Andreas Kempers faschistischer Fluss (II): Ist Björn Höcke ein Machiavellist?

Im zweiten Teil dieser Recherche-Reihe werden weitere Vorwürfe, die der linke Soziologe Andreas Kemper an den AfD-Politiker Björn Höcke richtet, analysiert. Diesmal lautet die Fragestellung, ob Höcke tatsächlich – wie von Kemper behauptet – einen „völkischen Machiavellismus“ vertritt.
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21 Minuten Lesezeit

Eine Recherche von Bernhard Straßer

Die AfD steht seit langem unter scharfer Beobachtung und wird von vielen Journalisten und Politikern „bekämpft bis aufs Messer“, wie der brave Armin Laschet von der CDU das unlängst einprägsam ausdrückte. Wo bereits kanzlertreue Ministerpräsidenten der Blutdurst packt, so hat sich allgemein der Ton gegenüber der AfD wie auch die Schwere der Vorwürfe gegen sie in den letzten Jahren fortwährend gesteigert.

In dieser Serie soll es darum gehen, eine der einflussreichsten und auch radikalsten Kritiken, die bisher gegen die AfD gerichtet wurden, ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen, nämlich den Artikel „Björn Höckes faschistischer Fluss“ von Andreas Kemper. Bereits im ersten Teil (hier lesen), bei dem es um die Schilderung zweier Auftritte von Björn Höcke ging, hat sich allerdings gezeigt, dass dort durchgehend Aussagen verdreht, entstellt und entkontextualisiert werden. Während Björn Höcke sich eigentlich nur über die Sabotage seiner Veranstaltung durch Gegendemonstranten empört, versucht Andreas Kemper durch geschickte Montage einzelner Versatzstücke und Phrasen den Eindruck erwecken, als wäre das Gewaltmonopol des Staates infragegestellt worden.

Der zweite Teil nun wird sich dem eigentlichen Hauptstück des Artikel widmen, der Rezension von Höckes Gesprächsband „Nie zweimal in denselben Fluss“. Diesen hat Andreas Kemper aufmerksam gelesen und auf sein Rechtsradikalitätspotential hin untersucht. Erwartungsgemäß ist er natürlich völlig entsetzt darüber, und warnt bereits in den ersten Sätzen: „Das Lesen dieses Buches bestätigt jedoch den Gesamteindruck einer faschistischen Agenda“. (Bereits 2016 hat Andreas Kemper eine Broschüre veröffentlicht, worin er den Nachweis über eine „faschistische“ Gesinnung Höckes erbracht zu haben glaubt. Dieser werden wir uns im abschließenden Teil der Serie widmen.) Nach der Einleitung präzisiert Kemper seinen Eindruck: „Höckes faschistische Agenda lässt sich als ein völkischer Machiavellismus beschreiben“.

Vier Merkmale

Diesen Machiavellismus, so gliedert sich der Artikel, macht er an vier Merkmalen fest, deren Existenz er bei Höcke aufzeigen will:

  • 1. der Verfassungskreislauf als Geschichtsrad,
  • 2. die Bejahung von Grausamkeit und die Ablehnung von moralischen Maßstäben,
  • 3. die Annahme einer Machtenergie („virtù“), die im Volk vorhanden sei, sich aber in einzelnen Führern („uomo virtuoso“) besonders manifestiert,
  • 4. eine Geschlechterpolarität, die durch das Herkules-Bild symbolisiert wird.

Bereits dieses Gerüst ist problematisch. Er will eine „faschistische Agenda“ dadurch aufzeigen, dass er einen „völkischen Machiavellismus“ beschreibt, und diesen Machiavellismus wiederum anhand von vier nicht näher begründeten Merkmalen, die ihrerseits allenfalls indirekt mit Faschismus zu tun haben. Sofern man ein wenig seriöse Methodik verlangt, ist das nicht wirklich tragfähig und kann weder Faschismus noch Machiavellismus nachweisen, auch ein „völkisches“ Merkmal ist nicht darunter.

Dennoch aber stellt sich die Frage, ob diese vier Merkmale, denen natürlich durchaus grenzwertige Tendenzen innewohnen, tatsächlich Björn Höckes Weltbild charakterisieren. Erfreulicherweise gibt Andreas Kemper im Artikel die Seitenzahlen seiner Quellen an, wodurch ein Nachprüfen möglich wird.

Bei dieser Prüfung soll es nun wohlgemerkt nicht darum gehen, Höckes Denken gegen die allgemeine Ablehnung zu verteidigen, zu bewerben oder ihn als „Mann der Mitte“ darzustellen. Wer sein Buch liest, kommt nicht umhin, ihn als erzkonservative, sich sehr grundsätzlich positionierende Figur wahrzunehmen, die zweifellos alle nur erdenklichen Formen von Kritik herausfordert. Worum es hier ausschließlich gehen soll, sind angesichts der Wirkmächtigkeit dieses Textes erstens Aspekte, die tendenziell als faschistisch oder verfassungsfeindlich betrachtet werden könnten. Und zweitens die unlautere Arbeitsweise von Andreas Kemper. In diesem Sinn soll dieser Text nicht in die politische Debatte eingreifen, sondern lediglich erst einmal wieder ein Terrain zurückgewinnen, worauf sachliches Diskutieren möglich wird.

1. Der Verfassungskreislauf als Geschichtsrad

Nachdem Kemper den Leser mit einer faszinierenden psychologischen Ferndiagnose unterhalten hat, wonach seiner Einschätzung nach Machiavelli bei Abfassung von „Il Principe“ durch vorhergehende Folter traumatisiert gewesen wäre, geht es los mit dem ersten Merkmal:

„Der Geschichtslehrer Höcke geht mit Machiavelli und Polybius [sic] von einem Verfassungskreislauf aus. Die Herrschaftsformen würden über ihre Verfallsformen zu neuen Herrschaftsformen führen: Alleinherrschaft (Verfall: Tyrannis) => Herrschaft der Vielen (Verfall: Oligarchie) => Volksherrschaft (Verfall: Ochlokratie) => Alleinherrschaft …Aktuell befinden wir uns nach Höcke ‚im letzten Degenerationsstadium‘ der Demokratie, in der Ochlokratie (225ff.). Nach dieser Logik geht Höcke beim neuen System von einer Alleinherrschaft (Präsidialdemokratie mit Notstandsgesetzen? Diktatur?) aus. Auf die Frage, ob ein Volk sich selber aus dem Sumpf ziehen könne, antwortet Höcke mit Machiavelli: Nur ein ‚uomo virtuoso‘ könne ‚als alleiniger Inhaber der Staatsmacht ein zerrüttetes Gemeinwesen wieder in Ordnung bringen‘ (286).“

(Quelle: https://www.graswurzel.net/gwr/2018/09/bjoern-hoeckes-faschistischer-fluss/)

Wie bereits bei der Schilderung von Höckes Auftritten lässt sich bei Überprüfung der Quellen allerdings erneut feststellen, dass in den Originalquellen etwas anderes steht, als von Kemper behauptet. Ich zitiere die betreffenden Stellen wieder ausführlich, um den unterschlagenen Kontext sichtbar zu machen.

„[Frage:] Sie sprechen so selbstverständlich von der Überholtheit der heutigen Eliten. Kommt das von Ihrer Neigung, als Geschichtsstudierter in längeren Zyklen zu denken? [Höcke:] Ja, das spielt sicher mit hinein. Schon die antiken Philosophen Platon und Aristoteles haben erkannt, daß es einen unaufhörlichen Auf- und Abstieg von Gemeinwesen gibt. Der griechische Geschichtsschreiber Polybios hat in seiner berühmten ‚Politeion Anakyklosis‘ diese Gedanken weiterentwickelt, indem er den beständigen Wechsel zwischen den drei guten Verfassungstypen Monarchie, Aristokratie und Demokratie und ihren drei schlechten Entsprechungen Tyrannis, Oligarchie und Ochlokratie beschrieb, wobei er unter ‚gut‘ die Gemeinwohlorientierung und unter ‚schlecht‘ die Fixierung auf Eigennutz verstand. Ich will jetzt gar nicht auf die Probleme und Details dieser Anakyklosis eingehen, denn Machiavelli hat uns einige hundert Jahre später ein drastisch vereinfachtes Modell geliefert, mit dem wir die heutige Situation hervorragend beschreiben können: er unterscheidet nur noch zwischen den beiden Phasen einer guten Ordnung und den Phasen des politischen Niedergangs, die sich aufgrund der besonderen menschlichen Natur zwangsläufig abwechseln. Machiavelli fordert ‚virtú‘ – politische Ordnungs- und Gestaltungskraft -, um ein Gemeinwesen á la longue vor dem Abstieg zu bewahren. Und Ordnung ist immer eine Anstrengungsleistung, Chaos kommt von ganz alleine. Das gilt so auch für die politische Kultur.“ (S. 225f.)

Unser „Geschichtslehrer Höcke“ geht also keineswegs von einem Verfassungskreislauf als Wechsel von Monarchie, Aristokratie und Demokratie aus. Er spricht dieses Modell lediglich im Rahmen eines kleinen, historischen Exkurses an. Er selbst vertritt ein vereinfachtes Modell, worin lediglich Zyklen von Ordnung und Niedergang einander abwechseln, und lediglich dieses hält er für hilfreich, um die aktuelle Situation zu beschreiben. Somit glaubt Höcke weder an einen „Verfassungskreislauf“, noch will er im Sinne eines solchen Kreislaufs zur Überwindung der im Niedergang befindlichen Demokratie eine autoritäre Herrschaft einrichten, wie Kemper das einfach trotz recht klarer Quellenlage dazudichtet. Höcke will von einer von ihm als Niedergang wahrgenommenen Phase zu einer Phase der Ordnung finden, aber ein Wechsel des politischen Systems hin zu einer autoritären Herrschaft, wird von ihm nicht intendiert.

Aber! – sagt Höcke denn nicht laut Kemper, dass alleine ein „uomo virtuoso“ als „alleiniger Inhaber der Staatsmacht“ Ordnung schaffen könne? Auch hier zeitigt das Nachlesen überraschende Resultate:

“[Höcke:] … [Wir brauchen] weniger die Not als Zuchtmeister als eine fordernde und fördernde politische Elite, die unsere Volksgeister wieder weckt. Und eine allgemeine Haltung, die die Einheit in der Vielfalt bejaht, denn nur mit starken Einzelpersönlichkeiten, die sich dem Ganzen verbunden fühlen, werden wir ein so großes Projekt wie den Neubau unseres Gemeinwesens stemmen. [Frage:] Aber ist ein Volk überhaupt in der Lage, sich selbst aus dem Sumpf wieder herauszuziehen? [Höcke:] Machiavelli bestritt das ja vehement. Er ging von einem ‚Uomo virtuoso‘ aus, der nur als alleiniger Inhaber der Staatsmacht ein zerrüttetes Gemeinwesen wieder in Ordnung bringen könne. Aber auch für eine plurale Führung wäre eine enge Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Volk unabdingbar. [Frage:] Besteht eine solche Elite bereits, vielleicht im Hintergrund abwartend? [Höcke:] Nein, nur in ganz bescheidenen Ansätzen. Das Problem heute in Deutschland ist, daß die politische Klasse den natürlichen Kreislauf der Elitenbildung und -ablösung über viele Jahre behindert hat, sich als nur rudimentär eine Gegenelite bilden konnte. Das merken wir auch empfindlich an der Parteiopposition. Der notwendige Elitenwechsel wird sich also über eine längere Zeit hinziehen, da die nötigen Kräfte zu großen Teilen erst neu gebildet werden müssen.“ (S. 286)

Auch hier, wobei diese Passage erst 50 Seiten später auftaucht und ein ganz anderes Thema behandelt, dekontextualisiert Kemper einen einzelnen Satz massiv. Höcke behauptet erkennbar nicht, dass nur ein „uomo virtuoso“ als „alleiniger Inhaber der Staatsmacht“ das Land wieder in Ordnung bringen könne. Vielmehr stellt auch hier das ausgewählte Satzfragment lediglich eine Bezugnahme auf die historische Theorie von Machiavelli dar. Was Kemper dagegen weglässt, ist der darauffolgende Satz, mit dem Höcke Machiavellis Aussage relativiert und stattdessen von einer „pluralen Führung“ spricht, die überdies eine „enge Kommunikation und Zusammenarbeit mit dem Volk“ pflegen müsse. Im Kontext des Themas dreht diese Passage sich um die Frage nach einer von ihm gewünschten Elitenablösung, die von ihm innerhalb des Rahmens bestehender Institutionen als friedlicher, demokratischer Prozess gedacht zu werden scheint. Er will also weniger die Demokratie durch eine Elitenherrschaft, als vielmehr innerhalb des bestehenden Systems die linken Eliten durch rechte Eliten ersetzen.

2. Die Bejahung von Grausamkeit als politisches Mittel und die Ablehnung moralischer Maßstäbe

Kempers Collage-Technik erreicht nun langsam ihren Zenit, munter und in einem eigenartig ironisch-triumphierenden Tonfall vermengt er kurze Höcke-Phrasen aus sämtlichen Quellen mit Zitaten von Hegel und Sloterdijk, und auch eine Goebbels-Assoziation darf nicht fehlen.

„Die Errichtung dieses neuen Systems werde Generationen dauern und die Deutschen würden durch ein ‚tiefes Tal‘ gehen. Brandige Glieder könnten nicht mit Lavendelwasser kuriert, sondern nur ‚durch gewaltsamste Verfahren reorganisiert werden‘, zitierte Höcke bereits 2014 in einem Interview in der ‚Blauen Narzisse‘ den Philosophen Hegel“, schreibt Kemper nun, und erweckt beim Leser den Eindruck, als wolle Höcke mittels brutaler Gewalt ein neues System errichten.

Dass Höcke ein „neues System“ errichten wolle, behauptet Kemper hier einfach ohne näheren Beleg, vielleicht, weil er es bereits beim vorhergehenden Punkt erwiesen zu haben glaubt. Die Wendung „tiefes Tal“ dann stammt anscheinend aus einer Rede aus dem Jahr 2014, wo Höcke sagte: „Wir werden durch ein tiefes, tiefes Tal gehen. Aber die AfD ist für mich eine Kraft, die es vielleicht schafft, die Aufbaufähigkeit unseres Volkes, unseres Landes bereitzustellen, um aus diesem Tal wieder herauszukommen.“1 Sonderlich viel Radikalitätspotential hält die Stelle also nicht bereit. Vielleicht gerade deshalb montiert Kemper geschickt ein Hegel-Zitat einer anderen Quelle hinein, wo von „gewaltsamsten Verfahren“ die Rede ist. Dieses stammt aus einem Interview mit dem Online-Magazin „Blaue Narzisse“ aus dem Jahr 2014. Dort sagt Höcke:

„Die Mehrheit der Mitglieder sieht meiner Einschätzung nach jedoch die Notwendigkeit grundsätzlicher Veränderungen. Georg Wilhelm Friedrich Hegel sagte einmal: ‚Brandige Glieder können nicht mit Lavendelwasser geheilt werden. Der Verwesung nahes Leben kann nur durch das gewaltsamste Verfahren reorganisiert werden‘. Wie Hegel sind wir keine Revolutionäre. Und ‚gewaltsam‘ bei Hegel kann in heutiger Diktion mit ‚grundsätzlich‘ übersetzt werden. Ich hoffe, daß unsere ‚grundsätzlich‘ ausgerichteten Mitglieder diejenigen in Führungspositionen wählen werden, die trotz des gebotenen Pragmatismus nie ihre politischen Zielvorstellungen aus den Augen verlieren. Diese ‚Unbedingten‘ müssen uns erhalten bleiben.“2

Höcke spricht sich hier also gar nicht für Gewalt aus, sondern verwendet lediglich ein etwas pathetisches, historisches Hegel-Zitat. Was Kemper aber wiederum einfach wegkürzt, ist, dass er dieses Zitat in den darauffolgenden Sätzen deutlich uminterpretiert. Er distanziert sich zuerst explizit von revolutionären Zielen, und deutet dann den Begriff „gewaltsam“ im Sinne von „grundsätzlich“.

Es geht also lediglich um eine Art prinzipientreuer Fundamentalopposition, die er als politische Strategie der AfD propagieren will. Der Zusammenhang interessiert Kemper allerdings nicht, er pickt sich nur die drastisch klingende Phrase heraus. Und erzeugt nun, aus zwei eigentlich belanglosen Passagen, die unter dem Strich hinter dem Radikalitätspotential eines Linken-Parteitags deutlich zurückbleiben dürften, einen Absatz, der den Eindruck erweckt, Höcke plane hier irgendein Massaker.

Dann geht es zurück zum Buch:

„In seinem Buch taucht dieses Hegel-Zitat wieder auf (254). Höcke wird dort konkreter: Die Maßnahmen, die ergriffen werden müssten, würden unseren ‚eigentlichen Moralvorstellungen zuwider laufen‘. Er spricht von einer notwendigen ‚wohltemperierten Grausamkeit‘ und zitiert damit Peter Sloterdijk. Sloterdijk meinte damit die Grausamkeit der Zurückweisung von Geflüchteten wie in Kanada, Höcke zielt hingegen auf ein ‚großangelegtes Remigrationsprojekt‘, also auf Grausamkeiten ganz anderer Dimension, und stellt klar: ‚existenzbedrohende Krisen erfordern außergewöhnliches Handeln. Die Verantwortung dafür tragen dann diejenigen, die die Notwendigkeit dieser Maßnahmen mit ihrer unsäglichen Politik herbeigeführt haben.‘ (255)“

Hier Höcke im Originalton:

„Aber auch in der erhofften Wendephase stünden uns harte Zeiten bevor, denn umso länger ein Patient die drängende Operation verweigert, desto härter werden zwangsläufig der erforderlichen Schnitte werden, wenn sonst nichts mehr hilft. [Frage:] ‚Brandige Glieder können nicht mit Lavendelwasser kuriert werden‘, wusste schon Hegel. [Höcke:] Vor allem eine neue politische Führung wird dann schwere moralische Spannungen auszuhalten haben: sie ist den Interessen der autochthonen Bevölkerung verpflichtet und muß aller Voraussicht nach Maßnahmen ergreifen, die ihrem eigentlichen moralischen Empfinden zuwider laufen. [Frage:] Sie meinen Maßnahmen im Rahmen einer Rückführung nicht integrierbarer Migranten? [Höcke:] Ja, neben dem Schutz unser nationalen und europäischen Außengrenzen wird ein großangelegtes Remigrationsprojekt notwendig sein. Und bei dem wird man, so fürchte ich, nicht um eine Politik der ‚wohltemperierten Grausamkeit‘, wie es Peter Sloterdijk nannte, herumkommen. Das heißt, daß sich menschliche Härten und unschöne Szenen nicht immer vermeiden lassen werden. Man sollte seitens der staatlichen Exekutivorgane dabei so human wie irgend möglich, aber auch so konsequent wie nötig vorgehen. [Frage:] Es würde also nicht nur eine logistische, sondern auch eine moralische Herausforderung für die Verantwortlichen werden. [Höcke:] Ja, aber existenzbedrohende Krisen erfordern außergewöhnliches Handeln. Die Verantwortung dafür tragen dann diejenigen, die die Notwendigkeit dieser Maßnahmen mit ihrer Unsäglichkeit herbeigeführt haben.“ (Seite 154f.)

„Dies ist vielleicht der erschreckendste Teil von Höckes Interview: die Ankündigung von Grausamkeit wird mit der vollständigen Verneinung der Verantwortung für das eigene unmoralische Verhalten verbunden“, kommentiert Kemper diese Passage.

Tatsächlich ist der Kontext wiederum deutlich komplexer. Denn auch der Ausdruck „wohltemperierte Grausamkeit“ ist aufs Neue kein höckesches Eigengewächs, womit dieser seine amoralische Gewaltlust artikulieren würde, sondern stammt vom durchaus als besonnen und demokratisch geltenden Philosophen Peter Sloterdijk. Im Kontext der Flüchtlingsdebatte sagte dieser im Herbst 2015: „Man kann es machen, wie die Kanadier es tun oder die Australier es tun oder die Schweizer es tun, und dabei geht es jedes Mal darum, dass eine Nation, eine allzu attraktive Nation, ein Abwehrsystem aufrichtet, zu dessen Konstruktion so etwas wie wohltemperierte Grausamkeit vonnöten ist.“3 Grausamkeit bedeutet hier letztlich nur: die Durchsetzung geltenden Rechts, also in diesem Fall der Verhinderung von illegaler Migration. Arme Menschen drängen in reiche Länder, um am dortigen Wohlstand zu partizipieren, sie sind fraglos oft verzweifelt, wünschen sich ein besseres Leben, und dennoch kann nicht allen die Einwanderung gestattet werden. Die Aussicht auf „hässliche Bilder“, die, wie mittlerweile bekannt ist, Angela Merkel entgegen ihrer bisherigen Haltung zur Grenzöffnung im Herbst 2015 bewegt hat, sie ist mit einer Abschirmung gegen illegale Migration unvermeidlich verbunden.

Und auch in Bezug auf die deutsche Binnensituation stellt sich nach langen Jahren der weitgehend offenen Grenzen die Frage, wie mit den durchaus vorhandenen Problemfällen umgegangen werden soll. Was tun mit den entstehenden Parallelgesellschaften, mit kriminellen Clans, mit Islamisten und Terroristen, mit chancenlosen, auf Lebenszeit arbeitslosen Milieus, und nicht zuletzt mit denjenigen Flüchtlingen, deren Fluchtgrund entweder nie vorhanden war oder irgendwann entfällt? Bereits die Abschiebung verurteilter Straftäter wird aktuell von linken Aktivisten systematisch blockiert und skandalisiert. Abschiebungspflichtige wehren sich vielfach auch mit aller physisch vorhandenen Kraft, wodurch enorme Gewaltanwendung durch die Beamten notwendig wird. Was, wenn ganze Familien samt Frauen und Kindern gezwungen werden, sich zurück auf den Weg nach Nigeria, Eritrea oder dem Irak zu machen?

Das ist eigentlich die Frage, über die Höcke hier spricht. Und natürlich hat Kemper davor bereits so viel Dämonisierung betrieben, dass eine Aussage, nach der Maßnahmen dem „eigentlich moralischen Empfinden zuwider laufen“ würden wie die Ankündigung zu einem Völkermord klingt.

Tatsächlich formuliert Höcke hier weniger eine amoralische Position, sondern einen moralischen Zwiespalt zwischen einerseits berechtigten Idealen eines allgemeinen, unterschiedslosen Menschheitswohls und Empathie für die Armen, wie diese von den aktuellen Eliten gepflegt werden – und andererseits einer ebenso berechtigten Gemeinwohlorientierung und dem Einwand, dass das Streben nach einem Menschheitswohl nicht die Zerstörung von Wohlstand und gesellschaftlicher Stabilität des eigenen Landes beinhaltet. „Es gibt keine moralische Pflicht zur Selbstzerstörung“, wie Sloterdijk es an anderer Stelle formulierte. Doch die Kehrseite dessen wäre natürlich, dass unser Land gezwungen wäre, mit der Realität von rigider Grenzabwehr und hunderttausendfacher Abschiebung zu leben.4

Wer also willens ist, diese Passage in einer halbwegs neutralen Haltung auf das Gemeinte hin zu befragen, statt als politischer Aktivist alle Anstrengung darauf zu verwenden, Höcke als neuen Hitler darzustellen, wird zugestehen müssen, dass Höcke weder Amoralist in einem weltanschaulichen, darwinistischen Sinn ist, noch Grausamkeit zur Machtstabilisierung, also beispielsweise gegenüber Oppositionellen, im Sinne Machiavellis befürwortet. Er lehnt nicht „Moral als Maßstab“ ab, wie Kemper behauptet, sondern artikuliert den Zwiespalt zweier Moralsysteme, von Gesinnungsmoral und Verantwortungsmoral. Wobei er in einer Gesellschaft, die von ersterer bestimmt wird, die zweitere vertritt. Das ist sicher diskussionswürdig, womöglich liegt hier gar der heimliche Kern unserer gesellschaftlichen Polarisierung, aber erneut bleibt vom blutrünstigen Bild, das Kemper zeichnet, sehr wenig übrig.

3. die Annahme einer Machtenergie („virtù“), die im Volk vorhanden sei, sich aber in einzelnen Führern („uomo virtuoso“) besonders manifestiert

Bei diesem Punkt scheint Kemper gar keine Lust zu haben, die aufgestellte Behauptung zu belegen, nicht einmal die bereits gewohnten, dekontextualisierenden Zitatschnipsel kommen zum Einsatz.

„Indem der politische Theoretiker Machiavelli mit ‚Il Principe‘ sein Foltertrauma verarbeitet, können wir auf die dargelegten Wirkmechanismen zurückgreifen, wie beispielsweise auf den zentralen Begriff der ‚virtù‘, einer männlich konnotierten Macht, die sowohl in einem Volk, als auch konzentriert in Staatsgründern erhalten sein kann. Höcke bezieht sich explizit auf ‚virtù‘ und den ‚uomo virtuoso‘. Durch die Gewaltförmigkeit unserer Gesellschaft und der generationenübergreifenden Tradierung von Gewalterfahrungen ist die ‚virtù‘ nicht einfach nur ein Gespinst, sondern ein reales Phänomen, welches machttechnisch genutzt werden kann“,

postuliert hier Kemper einfach, ohne sich die Mühe eines Nachweises zu geben. Ein solcher Nachweis wäre unter Umständen auch schwierig zu erbringen gewesen, denn abgesehen vom bereits obig zitierten Satz – „Machiavelli fordert ‚virtù‘ – politische Ordnungs- und Gestaltungskraft -, um ein Gemeinwesen á la longue vor dem Abstieg zu bewahren.“ – findet sich im ganzen Buch meines Erachtens keine einzige Erwähnung dieses Begriffs mehr. Vielleicht zitiert er den Satz auch deshalb nicht, weil sonst allzu deutlich würde, dass Höcke unter „virtù“ etwas ganz anderes versteht.

Interessant ist nämlich, dass Kemper bereits 2011 mit einer sehr exzentrischen Interpretation Machiavellis an die Öffentlichkeit getreten ist. Gemeinhin wird dieser Begriff, frei mit „Tugend“ oder „Tüchtigkeit“ übersetzbar, im Kontext der italienischen Renaissance interpretiert. Damals wurde das mittelalterliche Weltbild überwunden – statt einer alleine von Gott gefügten und vorgegebenen Ordnung findet die Renaissance im Rückgriff auf antike Autoren zurück zur Idee der Republik als eines alleine von Menschen konzipierten und verwirklichten Gemeinwesens, und zurück zur Idee des Menschen als aktiv sein eigenes Glück, seine eigene Ordnung schaffendes Wesen.

In der „virtù“ vereinigen sich demzufolge für den Renaissance-Autoren diejenigen Eigenschaften, die zentral zur Schaffung und Stabilisierung eines Gemeinwesens notwendig sind – und erst durch diese ordnungspolitische Stabilität werden für Machiavelli Moral und individuelle Freiheit verwirklichbar. Wobei Machiavelli, skandalös für die heutige Zeit, aber im Rahmen der damaligen Umstände durchaus realistisch, zwei Hauptwerke schuf: in den „Discorsi“ dreht sich alles um die Republik, also die Volksherrschaft, im „Fürsten“ dagegen um eine autoritäre Alleinherrschaft. Der Begriff der „virtù“ wird von Machiavelli in beiden Fällen verwendet: sowohl als Fähigkeit eines Diktators, eine stabile Herrschaft zu etablieren, als auch für republikanische Tugenden wie Gemeinsinn und Disziplin. Wenn also Höcke hier allgemein von „politischer Ordnungs- und Gestaltungskraft“ spricht, gibt er damit recht treffend den üblicherweise damit verbundenen Bedeutungsgehalt wieder.

Kemper dagegen bezeichnet Machiavelli schon 2011 als „Darth Vader der Machttheorie“5 und empfiehlt ihm Traumatherapie und profeministische Aufarbeitung in der antisexistischen Männergruppe. Sein Blick auf Machiavelli ist fixiert auf Gewalt, Traumatisierung und Macht, und diese auf ein dämonisches Feindbild reduzierte, exzentrische Interpretation versucht er im Rahmen seiner eigenen Weltanschauung, auf Höcke zu projizieren, auch wenn dieser sich nur am Rande für Machiavelli interessiert.

4. eine Geschlechterpolarität, die durch das Herkules-Bild symbolisiert wird

„In Machiavellis ‚Il Principe‘ wird die Geschlechterpolarität symbolisiert durch Herkules und durch die Schicksalsgöttin Fortuna, welche man beim Schopfe packen und prügeln müsse“, erzählt Kemper schließlich beim finalen Machiavellismus-Merkmal, und beendet damit einen kuriosen Artikel stilgerecht, denn das ist schlicht falsch. Kemper bezieht sich dabei anscheinend auf einen bekannten Ausspruch Machiavellis: „Ich bin aber der Meinung, dass es besser ist, draufgängerisch als bedächtig zu sein. Denn Fortuna ist ein Weib; um es unterzukriegen, muss man es schlagen und stoßen.“ Wie unschwer zu erkennen ist, taucht hier weder ein Herkules auf, diesen erfindet Kemper einfach dazu, noch wird dadurch eine Geschlechterpolarität symbolisiert. Es handelt sich lediglich um eine Allegorie, womit das Verhältnis von „virtù“, der Tüchtigkeit, und „fortuna“ dem Glück, bezeichnet werden soll. Das Glück ist mit dem Tüchtigen, wie man es etwas moderner ausdrücken würde.

Und auch wenn hier ein patriarchalisch geprägter Zynismus im Hintergrund durchaus vermutet werden kann, spielt in der ausschließlich in der politischen Sphäre handelnden Philosophie Machiavellis die Frage nach Geschlechterrollen nicht die geringste Rolle. Die Annahme einer Geschlechterpolarität ist also entgegen Kempers Postulat gar kein Merkmal machiavellistischen Denkens. Einziger Vorteil dieses Merkmals ist allerdings, dass es diesmal tatsächlich unverkennbar bei Höcke auftaucht.

„Das natürliche Verhältnis zwischen den Geschlechtern ist weniger ein Kampf, sondern eine spezifische Polarität, die das faszinierende Fluidum ausmacht, das beide Seiten zueinander zieht. Wenn man diese Polarität schwächt oder abtötet, vernichtet man auch die Anziehungskräfte des Eros. Ich bin überzeugt, dass es wesensmäßige Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt, die wir nicht überwinden, sondern kultivieren sollten“, erzählt Höcke nämlich recht unverblümt auf Seite 115. Dass das den bekennenden Feministen Kemper auf die Palme bringt, verwundert natürlich nicht. Dennoch handelt es sich dabei lediglich um ein konservatives Geschlechterbild, das weder für Machiavelli noch Faschismus maßgeblich ist.

Fazit

Was bleibt am Ende übrig? Höckes Buch offenbart ein geschlossenes Weltbild, das mit Begriffen wie „rechts“ oder „nationalkonservativ“ sicher nicht falsch beschrieben ist und nachvollziehbarerweise bei Andersdenkenden auf Ablehnung stößt. Doch so wichtig die gesellschaftliche Debatte darüber sein mag, so wenig erweist Andreas Kemper ihr mit diesem Artikel einen Dienst. Ganz abgesehen davon, dass es kaum eine Verbindung zwischen Höcke und Machiavelli gibt: so gut wie jeder Punkt, den Kemper in diesem Artikel entwickelt, ist Unsinn. Die einzige Meisterschaft darin besteht in einer systematisch angewandten Verfälschungs-Methodik. Kemper arbeitet in gewisser Weise wie ein Collagist: dem Bild einer Eidechse klebt er Vogelflügel und Ziegenhörner an, und behauptet dann stolz, er hätte die Existenz von Drachen nachgewiesen. Beinahe könnte man hier von einer Kunst sprechen, gäbe Andreas Kemper sich denn als Künstler und begnadeter Märchenerzähler aus. Doch er tritt als politischer Journalist auf, und in diesem Rahmen ist seine Arbeitsweise im besten Fall dilettantisch, im schlimmsten Fall durch und durch unethisch.

Umso bizarrer darüberhinaus dann der Umstand, dass es ausgerechnet der Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes war, der diesen Ausbund an Unseriosität ungeprüft aufgegriffen, bei einer Pressekonferenz als Begründung für die Beobachtung der AfD zitiert und damit außerordentlich popularisiert hat.

Was damit geschaffen wurde, ist ein moderner Mythos, der mittlerweile seine eigene Dynamik entwickelt hat, der auch nirgendwo mehr hinterfragt wird, da die gesellschaftlichen Eliten von Politik, Medien und auch des akademischen Bereichs beinahe geschlossen gegen die AfD kämpfen. „Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch“, schreibt Hölderlin. Wo der politische Gegner ist, so scheint es, wachsen auch automatisch die Anschuldigungen gegen ihn, und Kemper liefert die Munition, die an anderer Stelle so dringend benötigt zu werden scheint. Was dagegen verloren geht, ist die intellektuelle Redlichkeit, auch als Ausdruck eines grundlegenden Respekts gegen den Andersdenkenden. Dieser allerdings ist lebensnotwendige Basis für eine funktionierende Demokratie.

Presseschau:

„Der thüringische AfD-Spitzenfunktionär Björn Höcke hatte dort erklärt, es sei die ‚Zeit des Wolfes‘ gekommen. Wenn eine AfD-Demo behindert werde, würde der Polizei fortan fünf Minuten Zeit gegeben, danach werde die Demo beendet und 1000 ‚Patrioten‘ würden im Rücken der Gegendemonstranten auftauchen. Bereits zuvor hatte Höcke die Bundespolizei aufgefordert, ihren Vorgesetzten nicht mehr zu folgen, mit der Drohung, dass sie nach der Machtübernahme ‚des Volkes‘ zur Rechenschaft gezogen werden würden.“ (Tagesschau, 6.9.2018 https://www.tagesschau.de/inland/afd-verfassungsschutz-113.html)

„So erklärte er im Juni beim sogenannten Kyffhäusertreffen, das von AfD-Funktionären organisiert wird, die ‚Zeit des Wolfes‘ sei gekommen. Außerdem soll Höcke Polizisten aufgefordert haben, nicht mehr ihren Vorgesetzten zu folgen, sonst würden sie zur Rechenschaft gezogen, sobald das Volk die Macht übernehme.“ (Spiegel Online, 6.9.2018 https://www.spiegel.de/politik/deutschland/verfassungsschutz-von-thueringen-macht-afd-landesverband-zum-prueffall-a-1226791.html)

„Nach Kramers Angaben sagte Höcke dort, manchmal müsse man ‚das Recht in die eigenen Hände nehmen‘. Das wäre ein klarer Angriff auf das Gewaltmonopol des Staates.“ (Zeit Online, 18.9.2018 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/afd-verfassungsschutz-beobachtung-angst-veraenderung-krise)

„Vor allem aber verweist der Verfassungsschutz auf ein programmatisches Buch, das Höcke im Juli herausgebracht hat, es heißt: ‚Nie zweimal in denselben Fluss‘. Es ist ein Werk der Demokratieverachtung: Der Geschichtslehrer Höcke geht darin auf 304 Seiten mit Machiavelli und Polybios von einem Verfassungskreislauf aus. Die Herrschaftsformen würden über ihre Verfallsformen zu neuen Herrschaftsformen führen: Alleinherrschaft, dann Herrschaft der Vielen, dann Herrschaft des Volkes, dann wieder Alleinherrschaft. Aktuell befände sich Deutschland ‚im letzten Degenerationsstadium‘ der Demokratie. Wie geht es also weiter? Höcke antwortet auf Seite 286 mit Machiavelli: Nur ein ‚uomo virtuoso‘ könne ‚als alleiniger Inhaber der Staatsmacht ein zerrüttetes Gemeinwesen wieder in Ordnung bringen‘. (Süddeutsche Zeitung, 6.9.2018 https://www.sueddeutsche.de/politik/afd-thueringen-verfassungsschutz-1.4119095)

„Laut «Süddeutscher Zeitung» beruft sich der Verfassungsschutz bei seiner Entscheidung zudem auf Höckes Buch «Nie zweimal in denselben Fluss», das im Juni erschienen ist. Darin erklärt dieser die Menschheitsgeschichte als einen Zyklus von Aufstieg und Verfall; auf Alleinherrschaft folge eine Herrschaft der Vielen, darauf die Herrschaft des Volkes, dann wieder Alleinherrschaft. Deutschland befindet sich laut Höcke «im letzten Degenerationsstadium der Demokratie»: Nur ein «uomo virtuoso», so erklärt er unter Rückgriff auf Niccolò Machiavelli, könne «als alleiniger Inhaber der Staatsmacht ein zerrüttetes Gemeinwesen wieder in Ordnung bringen».“ (Neue Zürcher Zeitung, 6.9.2018 https://www.nzz.ch/international/der-verfassungsschutz-nimmt-die-hoecke-afd-unter-die-lupe-ld.1417813)

„Aktuell befinden wir uns nach Höcke ‚im „letzten Degenerationsstadium‘ der Demokratie, in der Ochlokratie (S.225ff.) auf dieses System folge ein eine Alleinherrschaft – Präsidialdemokratie mit Notstandsgesetzen? Diktatur?- aus bei der ein ‚uomo virtuoso‘ als alleiniger Inhaber der Staatsmacht ein zerrüttetes Gemeinwesen wieder in Ordnung bringen‘ (S.286). Alle Zitate finden sich in seinem 300seitigen Interviewband »Nie zweimal in denselben Fluss«“ (ZDF, Faktencheck (!!!) von „Die Anstalt“, 20.11.2018)

„Beim Kyffhäusertreffen 2018, einer Feier des völkischen Flügels der AfD, rief Björn Höcke ‚die Zeit des Wolfes‘ aus. Polizisten empfahl er, sich dem Befehl ihrer Vorgesetzten zu widersetzen, sonst würden sie nach der Machtübernahme des Volkes zur Rechenschaft gezogen.“ (Tagesspiegel, 6.1.2019 https://www.tagesspiegel.de/politik/verfassungsschutz-vor-entscheidung-was-fuer-eine-beobachtung-der-afd-spricht/23831430.html)

„Konsequenterweise antwortet Höcke auf die Frage, ob ein Volk sich selber aus dem Sumpf ziehen könne, mit Machiavelli: Ein ‚Uomo virtuoso‘ könne ‚als alleiniger Inhaber der Staatsmacht ein zerrüttetes Gemeinwesen wieder in Ordnung bringen‘ (Seite 286 seines Buchs).“ (Zeit Online, 24.10.2019 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-10/rechtsextremismus-bjoern-hoecke-afd-fluegel-rechte-gewalt-faschismus/seite-2)


Fußnoten:

1 https://www.youtube.com/watch?v=YhYCrQR-xBI, ca. 1:10

2 Nicht mehr online. Das Zitat nach Kemper in: „Die neurotische Phase überwinden, in der wir uns seit 40 Jahren befinden“ –https://www.rosalux.de/fileadmin/ls_thueringen/dokumente/publikationen/RLS-HeftMissionHoecke-Feb16.pdf, Seite 113

3 https://www.deutschlandfunk.de/peter-sloterdijk-die-europaeer-definieren-sich-selber-als.1295.de.html?dram:article_id=326944

4 Die Zahl klingt hoch, tatsächlich aber leben in Deutschland aktuell über 600.000 Ausreisepflichtige. Vgl. https://www.tagesschau.de/faktenfinder/inland/auslaender-in-deutschland-101.html

5 https://www.freitag.de/autoren/andreas-kemper/machiavellis-trauma-warum-der-maskulismus-nicht-emanzipatorisch-ist

Weiterlesen:

„“Andreas Kempers faschistischer Fluss (I): Höcke & das staatliche Gewaltmonopol“ TEIL 1

„“Andreas Kempers faschistischer Fluss: Ist Höcke ein Faschist?“ TEIL 3