Rassismusvorwürfe: Amazon deaktiviert „Smart Home“-Geräte eines Kunden

Ein Amazon-Paketfahrer meldete seinem Arbeitgeber, dass er bei der Auslieferung von einem Kunden rassistisch beleidigt worden sei, woraufhin der Tech-Riese das Amazon-Konto des betreffenden Kunden deaktivierte.

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Rassismusvorwürfe: Amazon deaktiviert „Smart Home“-Geräte eines Kunden
Für ein „Smart Home“ ist oftmals ein Handy notwendig© IMAGO / Pond5

Immer mehr Menschen nutzen „Smart Home“-Geräte, mittlerweile haben mindestens 43 Prozent der Deutschen bereits „Smart Home“-Technologie im Einsatz. Darunter versteht man moderne Geräte, die miteinander vernetzt sind. Durch die einheitliche Steuerung per App oder Sprachbefehl und zahlreiche Funktionen erhöhen sie Sicherheit und Komfort. Vor allem die großen Konzerne wie Amazon oder Bosch nutzen mittlerweile immer öfter „Smart Home“-Techologien für ihre Geräte.Doch ein neuer Fall aus den USA zeigt, dass der digitale Komfort auch seine Tücken hat.

Ein Amazon-Kunde namens Brandon Jackson (Pseudonym) veröffentlichte Anfang Juni seine Geschichte über einen Konflikt mit Amazon, in den er durch eine Bestellung geraten war. In seinem Blogeintrag spricht Jackson offen über sein Zuhause, das mit zahlreichen Smart-Home-Geräten von Amazon in Form der Alexa-Technologie ausgestattet ist. „Ich habe ein intelligentes Zuhause und mein Hauptweg, um mit allen Geräten und Automatisierungen in Kontakt zu treten, sind die Amazon Echo-Geräte über Alexa“, schreibt er.

„Smart Home“-Geräte werden einfach deaktiviert

Der junge Mann schildert seinen Vorfall locker: Am 24. Mai erwartete er ein Paket von Amazon, das auch ohne Probleme ankam. Dann merkte er jedoch später, dass seine Amazon-Geräte nicht mehr richtig funktionierten. „Am nächsten Tag stellte ich fest, dass sich mein Echo Show abgemeldet hatte“, schreibt er. „Ich war nicht in der Lage, mit meinen Smart Home-Geräten zu interagieren.“ Er vermutete einen Hackerangriff oder ähnliches.

Als er die Website von Amazon besuchte, stellte er fest, dass er sich nicht mehr in sein Amazon-Profil einloggen konnte, da es gesperrt war. Also rief Jackson den Kundenservice an. Dieser erklärte ihm das Problem nüchtern und nach seinen eigenen Worten „vorwurfsvoll“: Der Paketbote habe sich beschwert. „Mir wurde gesagt, dass der Fahrer, der mein Paket geliefert hat, rassistische Bemerkungen von meiner Türklingel erhalten hat“, so Jackson. Amazon hat daraufhin sein Profil gesperrt – und damit auch sein „Smart Home“ deaktiviert. Damit war er komplett von Amazon ausgeschlossen und konnte die Geräte nicht mehr nutzen.

Jackson wollte die Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen und nahm die Lieferung genau unter die Lupe. Wie viele Haushalte in den USA hat auch er eine Kamera an der Haustür, die zeigte, dass die rassistische Bemerkung nicht zutraf. Außerdem gehörten der Paketbote und Jackson derselben ethnischen Gruppe an, und zur Zeit der Lieferung war niemand zu Hause, der über die Türklingel oder den Türsprecher eine rassistische Beleidigung hätte aussprechen können. Der Fall scheint klar: Der Paketbote hat sich geirrt.

Falsche Anklage ließ ihn im Dunkeln tappen

Weiter schreibt er auch, dass seine „Smart Home“-Türklingel eine automatische Antwort hat. “Excuse me, can I help you?” (deutsch: „Entschuldigen Sie, kann ich Ihnen helfen?“) ist beim Betätigen der Klingel zu hören – der Paketbote, so vermutet Jackson, muss diese Antwort falsch verstanden haben. Das Unternehmen zeigte sich zunächst unzugänglich für Jacksons Erklärungen, entsperrte das Profil des unschuldigen Nutzers aber einige Tage später kommentarlos wieder.

Für den jungen Mann war die Erfahrung jedoch Anlass genug, seinen Umgang mit Amazon-Geräten und Smart-Home-Technologie zu überdenken, schließlich war er von einem Tag auf den anderen plötzlich von vielen Funktionen seines Zuhauses ausgeschlossen, da die Geräte ein funktionierendes Amazon-Konto voraussetzten. „Dieser Vorfall brachte mich dazu, meine Beziehung zu Amazon zu hinterfragen. Nach fast einem Jahrzehnt der Loyalität wurde ich auf harte Weise daran erinnert, dass ein Missverständnis zu solch drastischen Maßnahmen führen kann“, schreibt Jackson am Ende seines Berichts.

Inzwischen haben US-Journalisten, die durch das Opfer Einblick in den Fall erhielten, den Vorfall bestätigt. Die Geschichte von Brandon Jackson wird das Vertrauen in die „Smart Home“-Technologie, die über das Internet von außen gesteuert und damit auch ohne eigenes Zutun deaktiviert werden kann, nicht stärken können. Im Gegenteil: Die von Kritikern der „Smart-Home“-Technologie häufig erhobenen Vorwürfe der Überwachung und Erziehung, wie beispielsweise in einem Bericht der Süddeutschen Zeitung, werden bestätigt. Das intransparente Vorgehen von Amazon in diesem Fall wird die Skepsis nicht beseitigen.