Stefan Marzischewski (AfD): „Ich bin Arzt und handle daher vernunftorientiert!“

Im norddeutschen Niedersachsen wird in einer Woche ein neuer Landtag gewählt. Letzte Umfragen sehen die AfD im zweistelligen Bereich. Im Gespräch mit der TAGESSTIMME erklärt der AfD-Spitzenkandidat Stefan Marzischewski seine Motivationen und Ziele für die nächsten fünf Jahre.
Interview von
2.10.2022
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4 Minuten Lesezeit

TAGESSTIMME: Herr Marzischewski, es sind nur noch ein paar Tage bis zur nächsten Landtagswahl. Sie sind dabei der Spitzenkandidat der AfD. Stellen Sie sich bitte mal kurz vor.

Stefan Marzischewski: Ich bin 57 Jahre alt, leitender Arzt in einem MVZ, Facharzt für Radiologie und Allgemeinmedizin und habe zwei erwachsene Söhne.

Sie konnten schon einige Erfahrung im Gifhorner Stadtrat sammeln, nun wollen Sie den Sprung in den Landtag wagen. Wie kam es zu dieser Entscheidung, sich nach der Kommunalpolitik nun auch an der Landespolitik zu versuchen?

Seit sechs Jahren führe ich im Team erfolgreich die kommunalpolitische AfD-Fraktion im Stadtrat und Kreistag in Gifhorn. Aus meiner Arbeit vor Ort kenne ich die Umsetzungsprobleme von Beschlüssen der Landespolitik auf der kommunalen Ebene. Das Konnexitätsprinzip, wer bestellt, bezahlt auch, wird dabei in aller Regel zu Lasten der Kommunen vergessen.

Als Spitzenkandidat scheint der Einzug relativ sicher oder zumindest in großer Reichweite. Ihr Lebensmittelpunkt wird dann voraussichtlich für die nächsten Jahre eher Hannover sein – freuen Sie sich auf diese neue Erfahrung? Oder machen Sie sich auch Sorgen bezüglich Vereinbarkeit von Privatleben, Familie und dem Leben als Abgeordneten?

Hannover liegt nur rund 60 km von Gifhorn entfernt und ist gut erreichbar. Ich bin es gewohnt als leitender Arzt deutlich mehr als 40 Stunden die Woche zu arbeiten. Ich freue mich auf meine neue Tätigkeit.

Gibt es schon konkrete Ideen und Pläne, die Sie im Landtag angehen und umsetzen wollen? Auf was kann sich ein AfD-Wähler freuen, welche Rolle werden Sie voraussichtlich im Landtag einnehmen?

Wir werden in Gifhorn versuchen, Taktgeber der Politik zu sein und uns den Problemen der Menschen vor Ort annehmen. Für Niedersachsen konkret: Abschaffung der Straßenausbaubeiträge, Wiedereinführung des Widerspruchsrechts bei Verwaltungsentscheidungen, Reform des NDR usw. Am Montag wurde unser Antrag hier im Stadtrat, die Gifhorner Tafel mit einem Energiekostenzuschuss von 6.000 Euro zu unterstützen, abgelehnt. Alle versprechen dieser Tage Hilfe, wenn es konkret wird, erfolgt eine Ablehnung.

Kommen wir zum Wahlkampf – der scheint ein bisschen schleppend zu laufen. In einigen Großstädten Niedersachsens sind zum Beispiel kaum oder wenig Plakate zu finden. Eine Wahlveranstaltung in Hannover wurde nach einigen Minuten aufgrund weniger Besucher beendet. Liegt das Land und die niedersächsische AfD noch im Tiefschlaf?

In den urbanen Zentren werden leider unsere Plakate zu tausenden zerstört, selbst bei mir in einem Flächenkreis, wird die Verlustquote an Plakaten am Ende des Wahlkampfes bei über 75 % liegen. Der Zuspruch der Menschen an meinen Infoständen in Gifhorn ist so groß wie nie.

Wo sehen Sie gerade in Niedersachsen die größten Probleme?

Aktuell natürlich in der Energiekrise, es gibt eine reelle Black-Out Gefahr im Winter, diese müssen wir abwenden. Daher ist der Weiterbetrieb der Atomkraftwerke unerlässlich und auch Kohle werden wir als Energieträger benötigen. Auf Landesebene sticht die desaströse Schulpolitik mit der schlechtesten Unterrichtsversorgung seit 17 Jahren ins Auge. Viele Schulen sind in einem schlechten Zustand. Aufgrund der fehlenden gesamteuropäischen Lösungen in Fragen der Flüchtlingspolitik bahnt sich ein zweites 2015 an. Demnächst werden deutschlandweit wieder Turnhallen zu Flüchtlingsunterkünften. Aus 2015 wurde leider nichts gelernt!

Sie sind in den letzten Monaten vor allem als Kritiker der Corona-Maßnahmen in Erscheinung getreten. Die linke Zeitung taz bezeichnete sie deswegen auch als „radikal“ – Herr Marzischweski, sind Sie also radikal? Ist ihre Coronakritik alles andere als „bürgerlich?“

Ich bin Arzt und handle daher vernunftorientiert! Die Polizeikontrollen zur Einhaltung der Maskenpflicht beim Schlittenfahren, die im vergangenen Jahr im Harz durchgeführt worden waren, zeigen doch den Aberwitz vieler Maßnahmen!

Die Entscheidungen zur Aufhebung der Maskenpflicht im Flugzeug und das Münchener Oktoberfest lassen freundlich grüßen. Wir brauchen keine Maskenpflicht mehr. Wer sich krank fühlt, bleibt bitte zu Hause. Lassen Sie uns endlich zur Normalität zurückkehren. Meine Anfrage am Montag zur Wirksamkeit von Luftfilteranlagen zur Reduktion von Coronainfektionen in Schulen ergab: Bis jetzt liegen auch nach über einem Jahr keine validen Ergebnisse vor!

Die aktuellen Krisen – Corona, Inflation, Energie, Ukrainekrieg – berühren vor allem auch Themenfelder, die nicht nur im Landtag zu lösen sind und ganz Deutschland und nicht nur Niedersachsen betreffen. Kann man angesichts dessen aktuell noch wirklich „Landespolitik“ betreiben? Müssen sich die AfD und die Kandidaten jetzt flexibler anstellen?

Die steigenden Energie- und Strompreise und die Inflation sind das allesbeherrschende Thema. Dazu der Wertverlust des Euros und die steigenden Zinsen. Alles Kernthemen der AfD. Die AfD spricht darüber hinaus die lokalen Landesthemen erfolgreich an. Wir möchten, dass es den Menschen hier in Niedersachsen gut geht und setzen uns mit ganzer Kraft dafür ein.

Mit welchem Ergebnis rechnen Sie? Die Umfragen sehen die AfD langsam an die zehn Prozent herantreten.

12 % +X!

Zum Schluss: Was macht Niedersachsen für Sie aus?

Die Vielfältigkeit der Landschaft

Herr Marzischewski, vielen Dank für das Gespräch!


Zur Person:

Stefan Marzischewski ist Facharzt für Radiologie in Gifhorn. Für die AfD tritt er als Spitzenkandidat in der Landtagswahl Niedersachsen 2022 an.