Finnland: Staatsanwaltschaft nennt christliche Überzeugungen „beleidigend“

In einem Tweet, einer kirchlichen Broschüre sowie einer Radio-Talkshow hatte die ehemalige finnische Innenministerin Päivi Räsänen ihre christlichen Überzeugungen zu Ehe und Sexualität dargelegt und war dafür angeklagt worden. Nun ging der Prozess zu Ende.

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Finnland: Staatsanwaltschaft nennt christliche Überzeugungen „beleidigend“
Die ehemalige finnische Innenministerin Päivi Räsänen mit einer Bibel.© ADF International

Helsinki. – In Finnland ist am vergangenen Freitag der Prozess gegen die ehemalige Innenministerin und Vorsitzende der finnischen Christdemokraten, Päivi Räsänen, zu Ende gegangen. Sie war in drei Fällen wegen angeblicher „Hassrede“ angeklagt, weil sie in einem Tweet, einer kirchlichen Broschüre und in einer Radio-Talkshow ihre christlichen Überzeugungen zu Ehe und Sexualität geäußert hatte. „Ich bin zuversichtlich, dass ich von allen Vorwürfen freigesprochen werde. Das wird ein sehr wichtiges Urteil für die Religions- und Meinungsfreiheit in Finnland mit Auswirkungen in ganz Europa. Aber ich bin hoffnungsfroh, dass das Gericht eine gute Entscheidung treffen wird, sagte Räsänen beim Verlassen des Gerichts. Das Gericht hat angekündigt, das Urteil bis zum 30. November zu verkünden, wie es auf der Plattform der Menschenrechtsorganisation ADF International heißt.

„Als Mann und Frau schuf Er sie“

Am ersten Prozesstag verkündete die Staatsanwältin, dass „die Autoren der Bibel nicht angeklagt“ seien. „Sie können zwar die Bibel zitieren, aber Räsänens Interpretation und Überzeugung über die Bibelverse sind kriminell.“ Während des Kreuzverhörs am vergangenen Freitag ging es vor allem um die kirchliche Broschüre mit dem Titel „Als Mann und Frau schuf Er sie“, die Räsänen vor fast 20 Jahren veröffentlich hatte. Mehrmals wurde Räsänen gefragt, ob sie ihre Aussagen zu Ehe und Sexualität widerruft und zurückzieht.

„Der Kern des Kreuzverhörs durch die Staatsanwältin war die Frage: Würde Päivi Räsänen ihren Glauben widerrufen? Die Antwort lautete nein – sie verleugnet nicht die zentralen Punkte ihres Glaubens. Das zermürbende Strafverfahren dem Frau Räsänen unterzogen wird, ist das Gegenteil von Demokratie und 'Fortschritt'. Wir werden Päivi Räsänen weiterhin zur Seite stehen und warten auf die Entscheidung des Gerichts, ob die Äußerung von christlichen Überzeugungen in Finnland ein Verbrechen ist,“ sagte Paul Coleman, Geschäftsführer von ADF International.

Christliche Überzeugungen „beleidigend“

An Räsänen gewandt, meinte die Staatsanwaltschaft: „Sie können glauben was sie wollen, aber sie können nicht über alles sprechen was sie glauben.“ Dabei war der Staatsanwältin der Hintergrund und die Motivation hinter Räsänens Aussagen egal: „Der Punkt ist nicht, ob es wahr ist oder nicht, sondern, dass es beleidigend ist.“

Die Verteidigung von Räsänen wurde von ADF International koordiniert. Die Verteidigung betonte den starken Schutz der Meinungsfreiheit im internationalen Recht und verwies auf die finnische Verfassung. Räsänens Aussagen seien zum Teil direkte Zitate aus der Bibel. Daher – so die Verteidigung – käme eine Verurteilung der Aussagen einer Verurteilung der Bibel gleich.

Auch Bischof angeklagt

Auf der Anklagebank saß auch der lutherische Bischof Juhana Pohjola. Er hatte die kirchliche Broschüre 2004 herausgegeben. Vor Gericht erklärte Pohjola, der Text betone immer wieder die Würde und Gleichheit aller Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung.

Vor Gericht sagte er: „Die Sünde zu verurteilen bedeutet nicht die Würde und den Wert einer Person in Frage zu stellen. Das sind zwei komplett verschiedene Dinge. Die Staatsanwaltschaft propagiert ein Verständnis, das dem christlichen Glauben entgegenläuft. Sünde zu verurteilen stellt die Würde der Person nicht in Frage.“ Der Bischof wies auch auf die Notwendigkeit der Meinungs- und Religionsfreiheit hin: „Die Idee der Religionsfreiheit ist es, dass man die christliche Lehre frei verbreiten kann – auch wenn das jemand beleidigend findet. Denn dann kann man das Recht in Anspruch nehmen nicht zuzuhören.“ Pohjola sagte, er würde auch nicht die Zensur von Inhalten fordern, die er als beleidigend empfinde.