„Welch eine Freude ist ein gutes Buch!“ – Die fünf Lieblingsbücher eines FREILICH-Redakteurs

Für viele gilt das Buch immer noch als Allheilmittel für alle Lebenslagen und Gemütszustände. FREILICH-Redakteur Mike Gutsing meint: Mehr davon! Deshalb hat er fleißige Leser gesucht, die ihre liebsten Lektüreerfahrungen mit uns teilen wollen – und ist fündig geworden. Sie haben sich schon immer gefragt, was FREILICH-Redakteure in ihrer Freizeit lesen? Auch diese Frage beantwortet Gutsing.

Kommentar von
15.11.2023
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5 Minuten Lesezeit
„Welch eine Freude ist ein gutes Buch!“ – Die fünf Lieblingsbücher eines FREILICH-Redakteurs
Drei der vorgeschlagenen Bücher© FREILICH

Wenn ich mir einen ersten Eindruck von einem Menschen verschaffen will, frage ich gerne, ob und was er in seiner Freizeit liest. Ein Blick ins Bücherregal ist auch ein Blick in die Seele seines Besitzers. Für FREILICH haben sich einige bekannte Vielleser bereit erklärt, ihre Innenwelt zu offenbaren und ihre fünf Lieblingsbücher vorzustellen. Ob Antiquariat oder Neuerscheinung, mittelalterliche Sangspruchdichtung oder Liebesroman – wir wollten es wissen. Wer sich zu dieser literarischen Bloßstellung bereit erklärt hat, bleibt natürlich geheim. Aber da man ja bekanntlich selbst den ersten Schritt machen muss, hier meine fünf Lieblingsbücher.

Walter Flex – Der Wanderer zwischen beiden Welten

Das „Kriegserlebnis“, wie Flex es selbst nennt, nimmt auch in dieser ohnehin kleinen Auswahl eine Sonderstellung ein. Kriegsberichte waren in meinem Lektürekanon immer eine deutlich unterrepräsentierte Textsorte, auch weil der eigene, zivil geprägte Verstand die Emotionen und Erlebnisse zwar nachvollziehen, aber nie ganz verstehen kann. Für Flex spielt der Krieg selbst jedoch nur eine untergeordnete Rolle und auch der Alltag an der Front ist nur der Kontext für seine eigentliche Erzählung.

Der titelgebende „Wanderer zwischen beiden Welten“ ist für Flex der Theologiestudent Ernst Wurche, der zusammen mit Flex als Offizier dient. In ihm sieht Flex alle soldatischen und menschlichen Tugenden vereint, vor allem die unerschütterliche Fröhlichkeit angesichts des Weltenbrandes. Der „Wanderer“ ist keine Geschichte von Frontschweinen, die über die Schrecken des Krieges lamentieren, sondern das Zeugnis eines gebildeten Menschen, der inmitten des Sterbens das Auge für das Leben nicht verliert.

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Juli Zeh – Corpus Delicti

Spätestens mit ihrer Beteiligung an dem öffentlichen Brief an Bundeskanzler Scholz, in dem sie einen Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine forderte, brach die Schriftstellerin Juli Zeh mit der Einheitsmeinung der linksliberalen Schickeria, in deren Kreisen sie sich jahrelang bewegt hatte. Ihr Buch Corpus Delicti. Ein Prozess gehörte zu meiner Schullektüre und ist eines der wenigen zeitgenössischen Bücher, die ich in unregelmäßigen Abständen immer wieder zur Hand nehme.

Die dystopische Erzählung um eine fiktive Gesundheitsdiktatur und ein missbräuchliches Justizsystem ist nicht nur sehr niedrigschwellig zu verstehen, sondern konfrontierte mich als Schüler mit zwei bis heute faszinierenden Fragen: Wann darf man den eigenen Institutionen das Vertrauen entziehen? Und: Was kommt danach? Dass Juli Zeh das perfekte Buch zur Coronakrise elf Jahre vor ihrem Ausbruch geschrieben hat, ist ein schöner Treppenwitz am Rande. Die Vorstellung, Corpus Delicti in den Jahren der Coronapandemie zu lesen – ich wäre mit Sicherheit unerziehbar geworden.

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Dieter Borchmeyer – Was ist Deutsch?

Der Germanist und Literaturwissenschaftler Dieter Borchmeyer kann ohne Übertreibung als die literarische Seele der Deutschen bezeichnet werden. Ob Schiller, Wagner oder Thomas Mann – Borchmeyers Publikationen drehen sich um große Themen und Fragen. Auch der vielleicht größten Frage: Was ist deutsch? widmet er eine eigene Monographie und führt den Leser tief in die Gedankenwelt unseres Volkes ein.

Dabei gelingt es Borchmeyer immer wieder, neue Dimensionen zu eröffnen, indem er verschiedene Pole wie das Verhältnis der Deutschen zur Region, zur Nation und zur Welt darstellt. Was ist deutsch? Die Suche einer Nation nach sich selbst lässt den Leser oft mit mehr Fragen als Antworten zurück, gibt ihm aber genug an die Hand, um sich nach der Lektüre selbst auf die Suche danach zu begeben, was es bedeutet Deutsch zu sein.

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Heinrich von Kleist – Der zerbrochne Krug

Unter den vorgestellten Texten sticht das Versdrama nicht nur durch seine äußere Form hervor. Heinrich von Kleist ist eine der spannendsten Figuren der Literatur der napoleonischen Kriege. Als Sohn einer alten Offiziersfamilie fühlte er sich der preußischen Armee tief verbunden. Er galt als glühender Verfechter des Kampfes gegen Napoleon und forderte dessen Fortsetzung nach dem Frieden von Tilsit 1807. Die Verbitterung über den Friedensschluss mit Frankreich und privates Unglück trieben den jungen Dichter mit nur 34 Jahren in den Freitod.

Dem Ernst des Lebens steht das Lustspiel Der zerbrochne Krug diametral gegenüber. Die Geschichte um den Dorfrichter Adam, ein junges Liebespaar und den titelgebenden Krug in der holländischen Provinz Utrecht ist so herrlich komisch, dass sie sich hervorragend zum Zeitvertreib in freien Stunden eignet. Gleichzeitig spielt Kleist mit den Motiven des Sündenfalls und des Machtmissbrauchs und gibt seinem Stück die nötige Tiefe, um nicht redundant zu werden. Heinrich von Kleist hat viele kleine und große Texte geschrieben, aber Der zerbrochne Krug ist mit seiner Leichtigkeit meine erste Empfehlung für alle, die einen Einstieg in das Werk des Dichters suchen.

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Johannes Kessler – Ich schwöre mir ewige Jugend

Eine meiner jüngsten Lektüren ist die Biographie des Hofpredigers und Prinzenerziehers Johannes Kessler (1865-1944). Der rein zufällige Kauf erwies sich als Glücksfall, denn der Autor verkehrte durch seine Bekanntschaft mit Bismarck, Moltke und nicht zuletzt seinem großen Förderer Wilhelm II. in den höchsten Kreisen des Deutschen Reiches. Die zahllosen Bekanntschaften, mit denen er jeden Lebensabschnitt ausschmückt, geben auch einen guten Einblick in die gebildeten Schichten der Zeit. Das liegt vor allem daran, dass sich Kesslers Lebensbeschreibung wie ein Bildungsroman liest, kein Kapitel vergeht, in dem er nicht über Musik, Kunst oder Literatur und ihre Wirkung auf ihn berichtet.

Besonders spannend sind aber die Jahre, in denen Kessler die Söhne Wilhelms II. unterrichtet und so zu einem festen Bestandteil des Hofstaates wird. Er kennt die private Seite Wilhelms, und es sind diese Momente, in denen das Feindbild des kriegslüsternen Monarchen, wie es die neuere Geschichtsschreibung gerne zeichnet, vollends zusammenbricht. Kesslers feinsinniges und zutiefst anregendes Buch Ich schwöre mir ewige Jugend ist ein Paradebeispiel für die Innenwelt eines jungen Deutschland, dass uns heute so fremd scheint.

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