Wie der Stolzmonat dem Regenbogen trotzt

Jedes Jahr im Juni findet der „Pride Month“ statt. In seinem Kommentar für FREILICH weist Julian Marius Plutz darauf hin, dass der Unmut dagegen immer mehr wächst, selbst in der LGBT-Community.

Kommentar von
7.6.2023
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4 Minuten Lesezeit
Wie der Stolzmonat dem Regenbogen trotzt
Julian Marius Plutz

Seit einigen Jahren wird in Teilen der westlichen Welt der „Pride Month“ gefeiert. Dabei soll es vor allem um die Rechte von Minderheiten gehen, Ziel ist aber vor allem die Sichtbarmachung der LGBTQ-Ideologie. Hintergrund dieser Ideologie ist die so genannte Queer-Theorie. Diese besagt, dass geschlechtliche und sexuelle Identität durch Handeln hergestellt werden kann. Da Handeln laut dem Philosophen Ludwig von Mises immer einen Wahlakt mit sich bringt – das Individuum also eine optionale Entscheidungsmöglichkeit hat – halten Queer-Theoretiker sexuelle Orientierung und geschlechtliche Bestimmung für frei wählbar.

Diese Sichtweise stößt bei vielen Menschen auf Ablehnung. So regte sich bereits in den vergangenen „Pride Months“ vereinzelt Unmut gegen die alljährliche bunte Beflaggung von Unternehmensprofilen in Sozialen Netzwerken, Fahnen vor Kirchen und Flaggen an Behördengebäuden. Doch in diesem Jahr formiert sich ein Widerstand gegen die LGBTQ-Ideologie, den es so noch nicht gegeben hat und der noch einige Wochen anhalten wird.

Kein rein deutsches Phänomen

Alles begann mit einem Tweet des Accounts der AfD Wuppertal. „Das ist Schwarz-Rot-Gold, Hart und Stolz. Es ist wieder #Stolzmonat. Wir feiern mit und zeigen gemeinsam Flagge.” Darunter ist das Logo der AfD und im Hintergrund die Deutschlandfahne zu sehen. Die zitierte Zeile stammt von dem Rapper Fler, der 2005 mit dem Lied „Neue Deutsche Welle“ für Aufsehen in der Rap-Szene sorgte. In der eher linken Hip-Hop-Szene wurde Patrick, wie der Künstler heißt, schnell zum Nazi erklärt.

Zwar distanzierte sich Fler von der Aktion, aber der Hashtag „#Stolzmonat war“ geboren. Und nicht nur das: Im Stile einer echten Graswurzelbewegung entwickelte sich das Schlagwort zu einem Kampfbegriff, der polarisierte. So bezeichnete die österreichische Tageszeitung Der Standard den Twitter-Trend als „Kampagne“. In dem Artikel „Wie Rechtsextreme gegen den Pride Month Stimmung machen“ meint der Autor Martin Tschirner, rechte Aktivisten würden sich gegen die queere Community in Stellung bringen.

Inzwischen beteiligen sich auch Politiker aus Deutschland, von Beatrix von Storch bis Alice Weidel, aber auch Prominente aus Österreich an der Bewegung. Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) zum Beispiel. Er postete auf seinem Twitter-Profil ein Foto von sich und der rot-weiß-roten Fahne, die aus der deutschen Variante mit sechs Streifen in unterschiedlichen Farben abgeleitet ist. Aber auch User aus anderen Ländern wie Großbritannien, Frankreich, den USA oder Kanada schlossen sich dem „Stolzmonat“ an. Sogar der bekannte britische Podcast „The Lotus Eaters“ griff das Thema auf.

Kunden wehren sich gegen woke Unternehmen

Die Kritiker des „Pride Month“ hingegen argumentieren ähnlich wie der Sozialwissenschaftler Dr. Klemens Ketelhut: „Worauf ich stolz bin: ein sehr schwieriges Coming-Out. Das Überleben einer Konversionsbehandlung samt Konsequenzen. Auf alle queeren Geschwister, die jeden Tag überleben. Auf über 25 Jahre Aktivismus. Worauf ich nicht stolz bin: meine Nationalität“, schrieb er auf Twitter.

Das LGBTQ-Magazin Männer.media schlägt in eine ähnliche Kerbe. Der Monat des Stolzes sei nichts anderes als „rechtspopulistische Hetze“. „Wir als LGBTIQ-Community haben mit dem Wort 'Pride' einen spezifischen Begriff geprägt, der unsere Identität und unseren Kampf und Gleichberechtigung präsentiert. Im deutschen Sprachraum sollten wir sensibel sein, dass der Begriff „Stolz“ in einem inklusiven und respektvollen Kontext verwendet wird, um eine Verwechslung mit rechtspopulistischen Tendenzen zu verhindern“, heißt es weiter.

Inzwischen merken immer mehr Unternehmen, die sich dem „Pride Month“ angeschlossen haben, dass nicht alle Kunden mit diesem Kurs einverstanden sind. Vor zwei Jahren machte der Versandhändler Otto Schlagzeilen, als er eine Folge seines Podcasts „O-Ton“ veröffentlichte. Um diesen auf Twitter zu bewerben, sprach Otto „Kolleg*innen“ an, die Firma nutzte also das Gendersternchen. Das löste bei vielen Mitarbeitern und Kunden Unmut aus. Bei der Konzernführung stieß dies wiederum auf Unverständnis

„Wir sind überrascht von der Kritik“, sagte Otto-Sprecher Frank Surholt dem RND. „Aber es sei jedem freigestellt, wie er das findet.“ Bereits vor zwei Jahren habe sich der Vorstand auf die sogenannte „gendersensible Sprache“ geeinigt. „Wenn man sich dafür entschieden hat, steht man dazu – das tun wir. Und dann müssen wir auch eine Kritik ertragen können“, erklärte Surholt.

Widerstand kommt auch von Homosexuellen

Ein Nutzer schrieb in den Sozialen Medien: „Wer gendert, kriegt keine Bestellung. So einfach ist das und Amazon freut sich.“ Darauf antwortete der Kundendienst von Otto: „Stimmt, so einfach ist das: Wir gendern. Und du musst nicht bei uns bestellen. ;)“.Für das Geschäftsjahr 2022/2023, das Ende Februar endet, gab der Konzern vor wenigen Wochen einen Verlust von 413 Millionen Euro bekannt.

Doch auch in den USA ist der Widerstand gegen die Queer-Ideologie groß. Ob Kritik an Budweiser, The North Face oder Nike. Viele Kunden sind nicht bereit, eine Bewegung mitzufinanzieren, hinter der sie nicht stehen. So konnte man in den letzten Tagen auf Twitter beobachten, dass viele Unternehmen ihre Regenbogenfahnen aus ihren Profilen entfernt haben.

Aber auch immer mehr Homosexuelle wehren sich gegen den „Pride Month“ und die damit verbundene Vereinnahmung. Einer von ihnen ist der Schwulenrechtler Ali Utlu: „Wir werden gezwungen, eine Lüge zu leben. (...) Es gibt LGB, also Lesben, Schwule und Bisexuelle. Gibt es irgendwo einen hohen Rat von Homosexuellen, die entscheiden, wo ich hinzugehören habe? Mit queer und Transgender kann ich nichts anfangen“, betonte er im Podcast „Chronisten des Irrsinns“.

Hinter der Regenbogenfahne, also der Queer-Theorie, verstecken sich auch Befürworter des Selbstbestimmungsgesetzes in Deutschland, das besagt, dass Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr einmal im Jahr entscheiden können, zu welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen. Chirurgische und hormonelle Eingriffe werden damit weiter erleichtert. Misgendering, also das Ansprechen mit dem „falschen“ Geschlecht, soll mit vierstelligen Geldstrafen geahndet werden.


Zur Person:

Julian Marius Plutz, 1987 geboren, ist freier Journalist und schreibt unter anderem für die Achse des Guten, TheGermanZ und die Jüdische Rundschau.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.