Frankreich feiert „Rucksackheld“ nach Messerangriff auf Kleinkinder

Vier Kindergartenkinder und zwei Erwachsene aus Frankreich wurden zum Teil schwer verletzt. Ein gläubiger Katholik griff ein. Nun diskutiert Frankreich über die bestialische Tat.

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Frankreich feiert „Rucksackheld“ nach Messerangriff auf Kleinkinder
Der Tatverdächtige / Henri, der „Rucksackheld“© Twitter

Am 8. Juni 2023 griff der syrische Asylbewerber Abdalmasih H. in Annecy, einer malerischen französischen Stadt im Südosten des Landes, die für ihren schönen See und ihre Freiluftaktivitäten bekannt ist, sechs Menschen, darunter vier Kleininder, mit einem Messer an. Drei der Opfer befinden sich noch in kritischem Zustand. Der Angriff ereignete sich an einem schönen Tag, an dem viele Familien im Freien waren, obwohl die älteren Kinder zu diesem Zeitpunkt noch in der Schule waren. Abdalmasih ist auf einem Video zu sehen, wie er offenbar gezielt auf kleine Kinder in Kinderwagen zielt.

„Rucksackheld“ greift ein

Die meisten Passanten wagten sich vor Schreck nicht zu bewegen. Viele scheinen weggelaufen zu sein, bis ein junger Mann mit zwei Rucksäcken auf die Szene stürmte, den Täter angriff und ihn von der Stelle mit den Babys wegzog. Er benutzte seinen Rucksack als Schutz und warf ihn dann beiseite, um den Verdächtigen leichter verfolgen zu können. In den sozialen Medien erhielt er schnell den Spitznamen "le héros au sac a dos", zu Deutsch „der Held mit dem Rucksack“.

Wie die französische Zeitung Boulevard Voltaire berichtet, handelt es sich bei dem Helden um einen 24-jährigen Mann namens Henri. Dieser, ein ehemaliger europäischer Pfadfinderführer aus einer katholischen Familie, war in den vergangenen Wochen auf einer neunmonatigen spirituellen Tour durch Kathedralen in ganz Frankreich. Auf seinem Instagram-Account „le chant des cathedrales“ (Deutsch: „der Gesang der Kathedralen“) teilt er christliche Botschaften von spirituellen Orten wie der Abtei von Baroux. Das Benediktinerkloster wird dem katholischen Traditionalismus zugerechnet. Als Boulevard Voltaire sich an Henri wandte, zog dieser es vor, seine Intervention nicht zu kommentieren und schrieb stattdessen: „Betet für die Kinder!!!“.

Behörden entfernen Video aus dem Internet

Die französischen Behörden haben sich in aller Eile mit Twitter abgestimmt, um das Video aus den sozialen Medien zu entfernen. Jean-Noel Barrot, Minister für Digitalisierung und Telekommunikation, schrieb, dass die französische Regierung „...sich mit den Teams von @TwitterFrance abstimmt, um sicherzustellen, dass alle schockierenden Bilder entfernt werden“.

Dies löste Empörung bei den Nutzern der sozialen Medien aus, die auf die Doppelmoral der Regierung hinwiesen, wenn es um ähnliche Videos von Gewalttaten geht, wie das Video von George Floyd in den USA, das nicht Gegenstand eines Löschantrags der französischen Behörden war.

Inzwischen hat auch die Präfektur von Haute-Savoie eine Mitteilung verschickt, in der sie jegliche Demonstration in der Stadt Annecy verbietet, mit der Begründung, dass solche Demonstrationen nicht genehmigt worden seien und von „rechtsextremen Gruppen“ gefördert würden. Die Präfektur wies auch darauf hin, dass Demonstrationen in einer Zeit der nationalen Trauer eine schwierige Atmosphäre schaffen könnten.

Trauer bei Rechten, Unbehagen bei Linken

Während Politiker ihr Beileid aussprachen, äußerten Medien und Politiker der französischen Linken ihr Unbehagen über die Politisierung des Vorfalls. Die französische Zeitung Libération twitterte: „Annecy: die Rechte und die extreme Rechte politisieren das Thema bereits“. Der Journalist Antoine Baudino antwortete mit einem alten Titelbild der Libération, das einen toten Flüchtling zeigt.

Nutzer der sozialen Medien wiesen darauf hin, dass sich der Vorfall einige Wochen nach einem Tweet des Bürgermeisters von Annecy, François Astorg, ereignete, in dem er Annecy als stolze „Flüchtlingsstadt“ und Ort des „Widerstands gegen den Faschismus“ bezeichnete.