Berlin: Milliardenausgaben für CO2-Senkung statt für neue Wohnungen
Obwohl die Wohnungsnot in Berlin steigt, soll kein Cent der geplanten 3,5 Milliarden Euro in Neubauten fließen. Die landeseigenen Wohnungsunternehmen investieren das Geld stattdessen ausschließlich in energetische Sanierungen.
In den kommenden Jahren sollen mehrere Milliarden Euro in die energetische Sanierung von Wohnungen in Berlin investiert werden.
© IMAGO / photothekBerlin. – In den kommenden acht Jahren planen Berlins landeseigene Wohnungsunternehmen Ausgaben von über 3,5 Milliarden Euro zur energetischen Sanierung ihres Gebäudebestands. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage der Linken hervor, wie der rbb berichtet. Gut ein Drittel dieser Summe entfällt auf die Gewobag, da das Unternehmen besonders viele Gebäude mit niedriger Energieeffizienz besitzt.
Der Gebäudesektor zählt zu den größten Verursachern von CO2. Vor allem bei der Wärmeversorgung besteht Nachholbedarf. Entsprechend stehen die landeseigenen Gesellschaften unter Handlungsdruck: Sie wollen ihren CO2-Ausstoß pro Quadratmeter bis 2033 deutlich senken – zum Teil um mehr als 30 Prozent. So plant etwa die Berlinovo, ihre Emissionen von derzeit 20 auf 10,5 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter zu halbieren. Die Gewobag strebt eine Reduktion von derzeit 25,5 auf unter 20 Kilogramm an.
AfD kritisiert Kreditaufnahme und Mietbelastung
Die AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus übt scharfe Kritik an der geplanten Investitionssumme. Bauexperte und Fraktionsmitglied Harald Laatsch erklärt: „3,5 Milliarden können die landeseigenen Wohnungsunternehmen nur über neue Kredite finanzieren. Sie sind ohnehin mit enormen Krediten belastet, mit denen der Senat über Schattenhaushalte das Haushaltsdefizit etwas kleiner rechnet.“ Laut Laatsch führe die zusätzliche Kreditaufnahme zu einer weiteren wirtschaftlichen Überlastung der Unternehmen.
Auch für Mieter zeichnen sich Belastungen ab. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung räumt ein, dass steigende Kosten durch Modernisierungen zu höheren Mieten führen könnten. Zwar strebe man „Warmmietenneutralität“ grundsätzlich an, doch dies lasse sich in der Praxis „faktisch nicht erreichen“, so die Verwaltung. Die Finanzierung erfolge in fast allen Fällen über Kredite, die durch „regelmäßige Ertragswertsteigerungen über Mietanpassungen des Bestandes“ ausgeglichen werden sollen.
Laatsch kritisiert diese Entwicklung scharf: „Die zusätzliche Kreditaufnahme wird sie wirtschaftlich noch mehr überlasten. Zudem werden die Mieter ordentlich zur Kasse gebeten, denn die Modernisierungskosten werden natürlich auf die Miete umgelegt.“
Keine neuen Wohnungen trotz Milliardenaufwand
Der AfD-Abgeordnete bemängelt außerdem, dass die Investitionen keine Entlastung des Berliner Wohnungsmarkts bewirken. „Besonders dramatisch ist, dass für diese ungeheure Summe nicht eine einzige neue Wohnung für den kaputtregierten Berliner Wohnungsmarkt entsteht“, sagt er. Er fordert eine stärkere Fokussierung auf die Schaffung von Wohnraum. „Diese Kreditaufnahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sie zur Linderung der Wohnungsknappheit beitragen würde – das Geld für den Popanz ‚Klimaschutz‘ zu verschwenden, ist purer Wahnsinn.“
Begrenzte Mietsteigerungen
Laut einer bestehenden Kooperationsvereinbarung dürfen die landeseigenen Unternehmen die Modernisierungskosten nur begrenzt auf die Mieter umlegen: maximal zwei Euro pro Quadratmeter und Monat über einen Zeitraum von sechs Jahren. Zudem müssen sie auf die finanzielle Belastbarkeit der Mieter achten, heißt es im rbb-Bericht.
Technisch setzen die Unternehmen vor allem auf den Ausbau der Fernwärme, die bis 2045 CO2-neutral sein soll. „Ist ein Anschluss an die Fernwärme nicht möglich, werden vorhandene Heizungen gegebenenfalls durch Wärmepumpen oder alternative fossilfreie Anlagen ersetzt“, teilt die Senatsverwaltung mit.
Linke fordert Unterstützung
Während die AfD die Pläne kritisiert, lobt Niklas Schenker, wohnungspolitischer Sprecher der Linken, sie, warnt jedoch vor sozialen Härten: „Die Miete soll nach Sanierung nur so stark steigen dürfen, wie Kosten bei Energie und Heizung durch die Sanierungsmaßnahmen eingespart werden.“ Nur so könne die gesellschaftliche Akzeptanz für Klimaschutzmaßnahmen erhalten bleiben. Zudem fordert er, die Wohnungsunternehmen mit mehr Eigenkapital auszustatten. „Das geht schuldenbremsenkompatibel und ohne zusätzliche Belastung aus dem Haushalt“, so Schenker.
Ursprünglich wollte die schwarz-rote Koalition unter Kai Wegner (CDU) einen Teil der Sanierungen über ein fünf Milliarden Euro schweres Sondervermögen für den Klimaschutz finanzieren. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an rechtlichen Hürden. Eine Ersatzlösung ist aufgrund der angespannten Haushaltslage bislang nicht absehbar. Ob eine Lockerung der Schuldenbremse auf Bundesebene Abhilfe schaffen würde, ist offen.