Macht kaputt, was Euch kaputt macht! – Ein Fazit aus den EU-Wahlen vom 9. Juni 2024

Die Europawahl ist geschlagen und in Deutschland konnte sich die AfD mit fast 16 Prozent über ein gutes Ergebnis freuen. Wovor sich die Partei aber noch in Acht nehmen muss, erklärt Hans-Thomas Tillschneider in seinem Kommentar für FREILICH.

11.6.2024
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4 Minuten Lesezeit
Macht kaputt, was Euch kaputt macht! – Ein Fazit aus den EU-Wahlen vom 9. Juni 2024
Alice Weidel und Tino Chrupalla gemeinsam mit Rene Aust bei der Pressekonferenz zur EU-Wahl.© IMAGO / Future Image / metropolico

Die AfD ist wie so oft schon hinter ihrem Potential zurückgeblieben. Gut 16 Prozent sind zwar etwa fünf Punkte mehr als bei der EU-Wahl 2019, aber zehn Prozent weniger als bei den besten Umfragen letztes Jahr. Hätte man den skandalumwitterten Spitzenkandidaten, dessen Stärke eben in seiner Skandalumwittertheit hätte liegen können, besser herausgestellt, wären 25 Prozent und mehr drin gewesen. Ein Dirty Max hätte das Zeug gehabt, die Verhältnisse so richtig zum Tanzen zu bringen. Man hat sich aber wieder einmal dafür entschieden, das zu tun, was unsere besten Berater, nämlich die Mainstreammedien, von uns verlangen, und hat Krah schamhaft weggesperrt. Was soll’s.

Das Hauptergebnis der Europawahlen 2024 ist auch nicht der AfD-Zuwachs, sondern der Grünen-Einbruch, der Linken-Einbruch und der Erfolg des BSW, womit der Beweis erbracht ist, dass Parteien sich mittlerweile wie Kaninchen aus dem Hut herbeizaubern lassen, wenn nur ein paar Faktoren stimmen. SPD und FDP verlieren leicht, die CDU stagniert. Und reine Spaß- und Wahlplakatparteien erringen ein bis zwei Prozent und damit immerhin ein bis zwei Sitze im EU-Parlament. Motto: Alles wählen, nur nicht eine Altpartei! Ein gutes Motto. Die Bürger wenden sich von den Altparteien ab. Das System – nicht die demokratische Ordnung, sondern das System der Altparteien – erodiert. Die demokratische Ordnung profitiert.

Wahlkampf ohne Spitzenkandidat

Mehr und mehr Bürger verstehen, dass Politiker in einer Demokratie nicht dazu da sind, die Bürger zu belehren, einzuschüchtern, auszunehmen und zu drangsalieren, sondern dafür, die Freiheit der Bürger zu sichern und ihren Wohlstand zu maximieren. Die Bürger lassen sich die Zumutungen der Altparteien nicht mehr bieten. Sie fangen bei den Grünen an, weil die Grünen die Agenda, die auch jede andere Altpartei vertritt, so deutlich wie keine andere Partei verkörpern: Klima, Regenbogen, Migration und Kriegstreiberei. 

Wie immer tritt diese Tendenz im Osten Deutschlands klarer hervor. Die Zugewinne der AfD sind hier stärker – über zehn Prozent auf ein 30-Prozent-Ergebnis. Die Grünen, die SPD, die FDP und die Linken wiederum verlieren stärker als im Westen. Und das BSW trumpft stärker auf. Der Osten ist damit nicht anders als der Westen, er ist nur deutlicher und weiter. Der Osten extrapoliert die Entwicklung von Gesamtdeutschland in die Zukunft. Der Osten ist Avantgarde.

Und das liegt an Folgendem: Die historische Erfahrung Ostdeutschlands ist, ein tyrannisches Regime, das den Bürgern vorschreiben wollte, wie sie zu leben haben, durch Protest gestürzt zu haben. Eine solche Erfahrung gewinnt wieder Aktualität in Zeiten, in denen Parteien regieren, die uns vorschreiben wollen, welche Kriege wir unterstützen sollen, welche Autos wir nicht mehr fahren dürfen, welche Lieder wir nicht mehr singen dürfen und welche Begriffe und Pronomen wir nicht mehr verwenden dürfen.

Der Osten blickt in die Zukunft

Die Altparteien setzen eine internationale oder besser gesagt eine westliche Klima-, Regenbogen-, Migrations- und Ukraine-Agenda von oben nach unten gegen die Bürger durch und unterscheiden sich nur noch darin, dass sie diese Agenda jeweils einer anderen Klientel verkaufen sollen. Wirklich zu bieten aber hat keine Altpartei den Bürgern etwas, denn die westliche Agenda besteht im Kern aus Armut, Unfreiheit und Krieg. Die Bürger sollen dazu gebracht werden, diese Agenda zu akzeptieren, und zwar nach der Art, wie ein schlechter Versicherungsvertreter jemanden dazu bringt, eine überteuerte Versicherung abzuschließen,  die er nicht braucht und die am Ende nur die Versicherung und den Vertreter reicher macht.  

Zielgruppe der Linken waren seit jeher die Arbeitslosen, die Arbeiter mit zu wenig Lohn und die Rentner mit zu wenig Rente, die Ärmsten unserer Gesellschaft. Die Aufgabe bestand darin, mit dem bloßen Lockmittel einer scheinhaften, weil nur kosmetischen Sozialpolitik dafür zu sorgen, dass die Armen die Regenbogenagenda akzeptieren und nicht gegen die Migration rebellieren. Der Auf-Anhieb-Erfolg des BSW ist Ausdruck des Umstandes, dass diejenigen, die auf Sozialpolitik angewiesen sind, eben das erkannt haben und sich nicht mehr hinters Licht führen lassen. Das ist wie jeder Erkenntnis- und Aufklärungsprozess zu begrüßen.  

Allerdings bleibt zu befürchtet, dass das BSW in Erwartung des Zusammenbruchs der Altparteien als Sammelbecken vorbereitet wurde, damit nicht zu viele sich der AfD zuwenden. Dafür spricht auch die Abgrenzung des BSW zur AfD. Sahra Wagenkecht, die oft viel Kluges sagt, bringt, angesprochen auf die AfD, nichts anderes hervor, als den dümmlichen Verweis, Höcke sei doch ein Rechtsextremist. Die nächsten Monate werden zeigen, ob das nur eine Schutzgeste ist, um ins Zentrum der Macht vorgelassen zu werden, was verzeihlich wäre, oder, ob es ernst gemeint ist, was nicht verzeihlich ist, weil es die Opposition gegen die Altparteien spalten würde.

AfD muss aufmerksam bleiben

Aber auch die AfD ist nicht außer Gefahr. Hier droht die Melonisierung, also die Transformation der patriotischen Opposition in einen Globalismus von rechts, wie es Meloni in Italien vorgelebt hat. In Reaktion auf den Zusammenbruch der links gefärbten Altparteien haben die Vertreter der westlichen Agenda im Hintergrund schon lange umgesattelt. Schon die Unterstützung der Ultranationalisten in der Ukraine seit 2014 war die erste Blaupause für einen Globalismus von rechts. Meloni hat das Ganze dann im Herzen Europas vorexerziert. Die Kampagne gegen Krah und Bystron ist ebenso wie die Entlassung von Hartwig Ausdruck des Versuchs, gleiches mit der AfD zu tun. Chrupalla hat in dankenswerter Deutlichkeit einer Melonisierung der AfD zwar eine Absage erteilt, dieser Kampf ist aber noch lange nicht ausgefochten.

Das Gute aber ist: Solcherart Betrug wird mittlerweile schnell durchschaut. Neue Parteien gründen sich schnell und werden, wenn sie versagen, schnell ersetzt. Das System der Altparteien erodiert, weil die Bürger sich nicht mehr in dieses Korsett sperren lassen wollen. Sie machen kaputt, was sie kaputt macht. Das ist eine gute Nachricht.


Zur Person:

Dr. Hans-Thomas Tillschneider ist Islamwissenschaftler und sitzt seit 2016 für die AfD im Landtag Sachsen-Anhalt. Dort ist er der kulturpolitische Sprecher der AfD-Fraktion. Während der Zweiten Intifada (2000-2005) studierte er in Damaskus.

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