„EWIG“ statt EU: Wie die AfD den „Dexit“ kommunizieren sollte

Die AfD strebt eine Reform der EU an, um deren „Demokratiedefizite“ zu beheben, sagt Alice Weidel. Sollte dies nicht gelingen, müsse über einen Austritt Deutschlands aus der EU abgestimmt werden. Der Ökonom Jurij Kofner erklärt in seinem Kommentar für FREILICH, wie die AfD den „Dexit“ kommunizieren sollte.

Jurij Kofner
Kommentar von
5.3.2024
/
3 Minuten Lesezeit
„EWIG“ statt EU: Wie die AfD den „Dexit“ kommunizieren sollte
Anti-EU-Demonstration 2017© IMAGO / xcitepress

Inmitten der heftigen Medienhetze gegen die AfD, die immer noch von den Correctiv-Lügenmärchen über das Potsdamer Treffen dominiert ist, gerät auch die Wirtschaftsagenda der AfD ins Visier. Die Systempresse, Hofökonomen und korporative Subventionsempfänger behaupten, dass die ordoliberale Programmatik der blauen Heimatpartei den Wirtschaftsstandort Deutschland angeblich gefährden würde. Als ob es eine Politik von größerer Zerstörungskraft gäbe als die Abrissbirne der Ampel. Doch dieses Thema gehört in die Zeilen eines weiteren FREILICH-Beitrags.

Insbesondere hat sich das Konglomerat aus Staatsjournalisten und abhängigen Wirtschaftsverbänden auf die „Dexit“-Forderung der AfD eingeschossen. Dabei werden vor allem drei Falschbehauptungen gepflegt: Erstens wird behauptet, die AfD strebe mit ihrer Forderung nach einem „Dexit“ einen vollständigen Austritt aus der EU an, ohne ein Konzept für eine alternative Version der europäischen Staatengemeinschaft zu haben. Zweitens wird die Annahme verbreitet, dass die EU ausschließlich Vorteile für die deutsche Wirtschaft mit sich bringe. Und drittens wird argumentiert, dass ein Austritt aus der EU folglich schwerwiegende negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hätte.

Falschmeldungen über das AfD-Programm

In einer neuesten Analyse für das MIWI-Institut habe ich diese drei Falschdarstellungen entkräftet und erläutere, wie die AfD den „Dexit“ tatsächlich versteht und welch immensen Nutzen dieser für unsere Volkswirtschaft mit sich bringen würde. Als eine Partei der direkten Demokratie strebt die AfD an, ein nationales Referendum über den Austritt aus der EU abzuhalten. Eine mögliche zukünftige AfD-Bundesregierung würde nur dann weitere Verhandlungsschritte einleiten, falls eine positive Mehrheit der Bevölkerung für den „Dexit“ stimmt.

Kaum zu fassen, aber Deutschland trägt satte 51 Prozent der Nettobeiträge zum EU-Haushalt und 20 Prozent der EU-Zolleinnahmen. Sollte Deutschland sich vollständig aus der EU zurückziehen, würde die Finanzierung des EU-Haushalts komplett zusammenbrechen. Daher muss der „Dexit“ als das ultimative europapolitische Druckmittel einer möglichen AfD-Bundesregierung betrachtet werden.

Ja, zweifellos sind der gemeinsame Binnenmarkt und die Zollunion von großer Bedeutung für die deutsche Wirtschaft. Doch die direkten und indirekten Kosten der EU, über welche die Elite ungern spricht, heben den wirtschaftlichen Nutzen für Deutschland komplett auf. Aktuell belaufen sich die jährlichen Kosten der EU für uns auf bis zu 206 Milliarden Euro brutto. Und mit der vollständigen Umsetzung aller Bestandteile des Green Deals bis zum Jahr 2030 wird die Mitgliedschaft in der EU die deutsche Wirtschaft netto um zwölf Prozent des BIP belasten – das entspricht 670 Milliarden Euro jährlich.

Von entscheidender Bedeutung ist zu betonen, dass der „Dexit“ gemäß dem blauen Parteiprogramm keinesfalls eine Abschottung Deutschlands von seinen Nachbarstaaten bedeutet. Vielmehr strebt die AfD an, die bewährten Kernelemente der europäischen Integration wie den gemeinsamen Binnenmarkt, die Zollunion und die Forschungskooperation zu bewahren. Gleichzeitig ist es das Ziel der Partei, sämtliche schädlichen Aspekte des gegenwärtigen EU-Superstaats wie den Euro, die Überzentralisierung, den Interventionismus, die Fiskal- und Schuldenunion sowie die übermäßige Bürokratie abzuschaffen.

Ein neues Europa anstatt EU-Bürokratie

Der „Dexit“ lässt sich folglich als Ersetzung der jetzigen überbordenden EU mit einer freiheitlicheren „Europäischen Wohlstands- und Interessengemeinschaft“ (EWIG) verstehen. In diesem Sinne strebt die AfD mit ihrer „Dexit“-Forderung nichts anderes an, als eines der Szenarien, welche die Europäische Kommission selbst bereits 2017 in einem sogenannten „Weißbuch“ als mögliche Weiterentwicklung der Europäischen Union vorgeschlagen hatte, umzusetzen. Dieses Szenario, bekannt unter dem Motto „Weniger machen, dafür effizienter“, würde eine Neuausrichtung hin zu einer schlankeren und effizienteren Staatengemeinschaft bedeuten.

Das Ergebnis wäre ein volkswirtschaftlicher Nettonutzen des „Dexit“ im Sinne einer Ersetzung der EU durch die Europäische Wohlstands- und Interessengemeinschaft (EWIG) von mindestens 4,6 Prozent des BIP, wobei im Durchschnitt eher 5,8 Prozent anzunehmen sind. Eine solche Neuausrichtung hätte zur Folge, dass jeder Deutsche im Durchschnitt um 2.700 Euro wohlhabender würde.

Dies sind die unumstößlichen Fakten, welche die Mitglieder der Partei nutzen und verbreiten könnten. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, auf den passenden Wortlaut zu achten. Die von der AfD angestrebte Neuverhandlung über die Zukunft des europäischen Staatenbündnisses hin zur EWIG würde bedeuten, sämtliche negativen Aspekte der aktuellen EU – von der übermäßigen supranationalen Zentralisierung über die geldpolitische Einflussnahme der EZB bis hin zu massiven Fiskaltransfers und gemeinsamer Verschuldung auf Kosten der deutschen Steuerzahler sowie der erdrückenden Überregulierung und dem industriepolitischen Interventionismus – zu beseitigen. Gleichzeitig würden die positiven Kernpunkte der europäischen Integration erhalten bleiben: der gemeinsame Binnenmarkt, die Zollunion, Freihandelsabkommen mit Drittstaaten und die Zusammenarbeit in der Forschung.

Der Wahlkampfslogan der AfD zur Europawahl im Juni sollte also lauten: „Eure EU hat fertig, unser Europa ist ‚EWIG‘!“


Zur Person:

Jurij Kofner ist gebürtiger Münchner und arbeitet als Ökonom beim Miwi Institut.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.