Zensur droht: Deutsche Politiker wollen Telegram massiv einschränken

Symbolbild: Yuri Samoilov (https://yuri.samoilov.online/ via Flickr [CC BY 2.0 bzw. 3.0] (Bild zugeschnitten)
Berlin/Dresden. – Der Messenger-Dienst Telegram räumt seinen Nutzern und Kanalbetreibern besonders viel Meinungsfreiheit ein. So verwundert es kaum, dass sich der einstige Geheimtipp in den jüngeren Vergangenheit zum Medium der Wahl für Dissidenten aller Art mauserte. Neben rechten Akteuren vertraut insbesondere das maßnahmenkritische Lager auf den Dienst. Abweichende Meinungen finden ihre Zuflucht und die alternative Medienszene genießt viel Reichweite. Weltweit nützen monatlich über 500 Mio. Nutzer das Programm – zum Missfallen der neuen Innenminsterin Nancy Faeser (SPD).
Faeser-Offensive gegen „Hetze, Gewalt & Hass im Netz“
Denn diese will Telegram nun einschränken. Dies begründet sie damit, stärker gegen „Hetze, Gewalt und Hass im Netz entschlossener vorgehen“ zu müssen. Diese ortet sie offenbar im von Abermillionen völlig untadeligen Nutzern genutzten Messenger. Weil dieser nicht nur Individualkommunikation, sondern auch Gruppen mit bis zu 200.000 Nutzern und Kanäle mit unbegrenzter Abonnentenzahl ermöglicht, glaubt Faeser, das hoch umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) müsste dort auch greifen.
Das heißt konkret: Mutmaßlich rechtswidrige Inhalte müssen innerhalb sieben Tagen, vermeintlich strafbare sogar binnen 24 Stunden gelöscht werden. Andernfalls drohen horrende Strafen – Kritiker sehen dabei die Gefahr, dass kooperierende Netzwerkbetreiber eher zu viel als zu wenig löschen. Doch Telegram arbeitet bislang nicht mit dem deutschen Staat zusammen, zwei Anhörungsschreiben in vorliegenden Bußgeldverfahren bleiben laut dem Spiegel seitens Telegram weiter unbeantwortet.
Geldstrafen oder gar Telegram-Verbot stehen im Raum
Auch sonst kündige Faeser bereits an, dass unter ihrer Ressortverantwortung der Fokus noch mehr auf dem liegen wird, was die Etablierten für „rechtsextrem“ halten. Was den Kampf gegen das freie Wort im Netz betrifft, erhält sie schon einmal Schützenhilfe von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Dieser greift sich angebliche „Morddrohungen“ in den Unweiten der Telegram-Kanale auf – und will am liebsten gleich der ganzen App den weitgehenden Garaus in Deutschland machen.
„Wenn sie ihre Dienste weiter auf dem deutschen Markt anbieten wollen, müssen sie gegen diese Hetze vorgehen,“ tobte Kretschmer. „Andernfalls muss die EU, muss die Bundesregierung, müssen Apple und Android die Nutzung einschränken.“ Im Raum könnten laut der Jungen Freiheit hohe Geldstrafen, eine Klarnamenpflicht oder sogar ein Verbot des Dienstes in Deutschland stehen. Dies würde natürlich auch die überwiegende Mehrheit völlig untadeliger Nutzer treffen. Das heißt: Vorausgesetzt, ein solches Verbot wäre überhaupt faktisch durchsetzbar.
Kretschmer verschärft – und erntet wütenden Protest
Kretschmers Äußerungen geschahen auch vor dem Eindruck der wachsenden Proteste in Sachsen. Dort wurde besonders früh eine weitgehende 2G-Regel eingeführt, nun sogar die Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt. Dennoch fanden an den beiden vergangenen Wochenenden in dutzenden Städten teils gut besuchte Demos statt, die auch weitgehend friedlich blieben.
Die mediale Berichterstattung dominierte trotzdem ein Vorfall, bei dem Bürger aus Protest vor das Wohnhaus von Petra Köpping (SPD), der Gesundheitsministerin des Freistaats, zogen. Obwohl es bei verbalen Unmutsbekundungen blieb, war die Aufregung groß. Auch Kretschmer gilt als Reibebaum für Regierungskritiker. Dies gründet auch darauf, dass er inzwischen reale Einschränkungen der Freiheit noch vor anderthalb Jahren als „absurde und bösartige“ Behauptung abtat.