„Berliner Register“: Mehr als 60.000 Euro Gehalt für eine Vollzeitstelle

Das seit 2005 bestehende „Berliner Register“ fordert Menschen auf, „politisch inkorrektes Verhalten“ und Fälle von Diskriminierung zu melden. Kritiker warnen, dass solche Meldesysteme ein Klima der Angst schaffen könnten.

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„Berliner Register“: Mehr als 60.000 Euro Gehalt für eine Vollzeitstelle

Seit 2016 gibt es in allen Berliner Bezirken ein sogenanntes Register.

© IMAGO / Panthermedia

Berlin. – Bereits 2005 wurde im Berliner Bezirk Pankow das erste Register des Projekts „Berliner Register“ eingerichtet. Es sollte neben einer Dokumentation von Aktivitäten der „extremen Rechten“ auch Diskriminierung im Alltag und in Behörden sichtbar machen. Seit 2016 gibt es Register in allen Berliner Bezirken. Hinzu kommen Community-basierte Dokumentationsstellen und hunderte weitere Anlaufstellen. Das Projekt wird vom Berliner Senat gefördert.

„Meldesystem schafft Klima der Angst“

Dass es solche Meldeportale überhaupt gibt, wird von vielen Seiten kritisiert. Beobachter fühlen sich an die Methoden des DDR-Geheimdienstes Staatssicherheit erinnert und beklagen, dass mit dem Meldesystem ein Klima der Angst und des Verdachts geschaffen werde. 34 Jahre nach dem Ende der DDR-Diktatur breite sich in Deutschland eine Kultur des Denunziantentums aus – staatlich gewollt und mit Steuergeldern gefördert, so der Vorwurf.

Auch die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) stellte vor wenigen Tagen mit Blick auf die Meldestellen fest: „Wer sich rächen will, eine Intrige spinnen, einem Kollegen schaden, der hat in Deutschland leichtes Spiel.“ Das Prinzip hinter den Einrichtungen sei einfach: „Bürger denunzieren Bürger“. Problematisch erscheine nicht so sehr, was gemeldet werde, sondern dass es diese Portale überhaupt gebe, so die NZZ weiter. „Denn die gemeldeten Vorfälle bewegen sich unterhalb der Strafbarkeitsgrenze und sind damit ganz überwiegend vom Recht auf Meinungsfreiheit erfasst.“

Berliner Senat fördert Projekt mit hohen Summen

Finanziert wird das Projekt, das einem Online-Pranger ähnelt, von der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung unter der Leitung von Cansel Kiziltepe (SPD). Das geht auch aus der Antwort auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Tommy Tabor hervor. Die Fördersumme ist hoch. Allein im Jahr 2023 fließen rund 830.000 Euro aus Mitteln der Senatsverwaltung an die Berliner Registerstellen, wie der FOCUS berichtet. Neben Personalkosten stehen den Registerstellen damit auch Mittel „zur Begleichung von Sachkosten“ zur Verfügung.

Das Register erfasst nach eigenen Angaben Ereignisse, „die rassistisch, antisemitisch, LGBTIQ*-feindlich, antiziganistisch, extrem rechts, sozialchauvinistisch, behindertenfeindlich oder antifeministisch sind“. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Informationen über linksextremistische Aktivitäten, islamistisch motivierte Straftaten oder Kriminalität von Zuwanderern nicht in das Register aufgenommen werden.

Als Quellen für die Einträge in die Chronik nutzt das Register unter anderem Presseberichte, Berichte von Opferberatungsstellen, Soziale Netzwerke und Polizeimeldungen. Hauptmelder sind jedoch meldewillige Bürger, die ihre Informationen in ein einfaches Online-Formular eintragen können. Abgefragt wird lediglich, was wo und wann passiert ist. Weitere Angaben müssen nicht gemacht werden. Auch bleibt unklar, ob die Schilderungen der Wahrheit entsprechen oder ob es sich nur um subjektive Eindrücke handelt.

Trickserei bei Zahl der „Vorfälle“

Die Betreiber des Portals sind sich der Tragweite der veröffentlichten Meldungen durchaus bewusst: „Die Ergebnisse können Politiker*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung oder politisch engagierte Initiativen in ihre Entscheidungen einbeziehen, und dann Maßnahmen entwickeln, um gezielt gegen Diskriminierung und Ausgrenzung vorzugehen“, heißt es auf der Homepage des „Berliner Registers“. Die Initiatoren weisen darauf hin, dass auch Vorfälle erfasst werden, „die keine Straftaten darstellen oder nicht zur Anzeige gebracht werden“, wie „Beleidigungen und Bedrohungen, Veranstaltungen, Aufkleber, Sprühereien oder diskriminierende Sprüche“.

Bei der Zahl der „Vorfälle“ wird allerdings getrickst, wie die NZZ berichtet. Das gibt auch die Verwaltung offen zu. „In einem Schreiben der Berliner Sozialverwaltung, das der NZZ vorliegt, bestätigt der zuständige Sachbearbeiter, dass er es völlig in Ordnung findet, wenn derselbe ‚transfeindliche‘ Aufkleber, der von fünf Personen gemeldet wird, als fünf transfeindliche Vorfälle gezählt wird“. Und noch etwas lässt aufhorchen. So würde in der Logik des Registers ein Aufkleber mit der Aufschrift „Es gibt nur zwei Geschlechter“ als rechtsextrem eingestuft, wie eine leitende Mitarbeiterin bestätigte. Allerdings nicht in jedem Fall: „Wir schauen, von wem der Aufkleber stammt, und wenn er von der AfD ist, dann nehmen wir ihn auf“, zitiert die NZZ die Frau.

Projektleiterin weist Vorwürfe zurück

Projektleiterin Kati Becker wies die Kritik an der Arbeit des Registers zurück. In einem Gespräch mit der Berliner Zeitung sagte sie, die Vorwürfe seien nicht neu und kämen „hauptsächlich aus der rechtsextremen Ecke“, aber auch verstärkt aus den Reihen „von transfeindlichen Aktivistinnen der Frauenbewegungen“. Zu den Ausführungen der NZZ sagte Becker: „Kein Vorfall wird mehrfach gezählt. Auch wenn fünf Sticker in einer Straße hängen, dann ist das für uns nur ein Vorfall.“ Auf den Vorwurf, wie einst die DDR-Staatssicherheit zur Denunziation aufzufordern, sagte sie: „Wir haben nicht die Methoden, die die Stasi hatte. Wir haben nicht die Zielsetzung, die die Stasi hatte. Wir machen etwas anderes.“

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