Aktion zum Burschentag

Burschenschaftsdenkmal in Eisenach – Zwischen deutscher Einheit und studentischer Freiheit

Hoch über der Stadt Eisenach thront das Burschenschaftsdenkmal. Das steinerne Bauwerk erinnert an die Freiheitsbewegung deutscher Studenten im 19. Jahrhundert und ist bis heute ein umstrittenes, jedoch historisch bedeutendes Symbol.

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Burschenschaftsdenkmal in Eisenach – Zwischen deutscher Einheit und studentischer Freiheit

Das Denkmal thront bereits seit über 100 Jahren über Eisenach.

© IMAGO / Norbert Neetz

Die Geschichte des Burschenschaftsdenkmals beginnt nicht mit seinem Bau, sondern mit dem Wunsch, eine nationale Erinnerung zu schaffen. Bereits im 19. Jahrhundert reifte bei den deutschen Burschenschaften die Idee, ein Denkmal zu errichten, das an die gefallenen Freiheitskämpfer der Einigungskriege und das Wirken der frühen Burschenschaften erinnern sollte. Die Mitglieder der Burschenschaften hatten auf dem Weg in den vereinten Nationalstaat eine bedeutende Rolle gespielt: von den Schlachtfeldern der Befreiungskriege gegen Napoleon über die Hörsäle der Universitäten bis hin zum Paulskirchenparlament und den Staatskanzleien ihrer Länder.

Nach der Reichsgründung im Jahr 1871 und dem damit erreichten Ziel eines deutschen Nationalstaats – wenn auch nicht demokratisch – wuchs das Bedürfnis nach einem Ort, an dem die Opfer und Ideale der Bewegung dauerhaft gewürdigt werden konnten. Die Wahl fiel auf Eisenach unweit der Wartburg, einem symbolträchtigen Ort der frühen deutschen Nationalbewegung. Nach den Wartburgfesten von 1817 und 1848 hatte sich die alte Burg mit ihrer eigentümlichen Form als Pilgerstätte der Nationalbewegung etabliert. In Sichtweite, auf der Göpelskuppe, sollte das Denkmal entstehen: weithin sichtbar und im Geist der deutschen Einheit.

Schöpfung aus eigener Kraft

Nach der Grundsteinlegung im Jahr 1897 konnte der Bau aufgrund der großen Spendenbereitschaft von Burschenschaftern aus dem ganzen Reich schnell realisiert werden. Als Architekt wurde der damals junge, aber bereits vielversprechende Wilhelm Kreis verpflichtet, der später viele andere national bedeutende Bauten wie die Augustusbrücke oder das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale) entwarf. Kreis gestaltete einen wuchtigen, neoromanischen Rundbau aus Muschelkalk mit starken Mauern, kleinen Fenstern und einer kupfergedeckten Kuppel, der Ernsthaftigkeit, Standhaftigkeit und Traditionsbewusstsein ausdrücken sollte.

Am 22. Mai 1902, dem 50. Jahrestag der Gründung des „Allgemeinen Deputierten-Convents“, der noch im selben Jahr in „Deutsche Burschenschaft“ (DB) umbenannt wurde, konnte das Denkmal feierlich eingeweiht werden. Tausende Burschenschafter reisten aus allen Teilen Deutschlands an, um an der Zeremonie teilzunehmen. Reden, patriotische Gesänge und ein feierlicher Zug zur Wartburg unterstrichen die politische und kulturelle Bedeutung dieses Moments.

Zwischen Licht und Schatten

Mit der Zeit wurde das Denkmal nicht nur zu einem Erinnerungsort für Burschenschafter, sondern auch zu einem Spiegel der deutschen Geschichte. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde es 1920 um das Langemarck-Denkmal erweitert, um an den heldenhaften Einsatz der oft jungen Kriegsfreiwilligen zu erinnern, die im Jahr 1914 unter „Deutschland, Deutschland über alles …“-Gesängen die feindlichen Stellungen nahe dem gleichnamigen Ort eingenommen haben sollen.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Denkmal ideologisch überformt. Viele Burschenschaften hatten sich teils aus Überzeugung, teils aufgrund der Verwerfungen in der Weimarer Republik der NSDAP angenähert – nun passte das Denkmal scheinbar nahtlos in das nationalsozialistische Geschichtsverständnis. Eine offizielle Einbindung in die NS-Gedenkpolitik blieb allerdings begrenzt, da die Burschenschaften 1935 verboten und durch die NS-Studentenführung ersetzt wurden. Nach 1945 lag das Denkmal in der sowjetisch besetzten Zone, dem späteren Gebiet der DDR. Es galt dort als Relikt „reaktionärer“ nationaler Gesinnung, wurde nicht gepflegt, teilweise beschädigt und schließlich dem Verfall überlassen. Die einstigen Inschriften waren zum Teil unlesbar und das Denkmal verschwand aus dem öffentlichen Bewusstsein.

Wiedererweckung 

Mit der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1990 erlangte auch das Burschenschaftsdenkmal neue Aufmerksamkeit. In einer beispiellosen Aktion gelang es Mitgliedern der Burschenschaft, das Denkmal und die Göpelskuppel vor weiterem Verfall zu bewahren und das Gelände in den Besitz der Deutschen Burschenschaft zu bringen. Die Restaurierungsarbeiten, die durch Spenden und teils durch staatliche Zuschüsse finanziert wurden, begannen in den 1990er-Jahren. Im Jahr 1999 wurde das Denkmal offiziell wiedereröffnet. Seitdem wurden nicht nur das Denkmal selbst, sondern auch die Innenräume wiederhergestellt und das Langemarck-Denkmal teilweise instand gesetzt.

Heute wird das Denkmal durch den Denkmalerhaltungsverein Eisenach e. V. verwaltet, der das Gelände instand hält und regelmäßig öffentliche Veranstaltungen ausrichtet. Neben wissenschaftlichen Vorträgen, Kulturveranstaltungen und Gedenkakten trifft sich dort auch die Deutsche Burschenschaft zum jährlichen Burschentag. Doch auch die Gegner der burschenschaftlichen Idee und des Denkmals selbst finden immer wieder ihren Weg nach Eisenach. So richteten sie etwa im Jahr 2019 einen Schaden von rund 120.000 Euro an. Auch in diesem Jahr wurde der Turm im Vorfeld des Burschentages durch einen Farbanschlag beschädigt – ein politisches Motiv liegt nahe.

Zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Das Burschenschaftsdenkmal ist in vielerlei Hinsicht ein einzigartiges Monument. Es ist eines der wenigen Denkmäler, das explizit den Burschenschaften als Teil der studentischen Freiheitsbewegungen des 19. Jahrhunderts gewidmet ist. Doch es bleibt umstritten. Kritiker werfen ihm vor, ein einseitiges, nationalistisches Geschichtsbild zu reproduzieren. Befürworter sehen es hingegen als historisches Zeugnis einer Generation, die für Einheit, Freiheit und ein besseres Deutschland gekämpft hat, auch wenn sie ihre Ziele nicht immer mit den heutigen demokratischen Idealen teilte.

Für die Burschenschaften ist es ein Ort der Begegnung und des Gedenkens an die Leistungen ihrer Vorgänger. Wenn sich Mitte Juni wieder hunderte Burschenschafter aus dem gesamten deutschsprachigen Raum im Berghotel versammeln, um ein weiteres Jahr der burschenschaftlichen Idee zu feiern und an den großen Burschentagen über die Zukunft des größten burschenschaftlichen Dachverbandes zu debattieren, dann wird das Denkmal nicht nur zu einem Ort der Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch zu einem Zeugnis lebendiger deutscher Kultur.

Über den Autor

Mike Gutsing

Mike Gutsing, Jahrgang 1999, hat Geschichte studiert und lebt in Mitteldeutschland. Das besondere Interesse des Korporierten gilt der deutschen Geschichte und Kultur.

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