Wie im Videospiel: Ukraine vergibt Punkte für Angriffe und Tötungen mit Drohnen
Die Ukraine belohnt gezielte Drohnenangriffe gegen russische Soldaten und Fahrzeuge mit einem Punktesystem, das an ein digitales Belohnungsmodell erinnert. Für jeden dokumentierten „Kill” oder Treffer gibt es Punkte.
Zerstörte russische Bomber am Flugplatz Belaja nahe der Stadt Irkutsk. (Symbolbild)
© IMAGO / Newscom / EyePressKiew. – Die ukrainische Armee nutzt ein digitales Bonussystem, mit dem bestätigte Drohnenangriffe gegen russische Ziele belohnt werden. Das Programm trägt den Namen „Army of Drones: Bonus” und wurde im vergangenen Jahr auf Initiative von Drohnenpiloten ins Leben gerufen, wie die BBC berichtet. Die gesammelten Punkte können auf einer militärischen Plattform gegen Ausrüstung eingelöst werden.
Je nach strategischer Bedeutung des getroffenen Ziels erhalten die Einheiten unterschiedlich hohe Punktwerte. So bringt die Zerstörung eines Mehrfachraketenwerfers laut BBC beispielsweise bis zu 50 Punkte ein, ein russischer Panzer 40 Punkte und ein beschädigter Panzer immerhin noch 20 Punkte.
Tägliche Drohnenvideos für die Analyse
Voraussetzung für die Punktevergabe ist eine videobasierte Dokumentation jedes Angriffs. Laut The Economist gehen täglich Tausende solcher Drohnenaufnahmen in Analysezentren in Kiew ein. Dort sichten Spezialisten das Material, bewerten die Treffer und weisen entsprechende Punktwerte zu.
Anhand der Aufnahmen entscheiden Militäranalytiker, ob es sich um eine Beschädigung oder eine vollständige Vernichtung handelt, und vergeben entsprechend differenziert Punkte. Besonders hoch eingestuft wird die Ausschaltung russischer Drohnenpiloten. Nachdem russische Kräfte begonnen haben, kleinere Aufklärungseinheiten und Motorradtrupps für Überraschungsangriffe einzusetzen, bringt die erfolgreiche Bekämpfung einzelner Personen mittlerweile sechs statt wie bisher zwei Punkte.
Gefangennahme bringt mehr als Eliminierung
Ein bemerkenswerter Aspekt ist, dass die Gefangennahme russischer Soldaten höher bewertet wird als deren Tötung. Laut BBC bringt ein Gefangener zehnmal so viele Punkte wie ein getöteter Feind. Dies dürfte nicht nur ethische, sondern auch pragmatische Gründe haben, beispielsweise die Bedeutung von Kriegsgefangenen für mögliche Austauschverhandlungen.
Laut BBC wurde das System laufend an die veränderten Bedingungen im Kriegsgeschehen angepasst. Heute umfasst es fast das gesamte Frontpersonal: 90 bis 95 Prozent der ukrainischen Kampfeinheiten nehmen am Punktesystem teil.
Plattform für Militärausrüstung gegen Punkte
Über die Militärplattform „Brave 1 Market“ können ukrainische Einheiten ihre gesammelten Punkte gegen Ausrüstung eintauschen. Laut BBC stehen dort über 1.600 verschiedene Produkte zur Verfügung, darunter Drohnen, Ausrüstungssets und unbemannte Fahrzeuge zur Evakuierung verletzter Soldaten.
Die ukrainische Regierung sieht in dem System nicht nur ein Mittel zur Motivationssteigerung. Digitalminister Mykhailo Fedorov betont gegenüber der BBC, dass es auch um die Verbesserung der Datensammlung für strategische Planungen gehe. Soldaten äußern sich laut BBC unterschiedlich zu dem Punktesystem: Während einige den Ansatz als notwendig ansehen, hinterfragen andere die ethischen Implikationen.