Gefährderansprache wegen falscher Meinung: Der Ausverkauf der Pädagogik hat begonnen

Der Polizeieinsatz an einer Schule wegen eines AfD-freundlichen Videos, das eine 16-jährige Schülerin auf Tiktok geteilt hatte, sorgt weiter für Diskussionen. In seinem offenen Brief kritisiert Julian Marius Plutz den Schulleiter, der die Polizei alarmiert hatte.

Kommentar von
18.3.2024
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3 Minuten Lesezeit
Gefährderansprache wegen falscher Meinung: Der Ausverkauf der Pädagogik hat begonnen
Schule (Symbolbild)© IMAGO / Funke Foto Services

Sehr geehrter Herr Schulleiter,

ich möchte Ihnen „Danke“ sagen. Danke, dass Sie den Kampf gegen Rechts an Ihrer Schule so ernst nehmen. Danke, dass Sie den Worten von Verfassungsschutzpräsident Haldenwang mit Taten füllen, auch Vergehen „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ zu ahnden. Sie sind die Speerspitze gegen Rechts, ähnlich wie die Omas gegen Rechts, die Podologen gegen Rechts und die Ornithologen gegen Rechts.

Es war ein kurzes Video, das die 16-jährige Loretta auf ihrem Handy gespeichert hatte, welches fast zur Machtergreifung führte. Aber Sie haben reagiert. Sie haben das gemacht, was Stauffenberg gemacht hat: Widerstand, auch wenn es weh tut. Sie haben Courage bewiesen, in einer Schule, die für Zivilcourage steht. Danke, Herr Schulleiter, dass Sie Loretta von der Polizei haben abholen lassen. Denn das Video hatte es in sich:

„Die Schlümpfe und Deutschland haben etwas gemeinsam. Die Schlümpfe sind blau und Deutschland auch“, heißt es in dem musikalisch untermalten Clip, ehe die Umfragewerte der AfD eingeblendet wurden. Da muss man hineingrätschen wie weiland Jürgen Kohler und mit dem Repressionsapparat drohen. So geschah es auch, und zwar völlig zurecht. Loretta bekam es mit einer Gefährderansprache zu tun.

Alles, was nicht links ist, ist menschenfeindlich

Eine Gefährderansprache ist eine Maßnahme zur Verhütung oder vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten. Ein potenzieller Gefahrenverursacher wird ermahnt, Störungen der öffentlichen Sicherheit zu unterlassen. Ziel ist es, eine bestimmte Person dazu zu veranlassen, sich von einer bestimmten Aktion fernzuhalten; insbesondere sich nicht an Straftaten zu beteiligen. Die Polizei signalisiert dem Adressaten damit, dass sie eine konkrete Gefährdungslage erkannt haben will. Unjuristisch gesagt: Der Staat zeigt seine Muskeln. Er macht deutlich, wozu er in der Lage ist, obwohl noch nichts passiert ist. „Zeichen setzen“ würde Stefan Effenberg sagen.

Und es ist richtig, lieber Herr Schulleiter, liebe Behörden, dass eine 16-Jährige, die ein AfD-nahes Video besitzt, eine potenzielle Gefahr darstellt. Wer kennt sie nicht, die Jugendlichen, die gerade in Millionenstärke auf die Straße gehen, um für die blaue Machtergreifung zu stehen?

Fernab der Ironie: Lieber Herr Schulleiter, Sie sind eine Enttäuschung für den Berufsstand der Pädagogen. Lehrer sollten Kindern zu einem selbstbewussten Leben verhelfen. Ein Leben, in dem sie frei wählen können, welche Interessen sie vertreten. Ein Leben, in dem Jugendliche keine Scheu haben, ihre Meinung zu äußern. Und vielleicht ein Leben, in dem alles, was nicht links ist, nicht sofort als menschenfeindlich bezeichnet wird.

Sie schüchtern Ihre Schüler ein!

Lehrer, die den Repressionsapparat des Staates nutzen müssen, weil sie pädagogisch und menschlich versagt haben, sollten ihren Beruf wechseln. Im Sinne der linken Hegemonie sitzen sie jedoch goldrichtig: Sie führen das aus, was die herrschende Klasse möchte. Sie sind die nützlichen Idioten, eine Agenda durchzusetzen, die am Ende die Abschaffung des Verstandes mit sich trägt. Sie sind die Steigbügelhalter der Mächtigen, die zwischen Postliberalismus und Transhumanismus nur noch Totalitarismus sehen.

Lieber Herr Schulleiter, ich war auch mal Schüler. Einst musste ich eine Schule nicht ganz unfreiwillig verlassen. Ich war schwierig, vorlaut, unhöflich, rüpelhaft, ungehobelt, rotzfrech und dummdreist. Und dennoch wäre kein Lehrer auf die Idee gekommen, meinetwegen die Polizei zu rufen. Und glauben Sie mir, Sie hätten triftigere Gründe gehabt als ein Video mit Schlümpfen.

Und was tun Sie? Sie evozieren mit dem Fall eine Sichtbarkeit, die auf das Wort „Einschüchterung“ hört. Sie zeigen allen 16-Jährigen, die nicht links sind, dass sie falsch denken. Wenn es laut Adorno kein richtiges Leben im Falschen gibt, dann frage ich mich, weshalb Sie die einst hochgehaltenen Werte der Aufklärung so wenig ernst nehmen. Meinungsfreiheit beginnt exakt in dem Moment, in dem die Meinung des anderen nicht mehr die eigene ist. Sie haben gezeigt, lieber Herr Schulleiter, dass Sie dazu nicht in der Lage sind. Sie sind kein Lehrer, Sie sind ein Pauker. Ihre Schule ist keine Schule, sondern ein Zuchthaus.

Wir können uns diese Pädagogen nicht leisten

In einem Zuchthaus werden Kinder nicht erzogen, sondern gezüchtet. Wie der Züchter seine Hunde züchtet oder ein Gärtner seine Tomaten. Eine Gesellschaft mit solchen Pädagogen muss sich fürchten. Wenn Taten „unterhalb der Strafbarkeitsgrenze“ vom Repressionsapparat bestraft werden, muss sich diese Gesellschaft fragen, wie weit sie den linken Totalitarismus noch dulden will. Möchte eine Gesellschaft Lehrer, die Zuchtmeister sind und Schüler, die vor Schulleitern Angst haben müssen, dass sie die Polizei rufen, weil eine 16-Jährige falsch denkt?

Diesen Eindruck, lieber Herr Schulleiter, vermitteln Sie. Das Böse ist die Abwesenheit von Empathie. Ich glaube, Sie und viele Ihres Schlages sind böse, weil sie nicht empathisch sind. Und sie sind gefährlich, weil sie Macht über Kinder haben. Dieses Land darf sich Menschen wie Sie in dieser Position nicht leisten.

Herzlichst,

Ihr Julian Marius Plutz


Zur Person:

Julian Marius Plutz, 1987 geboren, ist freier Journalist und schreibt unter anderem für die Achse des Guten, TheGermanZ und die Jüdische Rundschau.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.