Österreichische Zeitungen und Zeitschriften: Ihre politische Ausrichtung

Selbst mit Google oder Wikipedia ist es schwierig, sich einen Überblick über den politischen Blätterwald in Österreich zu verschaffen. Oft fehlen die politische Ausrichtungen oder sind nur knapp. FREILICH hat eine Übersicht erstellt. Welche Zeitungen und Zeitschriften sind politisch wie eingestellt? (Stand: Juni 2023)

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Österreichische Zeitungen und Zeitschriften: Ihre politische Ausrichtung
Oft fehlen bei Zeitungen die politischen Zuordnungen© IMAGO / Daniel Schvarcz

Tageszeitungen und ihre politische Ausrichtung:

Der Standard: linksliberal, Wien, www.derstandard.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 48.788

Der Standard ist eine in Wien erscheinende überregionale österreichische Tageszeitung mit linksliberaler Ausrichtung. Sie wurde 1988 von Oscar Bronner nach dem Vorbild der New York Times gegründet, zur Finanzierung der Neugründung beteiligte sich der Axel Springer Verlag mit 50 Prozent. Seit seinem ersten Erscheinen wird Der Standard auf lachsfarbenem Zeitungspapier gedruckt und ist damit die einzige österreichweite Tageszeitung, die auf gefärbtem Papier gedruckt wird. Bekannt ist das Blatt aber nicht nur für seine oftmals als rosa rezipierte Farbe, sondern auch für seine zahlreichen Blogs und das Leserforum.

Die Presse: bürgerlich-liberal, Wien, www.diepresse.com, Auflage 2. Halbjahr 2022: 66.101

Die Presse ist ebenso wie Der Standard eine in Wien erscheinende überregionale österreichische Tageszeitung. Die Zeitung wurde zur Zeit der Märzrevolution 1848 vom Unternehmer August Zang gegründet. Nach vielen Jahren der Turbulenzen, die auch eine Neugründung mit sich zogen, erschien im Jahr 1946 die erste Ausgabe der „neuen“ Presse. Die Presse, die seit 1999 vollständig zur Styria Media Group gehört und als bürgerlich-liberal eingeordnet werden kann, stand von 2012 bis 2022 unter der Leitung von Rainer Nowak, der im Zuge der ÖVP-Korruptionsaffäre größere Bekanntheit erlangte. Ende letzten Jahres wurden Chats zwischen dem damaligen Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid und Nowak publik, die ein Naheverhältnis der beiden sowie diverse Absprachen und Versprechungen offenlegten.

Heute: Boulevard, Wien, www.heute.at, verbreitete Auflage 2. Halbjahr 2022: 480.382

Die in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und dem Burgenland erscheinende Heute-Zeitung ist die größte österreichische Gratis-Tageszeitung und weist nach der Kronen Zeitung und der Kleinen Zeitung die dritthöchste Leserzahl auf. Die Erstausgabe der von der AHVV-Verlags-GmbH aufgelegte Zeitung erschien 2004/2005, wobei die historischen Eigentümer hinter der AHVV-Verlags-GmbH zum Zeitpunkt des Zeitungsstarts bislang nicht publiziert sind. Im September 2004 ließ sich der Anwalt und Autor Tassilo Wallentin, der im vergangenen Jahr zur Bundespräsidentenwahl angetreten war, die Markenrechte der Gratis-Zeitung schützen. Der Inhalt der Zeitung umfasst die üblichen Themengebiete einer Tageszeitung, wobei diese für den Leser sehr boulevardesk aufbereitet und dementsprechend präsentiert werden.

Kronen Zeitung: Boulevard, Wien, www.krone.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 587.988

Die Kronen Zeitung ist die auflagenstärkste Tageszeitung in Österreich und ist vor allem als Boulevardzeitung mit einfacher Sprache und kurz gehaltenen Artikeln bekannt. Gegründet wurde das Blatt im Jänner 1900 vom ehemaligen Offizier Gustav Davis und erscheint seitdem mit Ausnahme der Jahre 1944 bis 1959 regelmäßig. Charakteristisch für die Krone ist ihre große Zahl an kommentarhaften Kolumnen. Bekannt ist das Blatt außerdem für seine regelmäßig inszenierten Kampagnen und tendenziöse Berichterstattung. Die Zeitung zählt zu den politisch einflussreichsten Zeitungen Österreichs und gehört zum Teil dem Milliardär René Benko, der eine besonders enge Verbindung zum ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz pflegt.

Kleine Zeitung: katholisch, Graz, www.kleinezeitung.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 264.545

Die Kleine Zeitung erscheint in den Bundesländern Steiermark, Kärnten und in Osttirol und ist damit eine regionale österreichische Tageszeitung. Gegründet wurde das Blatt 1904 von dem „Katholischen Preßverein in der Diözese Graz-Seckau“, um eine Zeitung für „kleine Leute“ zu schaffen. Die Kleine kann war ursprünglich ein katholisch-konservatives Medium, rückte aber in den letzten Jahren vermehrt nach links. Die Kleine will nicht nur die die Funktion der Berichterstattung erfüllen, sondern sieht sich selbst auch als „interaktiven Lebensbegleiter“.

Kurier: liberal, Wien, www.kurier.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 109.231

Der Kurier ist eine überregionale liberale österreichische Tageszeitung mit Sitz in Wien. Im Oktober 1945 erschien zum ersten Mal die Tageszeitung Neuer Kurier. Sie war der Nachfolger des Wiener Kurier, den der amerikanische Informationsdienst in Österreich seit 1945 herausgab, um unter anderem amerikanische Propagandabotschaften zu transportieren. Das liberale Blatt mischt Boulevard, Magazin und Nachrichten und sieht sich selbst als größte Qualitätszeitung des Landes. Ebenso wie die Kronen Zeitung gehört auch der Kurier zum Teil dem Milliardär René Benko.

Neue Vorarlberger Tageszeitung: konservativ, Schwarzach, www.neue.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 42.423

Die Neue Vorarlberger Tageszeitung (NEUE) wurde 1972 gegründet und ist eine regionale, im Bundesland Vorarlberg erscheinende Tageszeitung. Sie wurde 1990 von der Russmedia Verlag GmbH gekauft, der auch schon die Vorarlberger Nachrichten unterstellt sind. Die NEUE hat eine enge Kooperation mit der steirischen Kleinen Zeitung und widmet vor allem regionalen Reportagen viel Platz. Die politische Ausrichtung wird als konservativ beschrieben.

Salzburger Nachrichten: christlich-liberal, Salzburg, www.sn.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 1.567

Die Salzburger Nachrichten erscheinen seit 1945 als überregionale Tageszeitung mit Verbreitungsschwerpunkt im Bundesland Salzburg und wurde ursprünglich von der Spezialabteilung Information Service Branch (ISB) des 12. Armeekorps General Eisenhowers herausgegeben. Heute hat die Zeitung ihren Sitz als Mehrheitseigentümer im Pressezentrum Salzburg und wird als christlich-liberal eingeordnet.

Tiroler Tagezeitung: liberal-konservativ, Innsbruck, www.tt.com, Auflage 2. Halbjahr 2022: 68.356

Die Tiroler Tageszeitung (TT) ist die reichweitenstärkste Tageszeitung im Bundesland Tirol und erscheint seit 1945. Gegründet wurde die Zeitung von den amerikanischen Besatzungstruppen. Das Blatt mit Sitz in Innsbruck ist Genossenschafter der Austria Presse Agentur und wird allgemein als liberal-konservativ beschrieben.

Vorarlberger Nachrichten: konservativ, Schwarzach, www.vn.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 51.369

Die Vorarlberger Nachrichten ist die reichweitenstärkste Tageszeitung in Vorarlberg und erscheint seit 1945. Sie steht in Konkurrenz zur Neuen Vorarlberger Tageszeitung und wird von Eugen Russ herausgegeben.

Wochenzeitungen:

Furche: liberal-katholisch, Wien, www.furche.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 46.124

Die Furche ist eine überregionale Wochenzeitung, die Orientierung, Analyse und Hintergrund auf hohem journalistischen Niveau zu wesentlichen Fragen der Zeit bietet. Gegründet wurde die Wochenzeitung 945 von Friedrich Funder, der dadurch eine Versöhnung der (partei-)politischen Lager erzielen wollte. Die Furche kann als liberal-katholisch beschrieben werden, was nicht zuletzt daran liegt, dass der von 1978 bis 1984 als Furche-Chefredakteur tätige Hubert Feichtlbauer das Blatt mit seiner liberal-bürgerlichen Haltung nachhaltig bestimmt hat. Auch wenn die Furche aus einem politischen Lager mit ausgeprägter Nähe zur katholischen Kirche hervorgegangen ist, so versteht sie sich heute weder als Kirchenzeitung noch als Sprachrohr der katholischen Kirche. Der religiöse Diskurs, der sich nicht nur auf das Christentum bezieht, ist dennoch ein thematischer Schwerpunkt der Zeitung.

Falter: linksliberal, Wien, www.falter.at, Auflage unbekannt

Der Falter ist eine in Wien erscheinende linksliberale Wochenzeitung, die 1977 von Walter Martin Kienreich gegründet wurde und heute von Armin Thurnher herausgegeben wird. Ursprünglich entstand der Falter aus der Bewegung rund um die Besetzung des Auslandsschlachthofes Sankt Marx in Wien 1976. Der zweite Chefredakteur neben Thurnher ist Florian Klenk.

Kontrast: links, Wien, www.kontrast.at, Online-Magazin

Kontrast ist im Vergleich zu den oben genannten Zeitungen eine noch recht junge Publikation. Das Online-Magazin beziehungsweise Blog wurde 2016 gegründet und wird vom Sozialdemokratischen Parlamentsklub herausgegeben. Gegründet wurde Kontrast von den SPÖ-Klubmitarbeitern Gerald Demmel und Patricia Huber. Das Online-Magazin befasst sich vor allem mit österreichischer und internationaler Politik. Dem Politikanalysten und Publizisten Peter Plaikner zufolge wird Kontrast zusehends auch zu einer „alternativen Meinungsquelle für Mitte-links-Anhänger“. Wegen des Umstands, dass es sich bei Kontrast um ein Online-Medium handelt, bedient man sich verständlicherweise intensiv der Möglichkeit, Inhalte über Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, Instagram, YouTube und auch Telegram zu verbreiten.

Zur Zeit: freiheitlich, Wien, www.zurzeit.at, Auflage unbekannt

Die Zur Zeit (ZZ) ist eine österreichische Wochenzeitung mit freiheitlicher Ausrichtung und wird vom ehemaligen EU-Parlamentarier und FPÖ-Funktionär Andreas Mölzer gemeinsam mit dem FPÖ-Bezirkspolitiker und früheren ORF-Chefredakteur Walter Seledec herausgegeben. Gegründet wurde die Zeitung 1997 von Mölzer und Walter Tributsch nach dem Vorbild der deutschen Jungen Freiheit (JF). Die Zur Zeit versteht sich selbst als Medium, das durch das konsequente Eintreten gegen die political correctness, gegen das Prinzip Heuchelei und gegen den linken Tugendterror unabhängiges Denken und Publizieren ermöglichen möchte.

Wochenmagazine:

Profil: links, Wien, www.profil.at, Auflage 2. Halbjahr 2022: 41.016

Profil ist ein Nachrichtenmagazin, das 1970 von Oscar Bronner (Gründer von unter anderem dem Standard) als Monatsmagazin gegründet wurde, seit 1974 aber wöchentlich erscheint. Profil gilt als wichtigstes Nachrichtenmagazin Österreichs und ist bekannt für seine innenpolitischen Hintergrundgeschichten und investigative Beiträge. In den letzten Jahren hat es allerdings immer mehr an Relevanz eingebüßt und wird als investigatives Medium – was die Reichweite angeht – etwa vom Falter überholt. Seit März 2023 hat das profil eine neue Chefredakteurin, Anna Thalhammer. Seit Anfang 2023 außerdem auch einen neuen Geschäftsführer, nämlich Richard Grasl, der als ÖVP-Verbindungsmann gilt und der einst redaktionellen Einfluss im ORF für die ÖVP ausübte.

Monatlich und in längeren Abständen erscheinende Magazine und Zeitungen:

Abendland: katholisch-nationalkonservativ, vierteljährlich, Graz, www.abendland.at, Auflage unbekannt

Abendland ist eine Quartalszeitschrift, die 1958 von Ernst Graf Strachwitz und Franz Frank gegründet unter dem Namen Neue Ordnung gegründet wurde. Ziel der Zeitschrift war es, die katholische und die nationale Rechte in Österreich zu vereinen. Seit 1999 verlegte dann der Grazer Leopold Stocker Verlag beziehungsweise ab 2005 der Ares Verlag das Magazin, das seit 2020 den Namen Abendland trägt. Die politische Ausrichtung der Zeitschrift ist katholisch-national-konservativ. Zu den bekannten Autoren zählen Felix Dirsch, Werner Reichel, Mario Kandil, Lothar Höbelt und Paul Gottfried.

Der Eckart: rechts, Wien, www.dereckart.at, Auflage unbekannt

Der Eckart, ehemals Eckartbote beziehungsweise Der neue Eckartbote, ist eine österreichische Monatszeitschrift für Politik, Volkstum und Kultur, die 1953 von Ernst Schögl gegründet wurde und von der Österreichischen Landsmannschaft (ÖLM) herausgegeben wird.

Info-Direkt: patriotisch-aktivistisch, Linz; www.info-direkt.eu, Auflage unbekannt

Info-Direkt ist ein Zweimonatsmagazin mit patriotisch-aktivistischer Ausrichtung, das 2015 gegründet wurde und von der Info-Direkt Verlags GmbH herausgegeben wird. Geschäftsführer und Chefredakteur ist Michael Scharfmüller.

Pragmaticus: humanistisch, Wien, www.derpragmaticus.com, Auflage unbekannt

Beim Pragmaticus handelt es sich um eine recht junge Publikation. Das Magazin, das zehn Mal im Jahr erscheint, wurde 2021 von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz gemeinsam mit Prinz Michael von und zu Liechtenstein gegründet und soll Experten Raum geben, ihre Inhalte umfangreich, unverfälscht und abseits von tagespolitischen Debatten zu publizieren, um neue Blickwinkel auf aktuelle Fragen zu liefern. Chefredakteur des Magazins ist Andreas Schnauder, der lange Zeit Wirtschaftsressortleiter beim Standard war.


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