Die Rentenfrage der Boomer – Wer geht leer aus?
Kaum ein anderes Thema spaltet das rechte Lager so sehr wie die Rentenfrage. Felix Wolf fordert eine radikale Neuordnung des Systems, das seiner Meinung nach kurz vor dem Kollaps steht.
Darüber, dass das derzeitige Rentensystem in Deutschland grundsätzlich umgekrempelt werden muss, sind sich zahlreiche Beobachter und Experten einig.
© IMAGO / NurPhotoDie Rentendebatte spaltet inzwischen erhebliche Teile des rechten Lagers in der Frage nach dem Umgang mit dieser Thematik. Sie ist ein heißes Eisen, an welches niemand so richtig rangehen möchte. Es wird viel versprochen, während sich gleichzeitig das Problem nach der Möglichkeit der Finanzierung stellt. Der Generationenkonflikt Boomer versus Zoomer stellt die konkrete Frage nach einem Interessensver- und ausgleich und nach dem Bestand der erworbenen Rentenansprüche gegenüber der Perspektive für junge Leute. Wann diese ins Rentenalter eintreten werden und wie der ungeschriebene Generationenvertrag mit der Perspektive, womöglich gar nicht mehr selbst eine staatliche Rente zu erhalten, noch vereinbar ist.
Ein Kostenmonster wächst
Der Status quo der gesetzlichen Rente ist denkbar schlecht: 408 Milliarden Euro kostete die Rente Deutschland 2024. Tendenz stark steigend. So waren es 2023 noch 380 Milliarden Euro, wovon 340 Milliarden für die Rente selbst, 40 Milliarden jedoch bloß als Verwaltungskosten dieser anfielen. Die Gesamteinnahmen des Staates betrugen 2024 2,02 Billionen Euro. Daraus ergibt sich circa eine Quote von 20 Prozent unserer gesamten Einnahmen jährlich, die ausschließlich zur Deckung und Verwaltung der Rente anfallen. Dabei wird die Rente heute schon jährlich mit etwa 130 Milliarden aus Steuermitteln bezuschusst, um das Rentenniveau von 48 Prozent zu halten.
Daraus wird offensichtlich, wie prekär die Lage des Rentensystems bereits ist. Jedes Prozent an Erhöhung des Rentenniveaus ist bereits jetzt mit Milliarden an Kosten verbunden, und in Zukunft wird sich zudem auch das Verhältnis von Beitragszahlern zu Beitragsempfängern weiterhin drastisch verschlechtern. Die Folge: mehr Steuerzuschuss bei gleichzeitig weniger Steuer- und Renteneinnahmen.
Bis 2036 werden voraussichtlich 19,5 Millionen (!) Babyboomer in Rente gehen, und es ist offensichtlich, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht annähernd dieselbe Anzahl an Arbeitskräften in den Markt kommen wird, um das abfangen zu können. Die Folge der niedrigen Geburtenraten wird dadurch zur existenziellen Bedrohung des derzeitigen Sozialstaats und wird auch die Rentenhöhe der Boomer zur Disposition stellen – und das ganz unabhängig des erworbenen Anspruchs, denn dieser muss am Ende des Tages auch von irgendwem bezahlt werden. Eine simple Schuldeneskalation zur Symptomaufschiebung wird die Lage nicht mal stabilisieren, sie wird sie in kurzfristigem Abstand zusätzlich verschärfen.
Wenn die Babyboomer in Rente gehen
Die entscheidende Frage ist, wie man das Problem so abfangen kann, dass die Gesellschaft nicht am Sozialstaat zu Grunde geht und natürlich, ob es überhaupt möglich ist und in welchem Umfang, die Rente gegebenenfalls noch zu erhöhen oder nicht zu kürzen. Wenn man sich dazu die derzeitigen Staatsausgaben anschaut und die bereits sinkenden Steuereinnahmen, wird klar, dass auch Schönheitskorrekturen bei Sozialausgaben, Bürgergeld und Migration selbst in zweistelliger Milliardenhöhe hier wohl nicht den langfristigen Ausschlag geben können. Allein die Mehrkosten von 2023 zu 2024 haben 28 Milliarden Euro betragen (nicht alles davon aus Steuermitteln), aber der Trend ist eindeutig: Die Rentenkosten werden steigen und die Quersubvention wird zunehmen.
Reform oder Zusammenbruch
Nachdem man diesen Zustand betrachtet und analysiert hat, sollte jedem bewusst sein, dass das Renteneintrittsalter temporär steigen muss, um nicht zum sofortigen Kollaps des Systems zu führen und dass dieses System nicht mehr nachhaltig ist und damit im Rahmen des Generationenvertrags grundlegend auch nicht sinnvoll beziehungsweise zweckdienlich. Wir brauchen folglich eine starke kapitalgedeckte Komponente im Rentensystem, eine Verknüpfung der Rentenhöhe mit der Anzahl der eigenen Kinder und dennoch benötigen wir zusätzlich eine wesentlich privatere Vorsorge als bisher.
Das Rentensystem, wie es derzeit ist, muss massiv zurück- und umgebaut werden, und von der Umlage hin zur tatsächlichen Vorsorge konzipiert werden. Und dies so, dass sich der Staat zu einem hohen Anteil aus dem strukturellen Aufbau herausnimmt. Diese könnte beispielsweise so aussehen: Basissatz + Kindersatz + privater Anteil. So wird sofort klar: Wer keine Kinder bekommt, muss mehr Eigenvorsorge leisten, um später vergleichbare Rentenhöhen zu bekommen wie Menschen mit Kindern. Diese haben allerdings auch sehr viel einfachere Umstände, weshalb es durchaus ausgeglichene Umstände wären. Über die Feinheiten dazu lässt sich streiten. Darüber, dass das System grundsätzlich umgekrempelt werden muss, definitiv nicht.