesstimme berichtete).

„Ich teile Ihre Meinung zwar nicht…“

Ich halte fest: Die Meinungsfreiheit ist enorm wichtig. Sie ist ein hohes Gut, das wir – so gut es eben geht – schützen sollten. Und da ist es egal, ob ein Martin Sellner seine Meinung vertreten will oder ein Pierre Vogel – sie beide sollten Meinungsfreiheit genießen! Natürlich heißt Meinungsfreiheit nicht, dass es keinen Widerspruch geben darf. Pierre Vogel würde ich vehement widersprechen, dennoch würde ich ihn nicht aufgrund seiner bloßen Meinung strafen.

Entsprechend sollten wir es mit der Meinungsfreiheit ganz mit den Gelehrten früherer Jahrhunderte sehen. Diese kannten oftmals ein Klima rigoroser staatlicher oder gesellschaftlicher Zensur und mussten dieses Recht erst unter höchster Opferbereitschaft erkämpfen. Der französische Gelehrte Voltaire sagte einst: „Ich teile Ihre Meinung zwar nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen!“ – dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Retten wir die Meinungsfreiheit!

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.
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