Ein neues Instrument für die EU-Planwirtschaft

Ein neues Instrument der EU-Kommission droht ein weiterer Schritt in die Planwirtschaft zu werden.

Jurij Kofner
Kommentar von
22.12.2022
/
3 Minuten Lesezeit
Ein neues Instrument für die EU-Planwirtschaft

Jurij Kofner

Regierungsversagen und ideologisch getriebene Entscheidungen der Politik, wie die Corona-Freiheitseinschränkungen, die Energiewende als staatlich verursachte Verknappung der Grundlastenergie, die westliche Sanktionspolitik und Handelskriege, haben zu gravierenden Angebotsengpässen in Deutschland und ganz Europa geführt.

Aufgrund dieser Lieferengpässe und der hinauf schnellenden Energiekosten überstiegen die eingegangenen Aufträge in I-III 2022 die tatsächliche Industrieproduktion um rund 50 Prozent. Für das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland bedeutet dies einen theoretischen Bruttoverlust von über 475 Mrd. Euro. Mit einer erneuten Interventionsspirale, wie üblich muss man schon sagen, versucht die Europäische Kommission nun, früheres Regierungsversagen mit weiteren Markteinmischungen zu kompensieren, um damit gleichzeitig ihre dirigistische Agenda voranzutreiben: Die Kommission hat jetzt das sogenannte Single Market Emergency Instrument (SMEI) vorgeschlagen.

Der Weg in die Planwirtschaft

Die SMEI ist ein weiterer Schritt zum Aufbau einer staatlichen Planwirtschaft in Europa und stellt eine ernsthafte Bedrohung der Subsidiarität und der sozialen Marktwirtschaft dar. Bisher ist jedes „temporäre“ „Krisen“-Instrument der EU zu einer dauerhaften Institution geworden, wie zum Beispiel die „temporäre“ Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (ESFS). Da die Kriterien für die Aktivierung dies vorgeschlagenen Binnenmarkt-Notfallplans recht vage sind und einen großen Interpretationsspielraum erlauben, besteht die Gefahr, dass dieses „Krisennotfallinstrument“ zu einem weiteren Dauerläufer wird.

Die Europäische Kommission würde damit die Waren festlegen, für die Reserven gebildet werden müssen, und die Mitgliedstaaten per Durchführungsgesetz dazu verpflichten, von oben bestimmte Vorratsanforderungen zu erfüllen. Das SMEI legt den europäischen Unternehmen strenge Informationspflichten auf: So können Betriebe veranlasst werden, Geschäftsgeheimnisse gegenüber der EU-Kommission offenzulegen. Dies wiederum stellt einen gravierenden Eingriff in die Eigentumsrechte der Unternehmen dar.

Viel Macht für Brüssel

Im Rahmen des SMEI kann den Mitgliedstaaten untersagt werden, Einschränkungen des freien Verkehrs krisenrelevanter Waren und Dienstleistungen zu erlassen. Außerdem könnte Deutschland „empfohlen“ werden, seine eigenen strategischen Reserven an andere Mitgliedsstaaten zu verteilen. Beide Maßnahmen könnten dazu führen, dass zum Beispiel bei einem europaweiten Stromausfall, die Bundesregierung keine ausreichende heimische Versorgung mit Notstromaggregaten gewährleisten könnte – selbst, wenn sie es wollte ...

Die Kommission könnte auch neue Vorschriften auf die öffentliche Beschaffung relevanter Waren und Dienstleistungen anwenden.

Es geht aber noch planwirtschaftlicher: Im Rahmen des SMEI dürfen Firmen gezwungen werden, Bestellungen von prioritär eingestuften „krisenrelevanten“ Gütern nachzukommen. Ablehnungen müssten mit „schwerwiegenden Gründen“ gerechtfertigt (!) werden. Unter dem Vorwand einer staatlich geschaffenen Krise oder einer Situation, die man zu einer Krise verklären würde, könnte die EU die staatliche Planwirtschaft nur 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer nach Deutschland zurückbringen. So könnte beispielsweise eine angebliche „Klimakrise“ ausgerufen werden, in deren Rahmen deutsche Automobilhersteller von den EU-Institutionen angewiesen werden, nur noch Elektroautos zu produzieren.

Mehr Bürokratie

Schließlich würde das SMEI das beschleunigte Inverkehrbringen „bestimmter krisenrelevanter Produkte“ durch eine schnellere Prüfung und Akkreditierung ermöglichen, unter anderem durch die Herabsetzung von Konformitätsbewertungen. Beispielsweise könnten somit potenziell gesundheitsschädliche Impfstoffe  ohne große Hindernisse auf den Markt gebracht werden, da notwendige Testanforderungen reduziert wären. Führende deutsche Forschungsinstitute wie das IW Köln und das Centrum für Europäische Politik (cep) kritisieren daher das geplante „Binnenmarkt-Notfallinstrument“ scharf.

Natürlich ist der geeinte europäische Binnenmarkt von größter Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Entgegen anderweitigen Zuschreibungen von außen redet diese Tatsache wohl niemand im rechten Lager ab. Gleichwohl bedeutet unter dem Vorwand der Wahrung des Binnenmarktes von Brüssel vorgeschlagene SMEI-Instrument eine ernstzunehmende Gefahr für die nationale Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, den Grundsätzen der Subsidiarität und den marktwirtschaftlichen Prinzipen von Vertragsfreiheit und Privateigentum an Produktionsmitteln.


Zur Person:

Jurij C. Kofner ist gebürtiger Münchner und arbeitet als Ökonom beim Miwi Institut. Zudem ist er als Fachreferent für Wirtschaft, Energie und Digitales bei der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag angestellt.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.

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