Erik Ahrens

"Ich bin froh darüber, wie die Dinge sich entwickelt haben"

Im Interview mit FREILICH spricht GegenUni-Gründer Erik Ahrens über die bisherige Entwicklung des Projekts, Ziele für das aktuelle Jahr und über Schwierigkeiten, mit denen das Projekt und auch Ahrens persönlich in den vergangenen drei Jahren zu kämpfen hatten.

Interview von
18.1.2023
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6 Minuten Lesezeit
"Ich bin froh darüber, wie die Dinge sich entwickelt haben"
Erik Ahrens© © Erik Ahrens

FREILICH: Lieber Herr Ahrens, die GegenUni geht in ihr drittes Jahr. Wie lautet ihr Resümee nach einer solchen überschaubaren Zeit?

Erik Ahrens: Die rein zahlenmäßige Seite, also die Anzahl der Mitglieder, ist der Punkt, in dem die ursprünglichen Erwartungen im entsprechenden Zeitraum haargenau getroffen und sogar übertroffen werden konnten. Die GegenUni kann sich aus diesem Grund heute allein aus den laufenden Einnahmen selbst tragen. Damit haben wenige gerechnet, und es war die Folge von viel Fleiß und harter Arbeit.

Die andere Seite, der avantgardistische Anspruch, bezieht sich vor allem auf die Verknüpfung von kommerziellem E-Learning und politisch-gesellschaftlicher Bildungsarbeit. Bezahlte Onlinekurse zu Bereichen wie IT, Programmieren, Marketing oder Management sind seit einigen Jahren etabliert (und stellen einen laufend wachsenden Markt dar). Das klassische, staatlich dominierte Bildungswesen wird in Zukunft immer mehr von solchen dezentralen Online-Angeboten ergänzt und schließlich vielleicht sogar teilweise ersetzt werden. Dass es hier grundsätzlich Möglichkeiten und Potenziale gibt, war abzusehen.

Nun handelt es sich bei den genannten Kursen jedoch üblicherweise um geschäftliche beziehungsweise berufliche Fähigkeiten. Es ist logisch nachvollziehbar, dass jemand für einen Onlinekurs bezahlt, der es ihm ermöglicht, im Berufsleben aufzusteigen und mehr Geld zu verdienen. Doch wie sieht es mit anderen Fächern aus, wie zum Beispiel den bei uns vornehmlich betrachteten Geistes- und Gesellschaftswissenschaften sowie der politischen Bildung? Hier gibt es selbstverständlich keinen vergleichbaren, direkten & monetären Nutzen; vielmehr ist der Gewinn ideell, wie allgemein die Beschäftigung mit solchen Themen meist ideell motiviert ist.

Dass wir in diesen Bereich eine gewisse Pionierarbeit leisten, ist offen ersichtlich. Dies zeigt, dass es seit unserer Gründung diverse andere Angebote gab, die ähnliches wie wir versuchten, dabei jedoch (augenscheinlich, ich besitze selbst keine Insider-Informationen darüber) scheiterten beziehungsweise nicht recht starteten. Dies liegt meiner Meinung nach vor allem an einem Mangel an zeitgemäßem Auftreten und, häufig, an völlig überzogenen Preisvorstellungen. Bei uns erhält der Student für unter 15 Euro im Monat (also vergleichbar mit Streaming-Diensten) Zugriff auf einen großen, wachsenden Kurskatalog. Bei anderen Angeboten muss er über 300 Euro im „Semester“ (das heißt über 50 Euro im Monat) zahlen und erhält dafür ein nicht näher spezifiziertes „Studium generale“ mit unattraktiver Aufmachung.

Konkret bedeutet das, dass wir uns auf diesem neuen, noch in der frühsten Phase befindlichen Bildungsmarkt als sichtbarstes und zugleich zugänglichstes Angebot platzieren konnten, trotz einiger äußerer Widerstände. Dies würde ich insgesamt als Erfolg verbuchen.

Welche Ziele hat sich die GegeUni für 2023 gesetzt? Können Sie an dieser Stelle vielleicht schon ein bisschen über das neue Semester sprechen?

Im anbrechenden Jahr werden wir einiges umstellen, insbesondere in der Strukturierung der Semester. Wir haben festgestellt, dass die Staffelung in zwei große Semesterblöcke für unser Online-Angebot einerseits nicht zwangsläufig nötig ist (wie etwa an einer realen Präsenz-Uni) und andererseits mehr Nach- als Vorteile bringt. Es ist dem Nutzer ja kaum möglich, zeitgleich sechs bis zehn Online-Veranstaltungen in seiner Freizeit zu besuchen, dann wiederum in Semesterpausen von sechs bis acht Wochen gar keine neuen Live-Kurse zu bekommen.

Ein besseres Modell ist ein kontinuierlicher Strom von Kursen, in den sich Interessierte jederzeit ein- und ausklinken können, wie es ihr jeweiliges Interesse und ihre zeitlichen Kapazitäten gerade zulassen. Dies streben wir im laufenden Jahr an.

Darüber hinaus wollen wir natürlich unser inhaltliches Angebot erweitern, indem wir einerseits die geäußerten Wünsche der GU-Mitglieder vermehrt umsetzen und zugleich an etwas ganz Neuem arbeiten.

Was hat in den letzten zwei Jahren eher gut, was eher schlecht funktioniert?

Gerade in der Anfangsphase haben wir viele unterschiedliche Formate ausprobiert, mit mal mehr und mal weniger Anklang. Das ist ganz normal und gehört zur Entwicklung eines jeden Projektes dazu. Besonders gut kamen und kommen historische Kurse an, vor allem wenn zwischen ihnen eine inhaltliche Verknüpfung besteht. Die ideengeschichtliche Brücke zwischen „Einführung in die Konservative Revolution“, „Elitenwechsel nach 45“ und „Die 68er-Bewegung“, in der Dr. Lehnert, Dr. Scheil und Prof. Dirsch die deutsche politische Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts abgedeckt haben, ist auf sehr großes Interesse gestoßen. Ein solches Programm finden Sie an keiner Präsenzuni.

Was ist Ihr persönliches Highlight in der Zeit gewesen? Was hätten Sie anders gemacht?

Ein einzelnes Highlight gab es nicht, dafür war die Zeit insgesamt zu dicht bepackt mit Höhen und Tiefen. Im Nachhinein weiß ich, dass ich die technische Umsetzung und das Marketing von Anfang an professioneller aufbauen und die teils langwierige Gewinnung neuer Dozenten systematisieren sollte. So etwas kann man jedoch natürlich am Anfang nicht wissen. Ich bin froh darüber, wie die Dinge sich entwickelt haben – auch wenn es währenddessen oft schwer war.

Es gab ja einige Hindernisse zu bewältigen – Kündigung des Firmensitzes, Probleme mit Dienstleistern. Hätten Sie sowas bei der Gründung erahnen können?

Ja und nein. Dass es zu Widerständen kommen würde, war abzusehen, aber wie diese konkret aussahen, konnte natürlich keiner vorhersehen. Dass linke Aktivisten einen Bürovermieter anschreiben, war eigentlich klar. Darum haben wir ja, wie das üblich ist, einen Vertrag geschlossen, den keine Seite einfach so nach Laune kündigen kann.

Daher wurden wir auch nicht gekündigt, sondern einigten uns einvernehmlich auf eine Terminierung des Vertrages, was der GU übrigens sehr viel Geld sparte und das Projekt in der Anfangsphase geradezu rettete. Dass ein linker Journalist wider besseren Wissens die Unwahrheit verbreitet, uns sei gekündigt worden, um auf dieser Grundlage weitere schlechte Presse über uns zu machen – tja, so spielt das Leben eben.

Viel empfindlicher getroffen hat mich natürlich eine Reihe persönlicher Anfeindungen, die mit Nachrichten im Netz begannen, mit nächtlichem Klingeln und vermummten Auftreten vor meiner Haustür weitergingen und in einem Angriff mit Buttersäure auf meine Privatwohnung endeten. Hierzu kann ich nur sagen, dass staatliche Stellen lange Zeit viel zu sanft gegenüber dem linksextremen Bereich vorgingen, in letzter Zeit aber stärkere Repressionen durchführen. Ich denke und hoffe, dass das linksextreme Problem in Form der Szene, wie wir sie aktuell beobachten können, in etwa einem Jahrzehnt Geschichte sein wird. Man hat fast nur noch Feinde und bis auf einige wenige Personen in politischen Ämtern keine Freunde mehr.

Sobald diese Patrone wegfallen, werden staatliche Stellen die kriminellen Strukturen der Szene zerschlagen, und was übrig bleibt, stellt dann für die Gesellschaft keine große Gefahr mehr dar, weil man von linksradikaler Seite längst keine überzeugenden Argumente mehr vorbringen kann. Die kulturelle Hegemonie verlieren Linke zwangsläufig, sobald sie ihre Straßengewalt nicht mehr aufrechterhalten können, weil sie sich dann der öffentlichen argumentativen Konfrontation stellen und zwangsläufig verlieren müssen.

Die BILD bezeichnete die Uni als rechte „Elite-Uni“, die FR als „rechtsradikale 'Hochschule'“ - was denken Sie über solche Bezeichnungen?

Als das zum ersten Mal passierte, war ich tatsächlich psychologisch davon betroffen. Es wurde ja nicht nur „rechte Elite-Uni“ gesagt, was gewissermaßen ein Lob darstellt, sondern es wurden eben Lügen über „Rechtsextremismus“ und „Nazi-Netzwerk“ etc. verbreitet. Wir kennen diese Diffamierungs-Methoden schon lange und können sie, wenn es andere trifft, gut einordnen. Wenn man selbst mit Klarnamen in der BILD-Zeitung als Nazi-Netzwerk bezeichnet wird und auf einen Schlag viele soziale und sogar familiäre Kontakte verliert, sieht das etwas anders aus.

Aber in der Retrospektive ist das alles weniger dramatisch. Mit echten Freunden und Familie kann man sich aussprechen und man kann auch verstehen, warum diese im ersten Moment psychologisch so reagieren, wie sie nun einmal reagieren. Härten und Prüfungen machen einen schließlich stärker, und das gilt auch für zwischenmenschliche Beziehungen.

Was zu den Bezeichnungen an sich zu sagen ist: Die BILD-Zeitung springt eben gerne sensationalistisch auf jeden Zug auf, und die FR ist ein an sich gescheitertes linkes Blatt, das bereits 2012 Insolvenz anmeldete. Der betreffende Journalist scheint sowieso in einer eigenen Vorstellungswelt zu leben und stellt bereits seit Jahren seinen Einsatz „gegen rechts“ im Rhein-Main-Gebiet als heroische Leistung dar. Jeder, der das Rhein-Main-Gebiet kennt (und, wie ich, als seine Heimat liebt), weiß, was für ein kolossaler Unfug da teilweise behauptet wird. Bis auf eine kleine und immer weiter schrumpfende Alt-68er-Szene in Frankfurt am Main und ein paar linke Studenten interessiert sich auch kaum jemand für die Äußerungen solcher Journalisten und Publikationen. Nervig ist letztlich nur, dass damit ein Präzedenzfall geschaffen wird, den dann andere, ähnlich Gesinnte, immer wieder zitieren.

Viele Bürger haben ja die vorbewusste Haltung, dass etwas, das mal „in der Zeitung stand“, auch zwangsläufig wahr sein muss. Auf diesen antrainierten Reflex spekulieren Antifa-Journalisten gerne. Da kann man erst einmal nichts gegen tun, wirklich problematisch ist es allerdings auch nicht. Von Ämtern und Behörden wurden wir bisher relativ objektiv und ordnungsgemäß behandelt, egal was in der FR oder in der BILD steht. In unserem Falle funktioniert der Rechtsstaat noch.

Herr Ahrens, vielen Dank für Ihre Zeit!


Zur Person:

Erik Ahrens, Jahrgang 1994, hat Gymnasiallehramt in Frankfurt am Main studiert. Er ist Gründer der GegenUni und einer der Akteure hinter dem Konflikt Magazin.