Die Causa Meyer: Stürzt jetzt Niedersachsens Umweltminister?

Der Landesrechnungshof beschuldigt den niedersächsischen Umweltminister Christian Meyer (Grüne), Fördergelder ohne Rechtsgrundlage an Umweltverbände verteilt zu haben. Recherchen von FREILICH zeigen nun, in welchen der geförderten Verbände Meyer Mitglied ist.

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Die Causa Meyer: Stürzt jetzt Niedersachsens Umweltminister?

Aktuell sieht sich der niedersächsische Umweltminister Meyer (Grüne) mit schwerwiegenden Vorwürfen konfrontiert.

© IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Vor einer Woche stürzte der Landesrechnungshof Niedersachsen die rot-grüne Koalition in eine tiefe Krise. In ihrem Jahresbericht 2025 stellten die Rechnungsprüfer fest, dass das Landesbüro Naturschutz Niedersachsen seit 2015 mehr als zwei Millionen Euro an Steuergeldern ohne rechtliche Grundlage an grüne Umweltverbände weitergeleitet hatte. Zudem habe das Landesbüro Naturschutz seine Mitarbeiter besser vergütet als Angestellte des öffentlichen Dienstes für vergleichbare Tätigkeiten. Dieser Verstoß gegen das Besserstellungsverbot könne den Straftatbestand der Untreue nach § 266 StGB erfüllen, so die Prüfer.

Reaktionen und Forderungen nach Bericht

Am 12. Juni versicherte Umweltminister Meyer gegenüber dem NDR, dass die Förderung der Verbände nach einem transparenten Verfahren erfolgt sei. Zu hohe Gehälter hätten die Mitarbeiter bereits an das Land Niedersachsen zurückgezahlt. Dem AfD-Landtagsabgeordneten Ingo Kerzel reichten diese Zusicherungen dagegen nicht aus. Am 13. Juni forderte er die Staatsanwaltschaft auf, „unverzüglich“ Ermittlungen gegen die Verantwortlichen aufzunehmen.

Sowohl die Pressestelle des grünen Umweltministeriums als auch die Staatsanwaltschaft Hannover hüllten sich auf Anfrage von FREILICH, ob bereits strafrechtliche Ermittlungen aufgenommen worden seien, in Schweigen. Aufgrund der ungewöhnlichen Rechtsform des Landesbüros Naturschutz dürfte sich die Suche nach einem Schuldigen ohnehin als komplex erweisen. Das Landesbüro Naturschutz ist nämlich als GbR verfasst, die inzwischen aus acht Umweltverbänden, darunter die Umweltverbände NABU und BUND, besteht.

Undurchsichtige Strukturen im Landesbüro

Seit seiner Gründung im Jahr 2015 erhält das Landesbüro Naturschutz vom Umweltministerium eine jährliche Förderung von 350.000 Euro. 2022 wurde diese auf 600.000 Euro erhöht. Etwa die Hälfte der Summe gibt das Landesbüro für Personal- und Sachkosten aus. Die andere Hälfte, von 2015 bis 2024 immerhin rund zwei Millionen Euro, überweist es direkt an seine Gesellschafter. Dies ist ein bemerkenswerter Vorgang. Denn der Leiter des Geldgebers, dem Landesbüro Naturschutz, Holger Buschmann, ist gleichzeitig auch Vorstand des Geldempfängers NABU Niedersachsen.

Den niedersächsischen Haushaltsplänen zufolge haben allein die beiden Umweltverbände NABU und BUND von 2015 bis 2024 jeweils 500.000 Euro vom Landesbüro Naturschutz erhalten. Die acht Gesellschafter des Landesbüros Naturschutz haben sich gegenüber FREILICH nicht dazu geäußert, wie sie zu der Ankündigung des Umweltministeriums stehen, eine Rückforderung der unrechtmäßig erhaltenen Zuwendungen zu prüfen.

Angaben der AfD Niedersachsen zufolge scheint Umweltminister Meyer ohnehin kein allzu großes Interesse an einer Rückforderung der Millionensummen zu haben. Der Landtagsabgeordnete Ingo Kerzel teilte FREILICH mit, dass Minister Meyer am 13. Juni im Umweltausschuss des niedersächsischen Landtags erklärt habe, das Landesbüro Naturschutz sei „keine Landeseinrichtung“. Daher falle der Zusammenschluss der acht Umweltverbände „nicht in seinen Zuständigkeitsbereich“.

Verteilung der Fördergelder an Umweltverbände

Für den niedersächsischen Bundestagsabgeordneten Marcel Queckemeyer (AfD) und seinen Parteikollegen Kerzel ist Minister Meyer daher „nicht mehr tragbar“. Queckemeyer hegt „erhebliche Zweifel“ an Meyers „Unabhängigkeit und Integrität“. „Wenn der Landesrechnungshof zum Ergebnis kommt, dass keine rechtliche Grundlage bestand, müssen diese Gelder vollständig zurückgefordert werden – wie bei jedem anderen Fall von Fehlverwendung öffentlicher Mittel. Alles andere wäre ein Schlag ins Gesicht jedes ehrlichen Steuerzahlers,“ so Queckemeyer.

Eine rücksichtslose Aufklärung des Finanzskandals um das Landesbüro Naturschutz dürfte Minister Meyer allerdings in einen handfesten Interessenkonflikt stürzen. Denn laut eigenem Lebenslauf ist der Minister Mitglied beim BUND, einem der acht Gesellschafter des Landesbüros Naturschutz. Und auch bei NABU soll Meyer laut Wikipedia Mitglied sein. Als Queckemeyer diese Mitgliedschaft in einer Rede im niedersächsischen Landtag Ende 2023 ansprach, habe der Minister dies später nicht dementiert, so Queckemeyer. Auch die Pressestelle des Umweltministeriums dementierte nicht, dass ihr Dienstherr Mitglied beim NABU ist.

Persönliche Verbindungen des Umweltministers

Doch selbst wenn der grüne Minister kein NABU-Mitglied sein sollte, sind die Beziehungen Meyers zum Umweltverband mit dem Kranich ebenso eng wie freundschaftlich: So entließen Minister Meyer und Holger Buschmann am 28. Juli 2023 medienwirksam Sumpfschildkröten in die Freiheit des Steinhuder Meeres. Ebenfalls in den Genuss der meyerschen Auswilderung-Events kamen unzählige Moorenten und Geburtshelferkröten. Immer mit dabei waren knipsende Reporter und der Umweltverband NABU. Als Meyer noch Landwirtschaftsminister war, lobte der NABU, dass sich unter seiner Amtszeit „viel Positives“ für den Tierschutz getan habe. Dieses Lob gibt Meyer gern zurück. Bei einem Aussiedlungs-Event von Glockenfröschen dankte er dem NABU für dessen „fachkundige Arbeit“.

Für die Amtszeit der ehemaligen Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen (CDU) hatte Meyer dagegen kein Lob übrig. Meyer hatte wiederholt ihre Verbindungen zur Geflügelindustrie sowie ihre Rechtfertigung von „Ausbeutung und Lohndrückerei“ kritisiert und den Rücktritt der Christdemokratin gefordert. Grüne Medienkampagnen gipfelten schließlich Ende 2010 im Rücktritt Grotelüschens. Vor diesem Hintergrund wollte FREILICH vom grünen Umweltministerium wissen, ob die vom Rechnungshof erhobenen Vorwürfe der Untreue und Förderung ohne Rechtsgrundlage ebenfalls einen Rücktritt des Ministers rechtfertigen würden. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Recherche lag noch keine Rückmeldung aus Meyers Ministerium vor.

Über den Autor

Jonas Greindberg

Jonas Greindberg studierte Geschichte und Sinologie in Süddeutschland. Seit Oktober 2022 schreibt er für FREILICH über Hamburger Lokalpolitik, Kriminalität und Einwanderungspolitik.

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