Verliert Wolfsburg den Golf? VW denkt über Produktion in Mexiko nach
Die mögliche Verlagerung der Golf-Produktion nach Mexiko sorgt bei Volkswagen für Diskussionen. Das Szenario könnte wirtschaftliche Vorteile bringen.
Wolfsburg. – Der krisengeschüttelte Automobilhersteller Volkswagen steht vor einschneidenden Veränderungen, um die finanzielle Lage seiner Kernmarke zu stabilisieren. Das Management erwägt verschiedene Szenarien, darunter die Verlagerung der Produktion des Golf ins Ausland.
Golf-Produktion könnte nach Mexiko verlagert werden
Eine der diskutierten Optionen ist die Verlagerung der Golf-Produktion vom Stammsitz Wolfsburg in das VW-Werk im mexikanischen Puebla. Nach Informationen aus Konzernkreisen gehört dieses Szenario zu den aktuellen Überlegungen zur künftigen Werksbelegung, gilt aber nicht als wahrscheinlichste Lösung. Ein Betriebsratssprecher bezeichnete die Berichte als Spekulationen, die weit von möglichen Beschlussfassungen entfernt seien. Volkswagen selbst wollte die Informationen laut Medienberichten nicht kommentieren, zuvor hatte das Handelsblatt über die Gedankenspiele berichtet.
Aushängeschild der Marke in der Diskussion
Der Golf, der derzeit ausschließlich in Wolfsburg für den Weltmarkt produziert wird, ist eines der wichtigsten Modelle der Marke und genießt einen ähnlichen Kultstatus wie einst der Käfer. Das Werk im mexikanischen Puebla hat bereits Erfahrung mit der Produktion des Käfers für den nordamerikanischen Markt und wäre daher ein naheliegender Standort für die Golf-Produktion.
Als weitere Option wird eine Verlagerung nach Polen diskutiert. Das dortige Werk in Posen war ohnehin für eine Überlaufproduktion des Golf aus Wolfsburg vorgesehen. Mexiko und Polen bieten aufgrund niedrigerer Produktionskosten wirtschaftliche Vorteile, könnten aber durch die angedrohten US-Zölle auf Exporte in die USA beeinträchtigt werden.
Tarifverhandlungen überschattet von Kostensenkungen
In Wolfsburg laufen parallel dazu Tarifverhandlungen zwischen Management und Arbeitnehmervertretern. Im Mittelpunkt stehen Kostensenkungen, die auch Lohnkürzungen und mögliche Werksschließungen einschließen. Volkswagen fordert Lohnkürzungen von zehn Prozent, um Zukunftsinvestitionen finanzieren zu können. Im Gegenzug verlangt der Betriebsrat einen verbindlichen Fahrplan zur langfristigen Sicherung der Arbeitsplätze.
Die Frage, wie die künftigen Modelle auf die einzelnen Werke verteilt werden, ist traditionell Teil der sogenannten Planungsrunde, in der die Investitionen für die nächsten fünf Jahre festgelegt werden. Doch diesmal sind die Entscheidungen eng mit den laufenden Tarifverhandlungen verknüpft. Für den Fall, dass der Golf aus Wolfsburg verschwindet, fordert die Arbeitnehmerseite als Ausgleich die Zuweisung anderer volumenstarker Modelle.
Zukunft des Golf-Modells bleibt ungewiss
Die Zukunft des Golf mit Verbrennungsmotor ist grundsätzlich in Frage gestellt. Volkswagen hat sich bereits auf ein EU-weites Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 eingestellt und investiert massiv in die Entwicklung neuer Elektrofahrzeuge. Denkbar ist, dass am Standort Wolfsburg in Zukunft ein neues Elektromodell produziert wird, etwa eine vollelektrische Variante des Golf mit dem Namen „ID.Golf“.
Die nächste Verhandlungsrunde zwischen Geschäftsleitung und Arbeitnehmervertretern ist für Anfang nächster Woche angesetzt. Bis dahin bleibt offen, welche der diskutierten Optionen tatsächlich umgesetzt werden. Die Entscheidung wird jedoch weitreichende Folgen für den Konzern und seine Belegschaft haben.