Neue FBI-Studie: Wahlkampf – Freiheitliche Kampagnen im Wandel der Zeit
Ein neues Buch des Freiheitlichen Bildungsinstituts zeigt, wie sich der Wahlkampf der FPÖ im Laufe der Jahrzehnte verändert hat. Fabian Walch kann es interessierten Lesern empfehlen, übt aber auch Kritik.
FPÖ-Plakate im Wandel der Zeit.
© FPÖ / Collage: FREILICHDas Freiheitliche Bildungsinstitut (FBI) hat eine neue, spannende Publikation vorgelegt, die sich mit den freiheitlichen Wahlkämpfen und Kampagnen auf Bundesebene beschäftigt. Herausgeber ist das FBI selbst, Autor wird keiner angeführt, aber FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl und FBI-Präsident MMMag. Dr. Axel Kassegger haben ein Vorwort beigesteuert. Nächstes Jahr feiert die FPÖ ihr 70-jähriges Bestehen. Das vorliegende Buch betrachtet die Freiheitlichen Kampagnen jedoch nur bis ins Jahr 2004, endet also vor der Parteispaltung und der Gründung des BZÖ, und damit mit dem Ende der Ära Haider sowie der Übernahme der FPÖ durch Heinz-Christian Strache. Dafür wird auch der VdU mit reingenommen, womit die Jahre zwischen 1949 bis 2004 abgedeckt werden.
Nationalratswahlen
Den größten Teil des Bandes nehmen die Nationalratswahlen ein, die 105 der insgesamt 175 Großformatseiten (DIN A4) ausmachen. Dabei wird schnell klar, dass sich der VDU und auch die FPÖ früh als Kontrollpartei sowie Partei des kleinen Mannes verstanden und dem schwarz-roten Proporz den Kampf ansagten. So lautete 1956 etwa der FPÖ-Slogan „Gegen Schwarz und Rot die Dritte Kraft“, 1962 warnte man vor der „Schwarz-roten Proporz-Diktatur“ und reimte „Unser Geld kommt auf den Hund, doch Proporz frißt sich gesund“, oder 1959 „Wo Willkür und Proporz regieren, müssen Freiheitliche kontrollieren“. Man sieht, dass auch Reimen schon früh Teil des freiheitlichen Wahlkampfrepertoires war. Wer in der Parteigeschichte nicht so firm ist, dürfte vom Wahlkampf zur Nationalratswahl 1962 überrascht sein, da die FPÖ damals für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) mit dem Spruch „Mit uns für Europa“ warb. 2002 hieß es dann mit Ing. Mathias Reichhold „Wer EU-kritisch ist, wählt blau.“
1966 warnte man vor den Gespenstern „Schwarze Alleinherrschaft!“ und „Roter Kanzler!“ und attestierte, „jetzt ist es allen klar: Beide sind schuld“. Ab 1970 änderte sich dann allerdings der Auftritt der Partei drastisch und man begann damit, ganz im Trend der Zeit, erstmals Fotos der Kandidaten zu plakatieren. Die ideologischen Botschaften wichen der Image- und Meinungsbildung. Zudem wurde das Fernsehen zentral und Werbespots fanden Einzug in die Wahlkämpfe. 1975, noch bevor die Grünen politisch das Licht der Welt erblickten, bestanden die Freiheitlichen darauf: „Zur Demokratie gehören drei“.
Bevor dann 1986 beim legendären Innsbrucker Bundesparteitag Dr. Jörg Haider die Partei übernahm und das inzwischen berühmte „Taferl“ als Wahlkampfinstrument in Österreich einführte und überhaupt Wahlkampfstrategien aus den USA übernahm, wagte die FPÖ noch ein liberales Experiment mit Dr. Nobert Steger, der forderte: „Fleiß und Können müssen sich wieder lohnen.“ In der Ära Haider dominierte die FPÖ dann endgültig den politischen Diskurs in den 1990er-Jahren und sagte den „Privilegien“ den Kampf an. Slogans wie „Sie sind gegen ihn, weil er für Euch ist“ oder „Er sagt, was wir denken“ wurden seither immer wieder kopiert, auch vom politischen Gegner. Haider griff auch auf alte VdU-Rezepte zurück und forderte „sozial statt sozialistisch“ und drang damit tief in SPÖ-Wählerschichten vor.
Europawahlen
Wahlen zum Europäischen Parlament gab es bis 2004 nur drei. 1996 hieß es „Wahltag ist Zahltag“ und 1999 „Europa braucht Kontrolle“. 2004 trat Haider dann etwas in den Hintergrund und ließ den Ex-Journalisten Dr. Hans Kronberger das Gesicht der Wahl sein. Der Slogan „Mit mir nicht!“ sollte dann aber eine besonders bittere Bedeutung bekommen, da die FPÖ aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung und der Turbulenzen in der Regierung eine herbe Niederlage einstecken musste und nur mehr ein Mandat errang, das sich allerdings Andreas Mölzer durch sein Vorzugsstimmenergebnis sicherte.
Bundespräsidentschaftswahlen
Bei den Bundespräsidentschaftswahlen schickte die FPÖ und mit ihr das Dritte Lager nur selten einen eigenen Kandidaten ins Rennen. Mit dem Innsbrucker Chirurgen Dr. Burghard Breitner gelang 1951 mit 15,4 Prozent zwar ein Achtungserfolg, aber dann verzichtete man aufgrund der Dominanz von ÖVP und SPÖ und mangels reeller Chancen lange auf einen eigenen Kandidaten. 1957 einigte man sich jedoch mit der ÖVP sogar in der Gestalt des Wiener Chirurgen Dr. Wolfgang Denk auf einen gemeinsamen Kandidaten, der allerdings dem sozialistischen Kontrahenten Dr. Adolf Schärf unterlag. 1980 gab es mit 17 Prozent ein Sensationsergebnis für den blauen Botschafter Dr. Willfried Gredler. Das entsprach einer Verdreifachung des üblichen FPÖ-Wähleranteils, was aber nicht zuletzt darauf zurückzuführen war, dass die ÖVP gegen den Amtsinhaber Dr. Rudolf Kirchschläger keinen Kandidaten ins Rennen schickte, weshalb die FPÖ auch „Wahl heißt auswählen“ plakatierte. Dieser gewann dann auch im ersten Wahlgang mit 79,9 Prozent die Wahl. Das soll das FPÖ-Ergebnis aber nicht schmälern, vor allem, da sich mit Dr. Norbert Burger noch ein Ex-Freiheitlicher zur Wahl stellte, was im Buch auch angemerkt wird.
1992 schrieb die FPÖ mit der ersten Bundespräsidentschaftskandidatin Mag. Dr. Heide Schmidt ganz ohne Frauenquote Geschichte – sie war im Übrigen auch die erste Dritte Nationalratspräsidentin. Bei Schmidt gibt das Buch noch den Hinweis auf ihre zweite Kandidatur 1998 unter anderer Flagge. Sie hatte sich ja 1993 als Reaktion auf das Volksbegehren „Österreich zuerst“ von der FPÖ getrennt und das Liberale Forum, das inzwischen mit den NEOS fusioniert ist, mitgegründet. Umso verwunderlicher ist es, dass die Kandidatur des freiheitlichen Urgesteins Dr. Otto Scrinci vom Buch nicht angemerkt wird. Er kandidierte zwar nicht als Freiheitlicher, da er 1984 die „National-Freiheitliche Aktion“ (NFA) als Opposition zur FPÖ-Politik des damaligen Bundesparteiobmanns Norbert Steger, die seiner Ansicht nach zu liberal war, gründete, kehrte jedoch unter Haider zur freiheitlichen Familie zurück. Bei der Bundespräsidentschaftswahl scheiterte er mit nur 1,2 Prozent der Wählerstimmen deutlich.
Plebiszite
Das Buch beleuchtet neben Nationalrats-, Bundespräsidentschafts- und Europawahlen auch freiheitliche Plebiszite und damit im Zusammenhang stehende Kampagnen. Die thematische Bandbreite ist beachtlich. Vom Anti-Privilegien-Volksbegehren und der Rundfunkfreiheit über die Migration mit „Österreich zuerst“ und dem Tierschutz bis hin zur Anti-Atomenergie sowie dem Schilling als Währung ist viel abgedeckt worden. Auch wenn das „Österreich zuerst“-Volksbegehren das mit Abstand erfolgreichste war, bewies die FPÖ mit diesen Initiativen stets, das Ohr bei der Bevölkerung zu haben und zu wissen, wie man die Themen der Zeit besetzt. Mit dem Anti-Atomenergie-Volksbegehren gelang es sogar, den aufstrebenden Grünen zuvorzukommen und ein wenig das Wasser abzugraben, und das, obwohl die FPÖ vor Haider eine dezidierte Pro-Atomenergie-Position einnahm. Solche wissenswerten Hinweise fehlen leider immer wieder.
Abschließend bietet der Band noch einen spannenden Überblick über die verschiedenen Parteilogos der FPÖ über die Jahrzehnte hinweg. Der Hinweis dabei, dass sich die Parteifarbe der Partei auch verändert hat, wäre wünschenswert gewesen. Zeitweise trug die FPÖ nämlich Blau und Gelb als Parteifarbe, was sich im Logo widerspiegelte. Beide Farben sind politisch internationale Kennfarben für liberale beziehungsweise nationalliberale Parteien. Die Freiheitlichen in Südtirol etwa tragen noch heute beide Farben offiziell.
Fazit
„Wahlkampf! Freiheitliche Kampagnen im Wandel der Zeit“ bietet einen optimalen Überblick über die wesentlichen Kampagnen des Dritten Lagers in der Zweiten Republik bis 2004. Wer allerdings eine umfassende Kampagnenanalyse erwartet, wird enttäuscht. Die optisch sehr ansprechende Aufmachung des Bilderbandes täuscht nicht über den doch recht oberflächlich bleibenden Abriss der Wahlkämpfe und Kampagnen hinweg. Oft bleibt es bei einem Wahlplakat mit einer kurzen werbetechnischen Analyse. Da wäre etwas mehr Tiefe wünschenswert gewesen. Das Buch lädt aber dennoch zum Schmökern ein. Es ist äußerst unterhaltsam, sich die Wahlplakate von 55 Jahren freiheitlicher Wahlkampfgeschichte vor Augen zu führen. Besonders spannend ist es, die freiheitlichen Politiker zu sehen, wovon nicht wenige im Laufe der Jahre mit ihrer Partei auch gebrochen haben. Etwa Heide Schmidt, die inzwischen keine Politsendung auslässt, um ihre ehemalige politische Heimat anzupatzen, oder die ehemalige Vizekanzlerin Dr. Susanne Riess-Hahn, damals noch Riess-Passer, die inzwischen ins türkise Lager gewechselt ist und als Kurz-Groupie gilt.
Die Publikation kann jedem empfohlen werden, der sich gerne einen Überblick über freiheitliche Wahlwerbung verschaffen und damit ein wenig in die Politgeschichte der Zweiten Republik spicken will. Vor allem die vielen Abbildungen aus der Österreichischen Nationalbibliothek überzeugen und bieten eine umfassende Bildquellensammlung. Wertvoll sind auch die sauber herausgearbeiteten Traditionslinien der freiheitlichen Kampagnenführung. Für jene Freiheitlichen, die schon etwas länger jung sind, mag es auch ein nostalgischer Ausflug in Zeiten sein, in denen Wahlkämpfe noch nicht von der drohenden Überfremdung durch Ersetzungsmigration überschattet waren.
Das Buch kann als PDF heruntergeladen oder hier bestellt werden.