Dresden: Reclam Verlag untersagt Kulturlesung, weil „Rechte“ teilnehmen

Nach Angaben der Veranstalter sollen unter anderem Arnold Vaatz, Antje Hermenau und Uwe Steimle aus den Texten lesen, was auch der Grund für die Entscheidung des Reclam Verlags gewesen sei.

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Dresden: Reclam Verlag untersagt Kulturlesung, weil „Rechte“ teilnehmen
© IMAGO / Christian Grube

Dresden. – Eine für den 9. November im Dresdner Landhaus von der Stadtratsfraktion der Freien Wähler geplante Lesung mit Texten aus Victor Klemperers LTI über die Sprache des „Dritten Reiches“ wurde vom Reclam Verlag untersagt. Da das Werk Victor Klemperers urheberrechtlich geschützt sei, benötigten die Veranstalter für eine öffentliche Lesung die Genehmigung des Verlags als Rechteinhaber, so der Verlag zur Begründung auf dem Nachrichtendienst Bluesky. Diese habe man ihnen weder erteilt noch werde man ihnen diese erteilen.

Lesung soll dennoch stattfinden

Nach SZ-Informationen erfolgt die Unterlassung wegen der Zusammensetzung der Mitwirkenden. Laut Information der Veranstalter sollten unter anderem Arnold Vaatz, Antje Hermenau und Uwe Steimle aus den Texten lesen. Die genannten Personen würden alle der „Neuen Rechten“ zugeordnet. In den Sozialen Medien übt der deutsche Politikwissenschaftler Martin Wagener Kritik: „Nun werden auch einstige Merkel-Unterstützer wie Vaatz sowie Linke wie Hermenau und Steimle zur 'Neuen Rechten' gezählt. Wahnsinn!“

In einer Pressemitteilung der Freien Wähler vom 01. November heißt es indes, dass die Lesung am 9. November nach wie vor stattfinden werde. „Die Nachricht des Reclam Verlages zur geplanten Lesung unserer Fraktion am 9. November 2023 haben wir mit Verwunderung zur Kenntnis genommen“, heißt es in der Mitteilung. „Ebenso die vom Verlag veröffentlichte Nachricht auf Bluesky über die 'Untersagung' der Lesung. Wir halten das für einen ungeheuerlichen Vorgang“. Dem Reclam Verlag sei anscheinend nicht bewusst, welche Botschaft ein „Verbot“ einer Lesung aus dem Werk des bekanntesten jüdischen Dresdner Autors knapp 90 Jahre nach seiner Entfernung aus dem Amt durch die Nationalsozialisten hätte. Dies umso mehr vor dem Hintergrund der Geschichte des Umgangs des Reclam Verlages mit jüdischen Autoren im 3. Reich.

Die Fraktion veranstalte seit Jahren regelmäßig Lesungen im Rahmen ihrer Öffentlichkeitsarbeit. Dazu gehöre zentral auch das Gedenken an die Verfolgung von Juden in Dresden. Im September 2022 fand so zum Beispiel mit der Autorin Aliana Brodmann unter dem Titel „Antisemitismus – Damals und Heute“ eine Lesung aus ihrem Buch „Schande“ statt.