#DignifAI: Wie eine KI gegen Hypersexualisierung und nackte Haut kämpft

Die zunehmende Hypersexualisierung des öffentlichen Raums und der wachsende Anteil von Menschen, die Pornografie akzeptieren und konsumieren, ist nicht jedermanns Sache. Anonyme Nutzer haben eine KI entwickelt, die Bilder bearbeitet: Aus halbnackten Frauen werden bekleidete, aus Gangstern in voller Montur lässige Geschäftsleute.

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#DignifAI: Wie eine KI gegen Hypersexualisierung und nackte Haut kämpft
Ein Bild wurde von DignifAI bearbeitet:© Twitter Screenshot

„Sex sells“ – was für Marketingexperten eine Binsenweisheit ist, wird für immer mehr Menschen zur Normalität. Die Pornobranche boomt seit Jahren; immer mehr Menschen konsumieren Pornografie; Anbieter wie OnlyFans, auf denen registrierte Nutzer gegen Bezahlung auch pornografisches Material verkaufen, vermehren sich und wachsen stark. Auch auf Instagram werden immer mehr subtil pornografische oder hypersexualisierte Inhalte problemlos geteilt. Durch Algorithmen, die virale Inhalte in den Newsfeed spülen, die auch indirekt pornografisch sind, kann ein Minderjähriger nach dem oben genannten Motto „Sex sells“ schnell von einem lustigen Fortnite-Meme zu einer leicht bekleideten Frau gelangen, die in zu engen Hosen ihren Intimbereich filmt – natürlich mit dem Hinweis „Abonniere mein OnlyFans!“.

Nicht alle Internetnutzer sind mit dieser Entwicklung und den immer geringer werdenden Barrieren und Hindernissen für den einfachen Zugang zu sexuell freizügigem Material oder dessen Verkauf einverstanden. Anonyme Nutzer, die nach einem Bericht eines linken Mediums vor allem von 4Chan, einer großen Trollplattform, stammen sollen, haben eine KI entwickelt, die Bilder künstlich verändert. Während in sogenannten Deepfake-Pornos die Gesichter von Prominenten oder anderen Personen mittels künstlicher Intelligenz in echte Pornos retuschiert werden, geht „DignifAI“ den umgekehrten Weg: Leicht bekleidete Frauen im Bikini tragen nach der Bearbeitung schöne Kleider, voll tätowierte Rapper sind plötzlich sauber und tragen Anzüge statt engen Hosen und T-Shirts. Die Idee dahinter ist klar: Normalität soll wiederhergestellt und natürliche Schönheit gezeigt werden. Schon der Name verrät, worum es geht: „Dignity“, das englische Wort für „Würde“, steckt im Namen der KI. Die Bildbearbeitung soll also Online-Prostituierten und anderen Menschen ihre „Würde zurückgeben“. Auch das Verb „to dignify“, das ausgesprochen genauso klingt wie „DignifAI“, ist ein Hinweis: Es bedeutet, jemanden zu beeindrucken, also auch das eigene Ansehen bei anderen zu verbessern.


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„Frauen die Würde zurückgeben“

Auf 4Chan kann man den Akteuren bei ihrem Treiben zuschauen: „Wir ziehen degenerierte Frauen zum Spaß an, komm und mach mit. Das Ziel ist, dass die Leute sehen, dass ein degenerierter Lebensstil am Ende zu nichts führt“, heißt es beispielsweise in einem der dortigen Beiträge. Auf die Frage nach der Motivation antwortete ein X-Account mit dem Namen „DignifAI“ dem Magazin Rolling Stones: „Es ist nur ein Profil, um die Leute dazu zu bringen, mehr Kleidung zu tragen.“ Was für viele harmlos und zum Schmunzeln ist, hat in linken Kreisen bereits für Ärger und Wut gesorgt. Eine Frau, die im Internet nicht jugendfreie Inhalte anbietet, wurde von eben jener KI verwandelt: Statt leicht bekleidet, mit entblößtem Po auf einem Stuhl sitzend, hat sie nun Kinder um sich und trägt ein langes Kleid. Die Frau war darüber sehr verärgert: Sie verglich das angesprochene Foto in einem Bericht auf der Rolling-Stones-Plattform mit einer „Parodie einer Frau“.

„Dass ich eine kaputte Kreatur bin, und wenn ich nur ein langes Kleid anziehen und Kinder bekommen würde, wäre alles gelöst (...)“, fährt die Frau fort. Es sei „ein Versuch, mich und meine körperliche Autonomie zu verletzen, egal ob man Kleidung hinzufügt oder wegnimmt“. Diese Idee der Bildbearbeitung kommt bei X gut an. Dem genannten anonymen Profil folgen bis zu 30.000 Fans, die Posts haben teilweise bis zu hunderttausend Aufrufe und viel Lob in den Kommentaren. Ob es sich dabei tatsächlich um eine künstliche Intelligenz handelt oder ob die Menschen hinter der Kampagne das Ganze am Ende doch manuell mit Software wie Photoshop bearbeitet haben, lässt sich nicht beantworten – eine Wirkung ist aber auf jeden Fall erzielt worden. Die Tatsache, dass mit der Rolling Stones eines der größten Medien der USA das Thema aufgegriffen hat, zeigt dies deutlich.