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Die AfD nach der ID-Mitgliedschaft – neue Partner und neue Fraktion?

Kurz vor den Europawahlen am 9. Juni wurde die AfD aus der ID-Fraktion ausgeschlossen. Im ersten Teil seiner Analyse für FREILICH zeichnete Marvin Mergard nach, welche Möglichkeiten die AfD nach dem Ausschluss hat. Auf eine Möglichkeit, nämlich die Bildung einer weiteren rechten Fraktion, geht er im zweiten Teil seiner Analyse näher ein.

Analyse von
28.5.2024
/
9 Minuten Lesezeit
Die AfD nach der ID-Mitgliedschaft – neue Partner und neue Fraktion?

Nach der Wahl am 9. Juni wird sich zeigen, wie es für die AfD und die ID-Fraktion weitergeht.

© IMAGO / Michael Kneffel

Im ersten Teil der Analyse wurden die Gründe für den Rauswurf der AfD aus der ID-Fraktion erläutert und daraus folgende Handlungsmöglichkeiten aufgegriffen. Der letzte Punkt, die Gründung einer eigenen Fraktion und damit die Verhinderung der Fraktionslosigkeit in der nächsten Legislaturperiode, soll nun vertieft werden. Welche Partner stehen der AfD zur Verfügung und wie realistisch ist dieses Szenario?

Im Laufe der letzten Jahre haben sich weitere jüngere, vitale, überwiegend osteuropäische Rechtsparteien in verschiedenen Nationen etabliert, die bisher nicht Teil des Europäischen Parlaments oder bisher fraktionslos geblieben sind. Aus diesem Fundus schien Maximilian Krah sein Konzept der „ID-Plus“ aufzubauen, gleichwohl er zu keinem Zeitpunkt dieses „Plus“ konkretisiert hat und ein größerer Interpretationsspielraum vorhanden bleibt.

Das Projekt „ID-Plus“ und die „Budapester Deklaration für ein freies Europa der Nationen“

Inzwischen steht die AfD außerhalb der ID und es ist nicht zu erwarten, dass die AfD wieder Teil der ID wird und das „Plus“ noch in die Konzeption der jetzigen ID-Fraktion passt. Daher steht für die AfD die Option im Raum, gerade diese Parteien, die bereits im Näheverhältnis zur ID stehen oder standen, für eine alternative Fraktion zu sammeln.

Manche dieser Parteien haben sich bereits im Herbst letzten Jahres getroffen, vernetzt und die gemeinsame „Budapester Deklaration für ein freies Europa der Nationen“ unterzeichnet. Bereits zu dem Zeitpunkt bildete sich ein kleines Netzwerk verschiedener souveränistischer und anti-globalistischer Parteien. Ein Blick auf die aussichtsreichen Parteien, die möglicherweise in das Europäische Parlament einziehen könnten, ist daher empfehlenswert.

Mi Hazánk Mozgalom

Die ungarische Mi Hazánk Mozgalom (deutsch: Unsere-Heimat-Bewegung) war nicht nur Gastgeber für die Zusammenkunft in Budapest; die Mi Hazánk ist zugleich die aufstrebende Partei rechts der Fidesz von Viktor Orbán. Sie wurde 2018 gegründet und verpasste im Folgejahr den Einzug in das Europäische Parlament. Seit ihrem Erfolg bei der Parlamentswahl 2022, bei der sie mit sechs Abgeordneten ihren erstmaligen größeren Wahlerfolg erreichen konnte, kann die Mi Hazánk stets auf stabile Umfragewerte blicken. Ihr wird bei der anstehenden Europawahl ein Ergebnis von vier bis sechs Prozent prognostiziert, was knapp für die Überschreitung der Fünf-Prozent-Sperrklausel und damit für ein Mandat reichen könnte.

Für die AfD war und ist Viktor Orbán ein Vorbild und aus den Reihen der AfD hat man sich bisher gewünscht, dass ein Zusammenkommen mit seiner Fidesz über kurz oder lang möglich werden würde. Allerdings blieben die Fidesz-Abgeordneten im Europaparlament nach dem Rauswurf aus der christdemokratischen EVP-Fraktion fraktionslos und schlossen sich weder der EKR noch der ID an. Da die Fidesz aufgrund zwischenstaatlicher Beziehungen nicht mit der AfD zusammenarbeiten kann oder will, wie Viktor Orbán dies bereits in einem Interview mit der Budapester Zeitung im Oktober 2022 klarstellte, sollte der Blick auf andere ungarische Partner offen bleiben.

Da beispielsweise Petr Bystron bereits beim diesjährigen Jahresauftakt der Mi Hazánk als Gastredner auftrat, der bisherige EU-Abgeordnete Guido Reil die Vizepräsidentin für die Mi Hazánk im ungarischen Parlament Dúró Dóra traf und Maximilian Krah in einem Interview für ein ungarisches Medium die Mi Hazánk als Partei der Jungwähler und der Zukunft bezeichnet hat und vorsichtige Sympathien durchblicken lässt, scheint die AfD sich des möglichen Alternativpartners neben der Fidesz bewusst zu sein.

Wasraschdane

Neben der ungarischen Mi Hazánk ist die bulgarische Wasraschdane (deutsch: Wiedergeburt) eine ebenso aufstrebende junge Partei, die ein wichtiger Faktor für die Neusortierung der politischen Rechten in Europa sein kann. Während die bulgarischen Rechtsparteien in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten häufig zersplitterten und viele dieser Parteien nur kurzzeitige Wahlerfolge verbuchen konnten, steht die Wasraschdane seit ihrer Gründung im Jahre 2014 für eine Konsolidierung des politischen Spektrums rechts der Mitte. Seit ihrem ersten Antritt zu einer Parlamentswahl im Jahr 2017 konnte die Wasraschdane bis einschließlich zur Wahl im letzten Jahr nur neue Wahlerfolge erringen. 2023 erreichte sie rund 13,6 Prozent und zog als drittstärkste Partei in das „Narodno Sabranie“ (deutsch: Nationalversammlung) ein.

In den Umfragen zur Europawahl wird ein Ergebnis zwischen 12 und 15 Prozent und damit der Einzug von zwei bis drei Abgeordneten erwartet. Auch zur Wasraschdane bestehen bereits vorsichtige Kontakte. So trat der Parteivorsitzende Kostadin Kostadinow auf dem AfD-Bundesparteitag zur Europawahl als Gastredner auf. In dieser tiefgreifenden, auf die Geschichte rekurrierenden Rede zeigte sich Kostadinow offen für die AfD und bekräftigte die wichtige Rolle Deutschlands in Europa.

Wie bereits im vorangegangenen Artikel erwähnt, war die Wasraschdane bereits kurzzeitiges Mitglied der ID-Partei. Allerdings dürfte die Wasraschdane mit ihrer klaren Absage gegen das Establishment nicht zur bisher RN-dominierten ID gepasst haben. Anhand der Annäherung an die AfD und der auf Twitter veröffentlichten Solidarisierung mit der AfD und dem Vorschlag einer gemeinsamen Fraktion wird ersichtlich, dass auch die Wasraschdane darum bemüht ist, geeignete Partner auf dem europäischen Parkett zu finden.

Forum voor Democratie

Das niederländischen Forum voor Democratie gründete sich 2016 als Alternative zur Partei Partij voor de Vrijheid von Geert Wilders. Da Geert Wilders vermutlich den RN-Kurs in der ID mitträgt, ist auch der Blick auf andere Partner im westlichen Nachbarland von wichtiger Bedeutung.

Da in den Niederlanden keine Prozentbeschränkungen bei nationalen Wahlen vorhanden sind, kann selbst die kleinere Rechtspartei FvD seit 2017 durchgängig neben der PVV mit kleineren Wahlerfolgen auf sich aufmerksam machen. Vor allem 2019 befand sich das FvD in einer Hochphase, die jedoch zwischenzeitlich wieder abgeklungen ist. Nichtsdestoweniger ist ein Ergebnis von rund drei Prozent zur Europawahl, die zur Erringung eines Mandats notwendig sind, laut derzeitigen Umfragen ein mögliches Szenario.

Auch das FvD und ihr Vorsitzender Thierry Baudet unterhalten vor allem zur Mi Hazánk enge Kontakte und unterzeichneten im vergangenen Jahr die Budapester Deklaration. Sie sehen sich als Teil einer souveränistischen und anti-globalistischen Bewegung in Europa, die mit der nächsten Legislaturperiode im EU-Parlament in Form einer Fraktion wirkmächtig werden könnte.

Weitere rechte Parteien

Konfederacja

Neben den Parteien, die sich unter der Budapester Deklaration zusammengefunden haben, gibt es einen größeren Fundus weiterer möglicher Partnerparteien, wie beispielsweise die Konfederacja. Hierbei handelt es sich um einen heterogenen Zusammenschluss verschiedener rechter und libertärer Parteien und Organisationen in Polen. Diese Zusammensetzung diverser Strömungen macht die Konfederacja zu einer der dynamischsten europäischen Rechtsparteien, die auf der Suche nach einer geeigneten Fraktion ist.

Die vor allem bei Jungwählern außerordentlich beliebte Partei konnte bei der Wahl zum Sejm im letzten Jahr 18 Abgeordnete entsenden und dürfte nach derzeitigen Umfragewerten zwischen acht und zehn Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen. Dies könnte drei bis fünf Abgeordnete für die 2018 gegründete Partei bedeuten.

Auch zu dieser Partei bestehen seit langem Kontakte seitens der AfD und der ID. So traf sich eine ID-Delegation – bei der auch Vertreter der AfD zugegen waren – Ende letzten Jahres mit der Konfederacja. Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré trat bereits 2019 bei einer Wahlparty der Konfederacja auf, der AfD-Europakandidat Tomasz Froelich empfahl bei der Sejm-Wahl im letzten Jahr die Konfederacja zu unterstützen und Vertreter der Jungen Alternative wurden im Sejm von Vertretern der Konfederacja empfangen. Kurzum: Der gegenseitige Austausch, auch über die Grenzen der historisch belasteten nationalen Befindlichkeiten hinweg, fand und findet zwischen deutschen und polnischen Rechten, vor allem zwischen AfD und Konfederacja statt.

S.O.S. România

Bei der rumänischen SOS-RO handelt es sich um eine rechte Alternative zur erfolgreichen rechten Konkurrenzpartei Alianța pentru Unirea Românilor (Deutsch: Allianz für die Vereinigung der Rumänen). Während sich die AUR der EKR angeschlossen hat, erklärte die SOS-RO im Oktober 2023 nach der Europawahl, der ID beizutreten. Ob die SOS-RO den Mittekurs von Le Pen unterstützen würde, ist jedoch fraglich. Wahrscheinlicher wäre eine Neuorientierung hin zu einer alternativen rechten Fraktion. Dafür müsste ihr allerdings der Einzug gelingen. Verschiedene Institute, die traditionell stark voneinander abweichende Umfragewerte ausweisen, bescheiden SOS-RO in den letzten Monaten von zwei bis sechs Prozent, wobei in Rumänien eine Fünf-Prozent-Sperrklausel vorhanden ist.

NIKI

Die Dimokratikó Patriotikó Kínima – Níki (Deutsch: Demokratische Patriotische Bewegung – Sieg) ist eine Mitte 2019 gegründete Partei in Griechenland. Sie konnte innerhalb des fragmentierten rechten Parteienspektrums im vergangenen Jahr ihren knappen erstmaligen Parlamentseinzug verbuchen. Die Umfragewerte pendeln für die christlich-rechtskonservative Partei zwischen drei bis vier Prozent. Auch hier ist fraglich, ob am Wahltag die Hürde zur Erreichung eines Mandats übersprungen wird. Diese liegt in etwa bei 4,5 Prozent und die Zersplitterung in vielen verschiedenen rechten Parteien könnte sie den Einzug kosten.

Hnutie Republika

Die slowakische Republika ist eine 2021 gegründete Abspaltung von ehemaligen Mitgliedern der radikal-rechten Partei L'SNS, die den radikalen Kurs nicht mittragen wollten. Während zweitere Partei in die politische Bedeutungslosigkeit versunken ist und bei der Parlamentswahl im September 2023 lediglich rund 0,8 Prozent erreichte, hat die Republika mit rund 4,8 Prozent nur knapp den Eintritt ins Parlament verpasst. Dennoch ein Achtungserfolg für diese junge Partei, die bei der anstehenden Europawahl vermutlich ihr Ergebnis verdoppeln dürfte. Derzeit werden ihr Werte zwischen acht und 12 Prozent und damit zwei bis drei Mandate zugesprochen, was sie zur drittstärksten slowakischen Partei aufsteigen lassen könnte.

Bisher bestehen beispielsweise Kontakte zur polnischen Konfederacja. So traf sich der Republika-Vorsitzende mit den Spitzenfunktionären der Konfederacja und der Sejm-Abgeordnete Roman Fritz empfahl vor wenigen Tagen den Slowaken die Wahl der Republika zur Europawahl.

Domovinski pokret

Ein unsicherer, jedoch möglicher Partner könnte der kroatische Domovinski pokret (Deutsch: Heimatbewegung) sein. Auch diese Partei zeichnet sich durch ihre Gründung im Februar 2020 durch eine junge Parteiengeschichte aus und doch schaffte sie es bei der Parlamentswahl im April dieses Jahres nicht nur ihre elf Abgeordneten erneut in das Nationalparlament zu entsenden, sondern bildet seit dem 18. Mai mit der christdemokratischen HDZ eine Koalitionsregierung.

Ob sich die DP in dieser Konstellation für eine neue, dem Establishment entfernt positionierte Fraktion anschließen könnte, ist keine ausgemachte Sache. Allerdings sollen Vertreter der DP gute Kontakte zur Mi Hazánk pflegen. Ob dies für eine vertiefende Zusammenarbeit ausreicht? Bisher plante die DP den Beitritt zur ID, aber ob diese Absichtserklärung vom letzten Jahr auch noch nach der Wahl besteht?

Sollte die DP den Schritt wagen, könnte sie mit ihren derzeitigen Umfragewerten um sieben Prozent auf einen, vielleicht sogar auf einen zweiten Abgeordneten hoffen.

Abweichler aus der EKR?

Reconquête

Die 2021 gegründete französische Reconquête von Éric Zemmour wird nachgesagt, rechts von Marine Le Pens Rassemblement National zu stehen. Dennoch trat die Reconquête im Februar dieses Jahres der EKR bei und sicherte sich den Anschluss an die europäischen Rechte außerhalb der ID, die aufgrund der innerfranzösischen Konkurrenzsituation keine Option dargestellt hätte.

Dennoch stellt sich die Frage, wie die Reconquête weiter verfahren möchte, wenn sie als Teil einer Koalition unter Ursula von der Leyen enden könnte. Wird die Partei diesen Weg mitgehen? Wird sie ein neues Kapitel beginnen und sich einer neuen rechten Fraktion anschließen, die sich nicht zum Bettvorleger des Establishments machen möchte?

In jedem Fall ist davon auszugehen, dass die Partei von Zemmour den Einzug ins EU-Parlament schaffen sollte. Ihre Umfragewerte schwanken zwischen 5,5 und sieben Prozent, was etwa fünf bis sechs Abgeordnete ermöglichen könnte.

Alianța pentru Unirea Românilor

Wie bereits zuvor beschrieben, ist die AUR eine erfolgreiche Rechtspartei in Rumänien. Allerdings bildete sich gleich der Reconquête der rechte Flügel der EKR und dieser könnte durch die Mitte-Rechts-Koalition unter christdemokratischer Führung abgestoßen werden. Sollte darüber hinaus der SOS-RO der Einzug in das Europaparlament misslingen, könnte die AUR nach neuen Partnern Ausschau halten. Vielleicht wäre das die Chance, eine neue Fraktion um einen größeren Partner zu erweitern.

Derzeit schwanken die Umfragewerte für die AUR erheblich zwischen 17 und 34 Prozent. Letzterer Wert könnte die AUR zur stärksten Partei machen, noch vor dem Wahlbündnis aus Sozialdemokraten und Nationalliberalen. Bei einem Mittelwert von etwa 25 Prozent wären rund neun bis zehn Mandate möglich.

Die Gegenstimmen zum AfD-Ausschluss

EKRE und FPÖ

Sowohl die estnische Eesti Konservatiivne Rahvaerakond (Deutsch: Estnische Konservative Volkspartei) als auch die Freiheitlichen stimmten gegen den Ausschluss der AfD-Delegation aus der ID-Fraktion. Dieses Abstimmungsverhalten könnte ein Indiz dafür sein, dass diese beiden erfolgreichen rechten Parteien dem Le-Pen-Kurs kritisch gegenüberstehen. Sollte die Annäherung an die EKR zu einer Verschmelzung beider Fraktionen oder zu einer Teilübernahme einiger Mitglieder der ID in die EKR führen, könnten sich diese genötigt sehen, die Reißleine zu ziehen und sich neu zu sortieren.

Besonders spannend: Während FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky einen EU-Kommissar für „Remigration“ fordert, positionierte sich der RN entschieden gegen die Forderung nach Remigration. Wie lange kann dieser inhaltliche Dissens durch gemeinsame Interessen ignoriert werden? Kann die FPÖ mit dem RN auf einen Partner bauen, mit dem die Durchsetzung gemeinsamer Ziele möglich ist, wenn die weltanschaulichen Unterschiede deutlicher zu werden drohen?

Da die EKRE vermutlich mit einem und die FPÖ mit fünf bis sechs Abgeordneten einziehen dürften, könnte die weitere Entwicklung der ID und die mögliche Implosion (oder vollkommene Neustrukturierung ohne den RN) neue Chancen im politischen Spektrum rechts der Mitte ermöglichen.

Des Weiteren kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich aus der EKR, Teilen der ID um Le Pen und die bisher fraktionslose Fidesz eine neue Fraktion bildet. Wenn dieser Fall eintreten sollte, könnten die Teile der ID, die sich nicht dem Mittekurs von Le Pen unterordnen möchten und die ID erhalten wollen, mit den zuvor genannten Parteien die ID neu formieren oder eine neue Fraktion gründen. Ob nun der Name „Identität und Demokratie“ erhalten bliebe oder die Fraktion einen neuen Namen erhalten würde: Es wäre nicht mehr die ID, wie sie in der vergangenen Legislaturperiode unter der Führung der RN bestand. Der Zusammenschluss wäre dynamischer und stünde deutlicher außerhalb des Brüsseler Establishments.

Fazit

Im ersten Teil zur Causa „Die AfD nach der ID-Mitgliedschaft“ wurden bereits die Regularien für die Bildung einer Fraktion dargelegt. Mindestens 23 Abgeordnete aus sieben verschiedenen Ländern sind erforderlich und anhand der Ausführungen der einzelnen Parteien stellt sich die abschließende Frage:
Können diese Anforderungen erfüllt werden? Wie realistisch ist die Gründung einer Fraktion neben der ID?

Bei einer eher konservativen Schätzung, ohne Einbezug der derzeitigen zuvor genannten EKR- und ID-Parteien, könnte sich folgendes Ergebnis nach der Wahl einstellen:

15 Abgeordnete für die AfD

3 Abgeordnete für die Konfederacja

2 Abgeordnete für die Wasraschdane

2 Abgeordnete für die Republika

1 Abgeordneter für die Mi Hazánk

1 Abgeordneter für das FvD

1 Abgeordneter für die SOS-RO

1 Abgeordneter für die NIKI

1 Abgeordneter für die Domovinski pokret

Dies würde 27 Mandate aus neun verschiedenen Ländern bedeuten und knapp für die Fraktionsgründung genügen. Allerdings können durch den Wegfall einzelner Parteien, die den Einzug verpassen oder als für die Fraktion untauglich eingestuft werden, schnell die erforderlichen sieben Landesdelegationen fehlen, wenngleich die Mindestanzahl von 23 Abgeordneten vermutlich erreicht werden dürfte.

Doch selbst wenn dies nicht unmittelbar nach der Europawahl möglich werden sollte, könnte die Entwicklung zwischen EVP und EKR, aber auch zwischen EKR und ID für Fliehkräfte sorgen, sodass sich manch eine heutige EKR- oder ID-Mitgliedspartei oder einzelne Abgeordnete zu einer dezidiert souveränistischen, anti-globalistischen Fraktion außerhalb des Establishments umorientieren. Da Marine Le Pen am vergangenen Samstag Giorgia Meloni die Hand für eine gemeinsame Fraktion reichte, sind diese zukünftigen Fliehkräfte nicht unwahrscheinlich.

Fakt ist, dass die Entwicklungen im gesamten Spektrum rechts der Mitte im EU-Parlament spannender werden könnten als die eigentliche Wahl Anfang Juni. Ob am Ende eine weitere rechte Fraktion gegründet wird oder die ID beerbt? Diese Frage kann frühestens nach der Feststellung der endgültigen Wahlergebnisse beantwortet werden – vielleicht aber auch erst Monate danach.


Zur Person:

Marvin Mergard, Jahrgang 1994, betreibt den Blog Vera Europa. Dort setzt er sich mit der politischen Rechten in Europa und der europapolitischen Lage aus rechter Perspektive auseinander.

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