Die Wiedergeburt des Berufsverbots wegen falscher Gesinnung

Als ich 2014 kurz vor der Wahl Bodo Ramelows zum Ministerpräsidenten eine dagegen gerichtete Demonstration besuchte, fiel mir ein Plakat besonders auf. Kurz umschrieben warnte es davor, dass Ramelow Thüringen in einer Art DDR verwandeln würde. Ich hielt das damals für überzogen. Leider lag ich falsch.
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13.11.2022
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3 Minuten Lesezeit
Die Wiedergeburt des Berufsverbots wegen falscher Gesinnung

© Stefan Möller

Als ich 2014 kurz vor der Wahl Bodo Ramelows zum Ministerpräsidenten eine dagegen gerichtete Demonstration besuchte, fiel mir ein Plakat besonders auf. Kurz umschrieben warnte es davor, dass Ramelow Thüringen in einer Art DDR verwandeln würde. Ich hielt das damals für überzogen. Leider lag ich falsch.

Am 11. November 2022 beschloss der Thüringer Landtag das erste gesetzliche Berufsverbot, welches bereits bloße Gesinnungen bestraft. Allein die AfD stimmte dagegen. Das entbehrt nicht einer schlechten Ironie, als es noch am Vormittag um die DDR-Vergangenheit ging. Der zuständige Staatskanzleiminister führte sinngemäß aus, dass es in der DDR Oppositionelle gab, die zwar gute Schüler waren, aber kein Abitur machen durften.

Als einer der letzten Tagesordnungspunkte wurde das neugefasste Juristenausbildungsgesetz beschlossen. Dieses enthält auch Regelungen der Zulassung zum sogenannten Vorbereitungsdienst. Den muss jeder Absolvent des Jurastudiums zwingend durchlaufen, wenn er Rechtsanwalt werden möchte.

Mögliches Berufsverbot

Neu im Gesetz aufgenommen wurde folgende Regelung:

„§ 8 Zulassung und Entlassung

Die Zulassung zum Vorbereitungsdienst ist Bewerberinnen und Bewerbern zu versagen,

3. die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes tätig sind.“

Zur Begründung verließ man sich wie üblich auf jede Menge Falschdarstellungen. So wurde in der Debatte behauptet, das Verfassungsgericht hätte sich zur Vorgängerregelung in der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung bereits zustimmend geäußert. Doch das ist falsch, ein entsprechendes Verfahren befasste sich ausschließlich mit Zulässigkeitsfragen, nicht jedoch inhaltlich mit dem Thema. Bei einer inhaltlichen Befassung hätte das Verfassungsgericht die vorhandene Regelung aus der Juristenausbildungs- und Prüfungsordnung wegen Verstoßes gegen den sogenannten Wesentlichkeitsgrundsatz als evident verfassungswidrig einordnen müssen. Denn ein schwerer Grundrechtseingriff wie ein Berufsverbot kann nach den Regeln des Grundgesetzes und der Thüringer Verfassung nicht in einer Rechtsverordnung der Regierung, sondern nur in einem Gesetz rechtswirksam geregelt werden. Genau deshalb hat man die Regelung jetzt auch im Gesetz verankert, wie einige Redner der Koalition sinngemäß betonten. Offensichtlich sieht man Bedarf für eine entsprechende Regelung angesichts der Demonstrationen auf Thüringens Straßen und Plätzen und dem Erfolg der AfD.

Arglose Menschen mögen jetzt anmerken, was denn dagegen einzuwenden sei, jemandem den Beruf des Rechtsanwalts zu verwehren, der gegen die freilich demokratische Grundordnung ist.

Das Problem liegt vor allem darin, wer darüber bestimmt, was überhaupt freiheitlich-demokratische Grundordnung ist und wer angeblich gegen diese tätig ist. In Thüringen entscheidet das ein SPD-Innenminister – mutmaßlich nach Konsultation im Regierungskabinett der rot-rot-grünen Koalition von Bodo Ramelow. Exekutiert wird das dann zunächst vom sogenannten Amt für Verfassungsschutz, welches in Thüringen aber nichts anderes ist als eine unselbstständige Abteilung im Innenministerium, also dem SPD-Minister weisungsgebunden ist. Zudem wird es durch ein weiteres SPD-Mitglied geführt, nämlich Stephan J. Kramer. Dieser ist bestens vernetzt mit der linksextremen Szene, auf deren Deutungen er bei der Führung des Amtes auch zurückgreift. Was nach der von diesen beiden SPD-Leuten definierten roten Linie gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung verstößt, konnte man zuletzt bei den massenhaft eingeleiteten Waffenentzugsverfahren gegen AfD-Mitglieder sehen.

Die Regierung entscheidet

So wurde dem Autor seine angeblich verfassungsfeindliche Gesinnung im Anhörungsschreiben unter anderem mit folgendem Vorwurf begründet: „(…) Darüber hinaus unterstützten Sie am 28. Mai 2021 bei einer impfkritischen Aktion die Gruppierung „Erfurt zeigt Gesicht (…)“.

Bereits bloße Kritik an der Regierungspolitik, wird in Thüringen nachweislich als verfassungsfeindlich eingestuft. Das geht, weil die Presse gezielt wegschaut. Es geht ja nicht um linke Opposition.

Andere Bundesländer verlangen wenigstens als Mindestbedingung, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft wird. In diesen Ländern knüpft das Berufsverbot also an eine strafbare Handlung an. In Thüringen wird selbst der Student mit dem Berufsverbot belegt, der weder einen Eintrag im Bundeszentralregister noch einen in Flensburg hat. Es reicht, dass er die falsche Meinung geäußert hat, auf der falschen Demo war, in der falschen Partei Mitglied ist. Und was falsch ist, bestimmt dabei das rot-rot-grüne Lager.

Selbst der stets rechtstreue Jurastudent mit hervorragendem Examen hätte so keine Chance auf den Traumberuf. Dahinter steckt das Ziel des politisch linken Lagers in Thüringen, die Justiz langfristig komplett von oppositionellen Gedanken zu säubern. Dass dies keine Hirngespinste sind, zeigen auch weitere Projekte aus dem linksextremen Lager, wie die Forderung nach einem Sonderstrafprozessrecht für Täter mit rechter Gesinnung. Eine entsprechende Petition wird derzeit in mehreren Ausschüssen des Thüringer Landtags behandelt, statt sie wegen offensichtlicher Verfassungswidrigkeit abzulehnen.

Ende des Rechtsstaates

In Thüringen ist die DDRisierung mittlerweile so weit fortgeschritten, dass man nicht mehr von einem demokratischen Rechtsstaat sprechen kann. Die zu früh verstorbene Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley hatte recht, als sie feststellte:

„Alle diese Untersuchungen, die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“


Zur Person:

Stefan Möller ist Jurist und AfD-Landtagsabgeordneter in Thüringen. Er ist einer der Landessprecher und und unter anderem der Vorsitzende des Justizausschusses des Thüringer Landtags.


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