Lampedusa, Meloni und die gemäßigte Rechte

Auf Lampedusa erlebt Europa erneut den Ansturm Zehntausender illegaler Migranten auf seine Küsten. Zugleich zeigt sich hier das epochale Scheitern der gemäßigten Mitte-rechts-Politik, wie sie Meloni seit ihrem Amtsantritt im vergangenen Jahr vertritt, meint Fabian Küble.

Kommentar von
16.9.2023
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5 Minuten Lesezeit
Lampedusa, Meloni und die gemäßigte Rechte

Fabian Küble und Giorgia Meloni

© JA / IMAGO / Italy Photo Press

In Lampedusa sind sowohl die italienische Regierung als auch die EU vollkommen unfähig dem Ansturm irgendetwas effektiv entgegenzusetzen und so lassen sie es wie eine Naturkatastrophe über sich ergehen. Das Problem der gemäßigten Rechten ist, dass sie innerhalb des bestehenden, etablierten, daher linksliberalen Systems verharren, weil sie den Bruch mit diesem und die Konflikte, die das mit sich brächte, scheuen. Daher müssen sie dann zwangsläufig innerhalb dieses Systems nach deren Spielregeln und ideologischen Vorgaben spielen und ihre Ziele umzusetzen versuchen. Doch das ist von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Denn man kann nicht innerhalb des linksideologischen Regelsystems politische Lösungen von rechts erfolgreich umsetzen. Innerhalb des großen, übergeordneten Falschen lässt sich nicht im Kleinen das Richtige tun.

Die politische Linke hat über Jahrzehnte hinweg ein kollektives System an Gesetzen und (internationalen) Verträgen und Konventionen geschaffen und diese teilweise sogar mit geradezu pseudoreligiöser Inbrunst zu angeblich unhintergehbaren Grundwerten überhöht. Es ist das Fundament, an dem der gesamte „kollektive Westen“ heute krankt. Damit hat die Linke es geschafft, stets auch nachfolgende Regierungen, auch über die eigene Abwahl hinaus, an deren ideologische Grundvorstellungen zu binden. Über die Jahre kamen immer neue Konventionen und Verträge hinzu, die immer weiter miteinander verflochten wurden und in ihrer ideologischen Grundausrichtung und den realpolitischen Folgen immer radikaler wurden.

Ein falsches Koordinatensystem

Solange sich eine politische Rechte von diesen Regelungen fesseln lässt, ist sie politisch kastriert und unfähig, die Probleme wirklich zu lösen. Solange sie nicht gewillt ist, mit diesen Konventionen zu brechen, sie beiseite zu wischen und sie wo nötig zum Wohle der Nation durch neue Regelungen zu ersetzen, wird die politische Rechte immer Gefangener des bestehenden, selbstzerstörerischen, linken Systems bleiben, um das zu überwinden, wofür sie eigentlich gewählt wurde.

Das beste Beispiel hierfür ist die sogenannte Genfer Flüchtlingskonvention. Diese wurde 1951, also vor über 70 Jahren, in einer Zeit mit vollkommen anderen Grundvoraussetzungen als heute beschlossen. Die darin niedergeschriebenen Regelungen sind für die heutige globalisierte und digitalisierte Welt praktisch gar nicht mehr anwendbar. Denn in der Praxis führt die Befolgung dieser Regelungen zur heutigen uneingeschränkten Massenmigration. Damit hat sich diese Konvention aufgrund der destruktiven realpolitischen Auswirkungen im Jahr 2023 de facto erledigt.

Sie außer Kraft zu setzen, ob nun durch Aufkündigung der Konvention durch die Regierung, oder durch andere Maßnahmen ist daher eine zwingende Notwendigkeit zur Lösung des Migrationsproblems. Doch dazu ist das herrschende Establishment in keinster Weise bereit. Sie trägt diese Konvention wie eine Monstranz als Symbol angeblicher westlicher „Menschenrechte“ vor sich her. Dass uns die Selbstbindung an diese Konvention und diese radikale Interpretation dieser sogenannten „Menschenrechten“ gerade selbst zugrunde richtet, ist ihnen egal. Das Eigene hat für die Linksliberalen keinen intrinsischen Wert. Sie sind weder Deutsche, oder Italiener, noch Europäer, sondern begreifen sich als Weltbürger. Sie kennen nur Menschheit und alles darunter interessiert sie nicht. Dass auch das Recht auf Heimat ein Menschenrecht ist, spielt für sie keine Rolle. Für das derzeitige Establishment geht es ums Prinzip. Man will an den eigenen Lebenslügen festhalten und fällt hier auch alles in Trümmer. 

Veraltete Konventionen bremsen

Meloni hat jahrelang für einen radikalen Politikwechsel, für ein Ende der Massenmigration und eine patriotische, volksverbundene, rechte Politik gekämpft. Jetzt wo sie dafür in die Regierung gewählt wurde, ist sie jedoch nicht bereit zu tun, was nötig wäre, um diesen ihren Wählerauftrag zu erfüllen.

Wer trotz aller offensichtlich negativen Folgen bspw. nicht mit der Flüchtlingskonvention oder der EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) brechen will, oder wer das sklavische Befolgen irgendwelcher EU-Vorgaben über das Wohl der eigenen Nation stellt, wer nicht systematisch Pushbacks anwendet und im Falle Italiens alle Migrantenboote wieder konsequent zurück an die afrikanische Küste fährt, wird die Massenmigration nach Europa niemals stoppen. Wer die illegalen Einwanderer hingegen auch noch fürsorglich aufnimmt und umsorgt, sorgt damit für einen enormen Pull-Faktor und in der Folge für weitere Massenmigration. Diese zu stoppen, ist aber die Schicksalsaufgabe Europas im 21. Jahrhundert.

Meloni ist offenbar unfähig, die Notwendigkeiten unserer Zeit zu erkennen und zu feige, die unvermeidlichen Konsequenzen hieraus zu ziehen. Deshalb scheitert sie katastrophal. In Lampedusa zahlt sie, Italien und letztlich ganz Europa momentan den Preis für diese Feigheit. Morgen wird dieser dann vielleicht wieder in Griechenland fällig. So lässt sich die Invasion nicht stoppen. So kann Meloni nur hilflos zuschauen und empörte Reden halten, während die harte Realität über sie hinwegfegt. Sie ist eine hilflose Getriebene, statt selbstbewusste Gestalterin. Weil sie sich nicht zu tun traut, was der Lage entsprechend notwendig wäre. Das Sinnbild des braven, gemäßigten, bürgerlichen, angepassten, liberalkonservativen Politikers.

Eine nicht zu verhandelnde Basis

Begriffe wie „Festung Europa“ und „Remigration“ sind keine leeren Propagandafloskeln. Sie sind vielmehr unhintergehbarer Auftrag, Fundament und zwingende Notwendigkeit einer rechten, volksverbundenen, das europäische Abendland rettenden politischen Wende. Wer dazu aber nicht bereit ist, sollte gar nicht erst in die Politik gehen oder aber sich ehrlich machen und gleich zu den Linken gehen. Denn nichts ist verheerender als politische Blindgänger, die nur so tun, als würden sie Probleme lösen, die nicht halten (können), was sie versprechen, die die Leute hinter die Fichte führen und desillusionieren, indem sie ihnen einen Politikwechsel versprechen, den sie niemals einlösen (wollen).

So wie Meloni müssen zwangsläufig alle sogenannten gemäßigten, bürgerlichen Mitte-rechts-Politiker scheitern. Zu mehr als Symptombekämpfung reicht es nie. Denn es ist unmöglich innerhalb des bestehenden linksliberalen (internationalen) Systems die Probleme zu lösen, die erst aus den Systemzwängen und Unzulänglichkeiten dieses Systems erwachsen sind. So bleibt es ewig bei folgenlosen, populistischen Parolen ohne jede wirkliche politische Konsequenz in Regierungsverantwortung. Die Politik der Linken wird letztlich fortgesetzt, die bürgerliche Rechte verharrt innerhalb des von den Linken geschaffenen systemischen Rahmens und ist damit von Beginn an paralysiert. Sie ist automatisch zum Scheitern verurteilt und muss sich mit symbolischen Gesten begnügen.

Nur eine Rechte, die gewillt ist, mit den linken Fehlern und Irrtümern der Vergangenheit aufzuräumen, die bereit ist, frei zu denken und neue Wege zu beschreiten, die sich über die Grundsätze und Selbstverständlichkeiten der linksliberalen Ordnung hinwegzusetzen, um an deren statt eine neue, bessere zu setzen, nur eine Rechte, die bereit ist, zu tun, was notwendig ist, um die bestehenden Probleme im Sinne der eigenen politischen Überzeugungen zu lösen, wird tatsächlich etwas verändern und ihrer historischen Aufgabe gerecht werden können.

Demokratisch zum Ziel

Dass dies sehr wohl auch auf ganz normalem, demokratischem Wege, innerhalb der jeweiligen verfassungsmäßigen Ordnung möglich ist und auch überhaupt nur so akzeptabel vonstattengehen kann, ist eine Selbstverständlichkeit. Dass auch derartige grundsätzliche politische Veränderungen legal möglich sind, ist ja geradezu konstitutiv für eine Demokratie. Wo dies hingegen nicht mehr möglich ist und man nur noch über wenig Relevantes Kleinklein diskutieren und abstimmen darf, herrscht keine Demokratie.

Klar ist aber auch, dass eine solche Rechte, eben weil sie tatsächlich etwas grundlegend und nachhaltig verändern will und sich nicht mit folgenlosen Reden und oberflächlichen Korrekturen begnügt, eine wirkliche Gefahr für das linksliberale Establishment darstellt. Und aus eben diesem Grund wird sie vom bestehenden System besonders unnachsichtig bekämpft und als vermeintliche Extremisten gebrandmarkt und verfolgt.

Denn das herrschende linksliberale Establishment setzt sich bekanntlich selbst mit der Demokratie gleich. Die Blockparteien in der Bundesrepublik bspw. bezeichnen sich selbst als „die demokratischen Parteien/Fraktionen“, um sich damit gegen die demgegenüber angeblich „undemokratische“ Opposition abzugrenzen. Diese lassen die selbsternannten „Demokraten“ derweil vom als „Verfassungsschutz“ bezeichneten weisungsgebundenen Inlandsgeheimdienst bespitzeln und diffamieren, wie einst die Stasi als Instrument der SED in der ebenfalls selbsternannten Deutschen „Demokratischen“ Republik – womit sich der Kreis schließt. Somit ist nach ihrer Definition jeder Antidemokrat, der sich anschickt, ihre Macht und Ideologie infrage zu stellen. Auch dann, wenn dies völlig demokratisch, friedlich und legal passiert. Eine wirkliche politische Veränderung ist in ihrem linken Demokratieverständnis nicht vorgesehen.

Der Kampf um den Diskursraum

Aber das ist Politik. Politik ist Kampf. Politik bedeutet harte Auseinandersetzung und das Ringen um fundamentale weltanschauliche Fragen. Selbstverständlich werden die herrschenden linksliberalen Machteliten und ihre ideologischen Kader nicht einfach so kampflos zuschauen, wie wir ihre Macht infrage stellen und erfolgreich gegen sie mobilisieren und Alternativen aufzeigen.

Doch es ist und bleibt der einzige Weg, der zu einem echten Sieg führt. Nur so gelingt die politische Wende. Nur so kann wirklich etwas grundlegend zum Besseren verändert werden. Eine erfolgreiche politische Rechte ist entweder grundsätzlich, oder sie ist nichts. Und nur aus dem Versprechen grundsätzlicher Veränderungen zieht sie ihre Legitimation. Genau das muss ihr großes Versprechen sein. Aus dem Scheitern der gemäßigten Rechtsparteien in Regierungsverantwortung in Europa lernen wir hingegen, wie es nicht geht.

Mit dem selbstzerstörerischen, antinationalen und Realität verleugnenden Linksliberalismus gibt es keine Kompromisse und keinen gangbaren Mittelweg. Denn die politischen Ziele sind vollkommen gegensätzlich. Entweder werden wir ihn überwinden, oder dieser wird uns, Deutschland und Europa überwinden. Denn auf nichts weniger läuft die Politik des linksliberalen Establishments und ihr über Jahrzehnte implementiertes Regelwerk hinaus – auf die vollständige Abschaffung des historisch gewachsenen Europas, seiner Nationen, Völker, Kulturen und Identitäten, bis hin zur Dualität der Geschlechter und der Geschlechtlichkeit selbst und damit den Grundfesten des menschlichen Seins. Das ist es, worum es in diesem politischen Kampf in letzter Konsequenz geht. Das dürfen wir nie vergessen. Aber das Wissen darum gibt auch Kraft und Motivation.


Zur Person:

Fabian Küble, 29 Jahre, kommt aus Baden-Württemberg und lebt in Sachsen. Er hat Politikwissenschaften studiert und ist stellvertretender Landesvorsitzender der JA Sachsen sowie Mitglied im JA-Bundesvorstand.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.

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