Streit eskaliert: NRW-AfD-Chef Vincentz teilt gegen Parteikollegen Helferich aus

AfD-Landeschef Martin Vincentz war kürzlich erneut zu Gast in der Sendung des bayerischen YouTubers Peter Weber. Dort teilte er auch gegen den Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich aus. In Parteikreisen reagierte man auf die Attacke mit Verwunderung.

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Streit eskaliert: NRW-AfD-Chef Vincentz teilt gegen Parteikollegen Helferich aus

Die AfD-Politiker Vincentz und Helferich

© IMAGO / Sven Simon / Funke Foto Services

In der jüngsten Ausgabe der Sendung „Hallo Meinung“ des bayerischen YouTubers Peter Weber, der vor einigen Jahren noch CSU-konservativen Kreisen wie dem „Konservativen Aufbruch“, dem CSU-Pendant zur Werteunion, nahestand und sich in den letzten Jahren dem liberalkonservativen Milieu der AfD geöffnet hat, war erneut der AfD-Politiker und NRW-Landeschef Martin Vincentz zu Gast. Darin betonte Vincentz die richtungsweisende Bedeutung des aktuellen liberalkonservativen Programms für seine Partei in Nordrhein-Westfalen und in ganz Deutschland.

Im Mittelpunkt des Gesprächs stand jedoch ein Vorfall in seiner Partei, der in der Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt hatte, nachdem vor allem linke Kreise diesen skandalisiert hatten. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich habe in einem Online-Beitrag Migranten beleidigt, so Vincentz. Der Mediziner bezog sich damit auf einen Instagram-Beitrag Helferichs, der ein Auto mit dem Konterfei der Köthener Medienikone Karin Ritter im Innenspiegel zeigt. Ritter, die in einer bekannten Fernsehsendung über die chaotische Familie Ritter zu sehen war, war durch ihre Sprüche zu einer Kultfigur geworden. Einer ihrer bekanntesten Sprüche war zum Beispiel „Raus mit die Viecher“. Genau dieser Spruch war unter dem Karin-Ritter-Duftbaum der im Auto zu sehen war, zu lesen. Helferich fügte dem Bild den Hashtag Remigration hinzu. Daraufhin beschloss der Landesvorstand der AfD Nordrhein-Westfalen, ihn aus der Partei und dem Landesvorstand auszuschließen.

Vorgeschobene Gründe?

Vincentz erläuterte die Hintergründe dieser Entscheidung und betonte, dass die öffentlich gewordenen Vorfälle nur die Spitze des Eisbergs seien. Seit Jahren seien Bedenken über Helferichs Verhalten und seine Verbindungen zu „rechten Ideologien“ bekannt. Es soll auch Drohungen und anderes strafbares Verhalten von Helferich und seinen Verbündeten gegeben haben. Vincentz machte deutlich, dass ein solches Verhalten in der Partei nicht toleriert werden könne. Die Diskussion weitete sich zu einer Reflexion über die Zukunft der AfD und die Herausforderungen der Koalitionsfähigkeit aus. Es sei notwendig, sich von extremistischen Positionen zu distanzieren, um das Vertrauen der Wähler zu erhalten, so der AfD-Politiker.

Abschließend betonte Vincentz, dass Politik Vertrauenssache sei und die AfD entschlossen sei, sich von solchen Vorfällen zu distanzieren. Er appellierte an die Mitglieder und Sympathisanten der Partei, diesen Kurs zu unterstützen, um eine positive Veränderung herbeizuführen. Die Sendung endete mit einem Appell an die Zuschauer, die politischen Entwicklungen aufmerksam zu verfolgen und sich aktiv für demokratische und freiheitliche Werte einzusetzen. Peter Weber selbst kündigte an, sich für den liberalkonservativen Weg von Vincentz einsetzen zu wollen.

Kritik aus der Partei

In rechten Parteikreisen ist man über diese Attacke von Vincentz schockiert und verwundert, zumal sich Vincentz vor nicht einmal einem Jahr bei der Listenaufstellung zur Europawahl in Magdeburg durchaus offen gegenüber Parteirechten wie dem Thüringer Björn Höcke gezeigt hatte. Er habe sich in diesem rechten Kreis durchaus wohlgefühlt, erzählte einer der Anwesenden. Das Gespräch rief auch darüber hinaus durchaus kritische Reaktionen hervor. So kritisierte der Leiter des Bürgernetzwerks Ein Prozent, Philip Stein, Martin Vincentz scharf. Stein weist auch auf interne Herausforderungen, insbesondere innerhalb der AfD, hin: „Es gibt Opportunisten, auch in der AfD, die versuchen, uns mundtot zu machen“, schreibt er auf X zu einem kurzen Videoclip aus dem Gespräch, in dem sich Vincentz auch vom Vorfeld distanziert.

Beobachter der Ereignisse in Nordrhein-Westfalen sprechen von einem Machtkampf zwischen der Jungen Alternative und Helferich auf der einen und den liberalkonservativen Akteuren um Vincentz auf der anderen Seite. Helferich konnte Anfang des Jahres mit einem knappen Ergebnis von über 50 Prozent in den Landesvorstand einziehen. „Inwieweit Vincentz hier wirklich sagen kann, dass er alle hinter sich hat, wenn vor wenigen Wochen noch knapp die Hälfte den Beschuldigten in den Landesvorstand gewählt hat, ist fraglich“, hieß es aus Parteikreisen vom Rhein zu FREILICH. Pikant ist, dass Ende Juni in Essen ein neuer Bundesvorstand gewählt wird – einige Beobachter meinen, Vincentz wolle mit dem Versuch, Helferich aus der Partei zu drängen, einen möglichen Kandidaten für einen Vorstandsposten aus dem Weg räumen. Denn mit dem Parteiausschlussverfahren kann Helferich, dem damit automatisch die Mitgliedsrechte entzogen wurden, nicht mehr für einen Vorstandsposten kandidieren. „So will man eine mögliche Blamage wie auf dem Landesparteitag in NRW vermeiden, wo man Helferich trotz Ankündigung doch nicht aus dem Landesvorstand halten konnte“.

Helferich selbst erklärte in einer Stellungnahme gegenüber FREILICH: „Vincentz sollte sich lieber dem Wahlkampf für eine starke AfD-Delegation im EU-Parlament widmen statt einen innerparteilichen Kampf gegen Rechts zu führen.“ Während ehrenamtliche Parteimitglieder im wahrsten Sinne ihren Kopf für „unsere Sache“ riskieren würden, würde der NRW-Landesvorstand kleine VS-Gutachten schreiben, kritisiert Helferich. „Ein Sicherheitskonzept für unsere Mitglieder blieb man schuldig. All jene Kräfte, die keine Altparteiwerdung wünschen, sollten sich organisieren. Es wird Zeit.“

Vincentz' Umfeld widerspricht

Eine Menge an Vorwürfen, denen man im Umfeld von Vincentz widerspricht. Vor allem weist man die Behauptung aus dem anderen Lager zurück, man wolle mit einem Parteiausschlussverfahren eine Kandidatur für den Vorstand verhindern. Man vermute, dass es sich dabei lediglich um eine Schutzbehauptung Helferichs handeln könnte, heißt es aus Vincentz-nahen Parteikreisen. Zudem gibt man sich im Vincentz-Lager durchaus selbstbewusst – aus Nordrhein-Westfalen, aber auch aus dem Bundesgebiet erhalte man positive Rückmeldungen zu diesem Vorgehen gegen Helferich.

Die Vorwürfe aus rechten Kreisen, man versuche den Landesverband zu spalten und den Wahlkampf zu lähmen, könne man nicht nachvollziehen. Man verweist im Gegenzug auf den eigenen konstruktiven Weg, unterschiedliche Lager im Landesverband zusammengeführt zu haben, mit unterschiedlichen Akteuren auch außerhalb des Landesverbandes professionell umzugehen und diesen Weg weiterzugehen – nur eben ohne Helferich, der bei seinen Anhängern als destruktiv und als unzureichender Teamplayer gilt, was man mit der Causa Nils Hartwig zu unterstreichen versucht. Es stehe viel auf dem Spiel, heißt es aus dem Vincentz-Lager: Man habe die Pflicht, die Partei und ihre Mitglieder zu schützen.

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