EU-Innenminister beschließen schärferes Asylgesetz – Kritiker warnen vor Zwangsumverteilung
Am Montag haben sich die EU-Innenminister auf ein verschärftes Asylgesetz geeinigt. Doch der EU-Asylpakt stößt bereits auf massiven Widerstand. Auch aus Österreich kommt scharfe Kritik.
Die EU-Innenminister wollen in der Migrationspolitik schärfere Maßnahmen ergreifen. Kritiker, darunter die FPÖ, werfen ihnen allerdings „reine Showpolitik“ vor.
© IMAGO / Antonio BalascoWien. – Die EU-Innenminister haben sich auf weitreichende Veränderungen der europäischen Asyl- und Migrationspolitik geeinigt. Die Reform soll Asylverfahren beschleunigen, Abschiebungen erleichtern und eine neue Verteilung von Asylsuchenden regeln. Gleichzeitig wächst der Widerstand – von Menschenrechtsorganisationen bis hin zu mehreren Mitgliedstaaten. Auch aus Österreich kommt Kritik.

Neue Grundlage für EU-Asylpolitik
Nach monatelangen Verhandlungen haben sich die Innenminister der 27 Staaten auf ein Maßnahmenpaket verständigt, das künftig zentrale Elemente der migrationspolitischen Zusammenarbeit bestimmen soll. Vorgesehen sind Rückführungszentren in Drittstaaten, ein Solidaritätspool zur Umverteilung von Migranten und eine EU-weite Liste sicherer Herkunftsländer. Die finalen Beschlüsse benötigen noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments. Besonders umstritten dabei sind die geplanten „Return Hubs“, die außerhalb der EU errichtet werden könnten. Migrationskommissar Magnus Brunner erklärte, die EU-Kommission habe diese Möglichkeit geschaffen. In den Zentren sollen nur Personen untergebracht werden, für die bereits ein Rückführungsbescheid vorliegt.
Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betonte am Montag, die Migrationspolitik müsse auch auf europäischer Ebene erfolgreich sein. Der neue Pakt müsse praktikabel sein, weshalb auch externe Verfahren möglich werden müssten. Auf die Frage, wann Österreich konkret einsteigen könnte, wich er jedoch aus: „Ich bin sehr dafür, immer einen Schritt nach dem anderen zu gehen“, zitiert ihn orf.at.
Änderungen bei Einreiseverboten und Sanktionen
Zu den Neuerungen zählt eine stärkere Verpflichtung zur Kooperation für Personen, die rückgeführt werden sollen. Wer sich dieser verweigert, muss mit Leistungskürzungen oder der Beschlagnahme von Dokumenten rechnen. Für Menschen, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden, sind drastische Maßnahmen vorgesehen. So können Einreiseverbote über zehn Jahre hinaus oder sogar unbefristet ausgesprochen werden. Auch Haft ist möglich.
Solidaritätspool: Kritik an der Lastenverteilung
Mit dem Solidaritätsmechanismus will die EU jene Staaten entlasten, die besonders viele Ankünfte verzeichnen. Laut Kommissionsbericht stehen Länder wie Griechenland, Italien, Spanien und Zypern unter erheblichem Migrationsdruck. Weniger betroffene Länder können entweder Personen übernehmen oder finanzielle Beiträge leisten. Für das Jahr 2026 sind 21.000 Umsiedlungen beziehungsweise 420 Millionen Euro vorgesehen. Aufgrund der Belastungen der vergangenen Jahre erhielt Österreich die Möglichkeit, eine Ausnahme zu beantragen.
Erweiterte Liste sicherer Herkunftsländer
Künftig sollen der Kosovo, Bangladesch, Kolumbien, Ägypten, Indien, Marokko und Tunesien EU-weit als sichere Herkunftsländer gelten. Asylanträge aus diesen Ländern sollen beschleunigt bearbeitet werden. Zudem soll die Abschiebung in diese Länder erleichtert werden, ohne dass eine unmittelbare persönliche Verbindung zu ihnen zwingend erforderlich ist.
Massive Kritik an der neuen Regelung kommt von NGOs. Olivia Sundberg Diez von Amnesty International bezeichnete die Positionen als „entmenschlichend“ und nannte das Konzept der sogenannten Return Hubs „grausam“. Die Haltung der EU-Minister zeige „das hartnäckige und fehlgeleitete Beharren der EU auf einer Verschärfung von Abschiebungen, Razzien, Überwachung und Inhaftierung um jeden Preis“.
Widerstand aus Ungarn und Spanien
Italien spielte bei den Verhandlungen eine zentrale Rolle. Innenminister Matteo Piantedosi zeigte sich „sehr zufrieden“. Der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt sprach von einem „historischen Momentum“ und betonte, es gehe um „Kontrollkurs und klare Kante, auch in Europa“.
Ungarn hingegen lehnt das Paket strikt ab. Premierminister Viktor Orbán kündigte auf Facebook den „Beginn eines Aufstandes“ dagegen an. Brüssel wolle das Land demnach zwingen, entweder noch mehr zu zahlen oder mehr Migranten aufzunehmen. Außerdem stellte er klar: „Ungarn wird die Maßnahmen des Migrationspaktes nicht umsetzen.“ Spanien kritisiert insbesondere die Rückführungszentren, die sich in anderen Staaten bereits als wirkungslos erwiesen hätten.
FPÖ sieht in Beschlüssen „reine Showpolitik“
Die innenpolitische Kritik in Österreich fällt ebenfalls scharf aus. So bezeichnete FPÖ-Sicherheitssprecher Gernot Darmann die beschlossenen Maßnahmen als „reine Showpolitik“ und „völlig unzureichend“. ÖVP-Innenminister Karner feiere sich für Schritte, die erst in Jahren greifen und das Grundproblem der illegalen Masseneinwanderung nicht lösen würden, so Darmann in einer Aussendung. „Was Innenminister Karner und die EU hier als großen Durchbruch verkaufen, ist in Wahrheit eine Mogelpackung. Dieser Pakt ist ein reines Placebo und wird die illegale Masseneinwanderung sicherlich nicht stoppen“, so der freiheitliche Abgeordnete.
Scharfe Kritik am Solidaritätsmechanismus
Darmann kritisiert insbesondere die geplante Pflicht zur Verteilung von Asylbewerbern. Diese Regelung sei „perfide“. Die Haltung der ÖVP sei irreführend, denn sie verkaufe es als Erfolg, dass Österreich eine „Ausnahme beantragen dürfte“. Solange diese Ausnahme nicht rechtskräftig durchgesetzt sei, hänge Österreich „voll im Zwangsumverteilungssystem der EU fest“, kritisiert er. Darmann spricht in diesem Zusammenhang von einem „Verrat an den Interessen der Österreicher“.
Auch den übrigen Reformteilen bescheinigt Darmann keinerlei Wirkung. Sie seien lediglich ein „neues Mascherl“ für illegale Migration und führten zu einer Legalisierung der illegalen Einwanderung nach dem Motto „Weiter wie bisher“. Seiner Meinung nach sei die einzige wirksame Lösung für einen grundlegenden Systemwechsel eine „Festung Österreich“ mit einer Null-Toleranz-Politik gegenüber illegalen Einwanderern und konsequenten Abschiebungen.



