Coronakratie 2021: Freiheitskämpfer oder Covidioten?

Im beginnenden Frühjahr 2021 sieht es ganz einfach aus. Ein Spalt zieht sich durch die sonst so harmoniebedürftige österreichische Gesellschaft. Zwei Gruppen stehen sich unversöhnlich gegenüber.
Heimo Lepuschitz
Kommentar von
13.3.2021
/
3 Minuten Lesezeit
Coronakratie 2021: Freiheitskämpfer oder Covidioten?

Bild: Alois Endl.

Im beginnenden Frühjahr 2021 sieht es ganz einfach aus. Ein Spalt zieht sich durch die sonst so harmoniebedürftige österreichische Gesellschaft. Zwei Gruppen stehen sich unversöhnlich gegenüber.

Die vernünftigen Befürworter der Coronamaßnahmen der Regierung, denen es nie scharf genug sein kann, und verantwortungslose Gegner, die die Regelungen als gesellschafts- und wirtschaftszerstörend brandmarken und jedwede Maßnahme ablehnen. Wer die Regierung kritisiert, wer Impfstoffen skeptisch gegenübersteht, wer ein flaues Gefühl über den wackeligen Zustand unserer freiheitlich-liberalen Demokratie hat, der ist zuerst einmal ein verantwortungsloser Covidiot. Zumindest wenn man der üblichen veröffentlichten medialen Meinung folgt. Türkis-Grün hat einen warmen Millionenregen über Österreichs Medien ausgeschüttet und viele der Bezahlten danken es dem türkisen Kanzler täglich in bisher kaum vorstellbarer Servilität.

Breite Mischung auf den Demos

Dem gegenüber steht eine immer größere, zivilgesellschaftlich organisierte Widerstandsbewegung, die sich dem „Austrotürkismus“ entgegenstellt. Primär organisiert über soziale Medien, massiv unterstützt von den Freiheitlichen, die sich ihrer Wurzeln als Freiheitsbewegung erinnern und sich als oppositionelle Speerspitze des Protestes – sagen wir einmal – kantig positionieren. 30.000 Österreicher, die wie am 6. März bei einer FPÖ-Demonstration teilnehmen, hat es in der Geschichte der Zweiten Republik noch nie gegeben und zeigt das gewaltige vorhandene Protestpotential und die Unzufriedenheit.

Aber ist diese zivilgesellschaftliche Bewegung wirklich politisch homogen, geführt von Rechtsradikalen und Verschwörungstheoretikern? Dem stellt der Autor dieser Zeilen nach dem Besuch mehrerer Großdemonstrationen ein klares Nein gegenüber. Regenbogenfahnen neben Österreichfahnen. Friedensaktivisten, Unternehmer, Familienväter, Mütter. Arbeiter, Manager, Angestellte. Eine breite politische Mischung aus allen Gesellschaftsschichten. Aber auch Verschwörungsspinner, Impfextremisten und Personen, die über den rechten Rand mehr als hinausgefallen sind, versuchen diese Demos zu missbrauchen. Nur ist dies zahlenmäßig im Verhältnis wie Hund zu Schwanzspitze. Politische Extremisten sind wie die wenigen gewaltbereiten Teilnehmer nützliche mediale „Idioten“, um zehntausende friedliche Menschen ungerechtfertigt in einen Topf zu werfen und diskreditieren zu können. Wandelnde Rechtfertigungsbeispiele für Verbotsminister Nehammer.

Perspektiven der Corona-Proteste

Aber was kann diese beginnende Bewegung wirklich bewegen? Bis jetzt bis auf mehrere klare Fingerzeige an die Regierung: wenig. Auch eine institutionalisierte Demonstration wie beispielsweise PEGIDA in Deutschland hat wenig bewirkt, weil sie zu wenig breit aufgestellt war. Es ist jedoch bemerkenswert, dass erstmals in Österreich erfolgreich eine freiheitlich geführte Bürgerbewegung auf der Straße entstanden ist und die linke Methode des Demonstrationsprotestes übernommen hat. Auch der Ort der Wiener Jesuitenwiese, wo die Wiener Sozialdemokratie den 1. Mai feiert und die KPÖ ihr Volksstimmenfest begeht, ist eine klare Ansage der Freiheitlichen. Die FPÖ positioniert sich hier als Anwalt der Freiheit und der Corona-Opfer. Eine durchaus erfolgsversprechende Wiederaufstiegsstrategie rund um Herbert Kickl als die politische Galionsfigur der demokratischen Opposition gegen die Regierung.

Aber die Freiheitlichen müssen wie die Gesamtbewegung auch aufpassen, nicht selbst von Aktivisten gekapert zu werden, die für 95% der Bevölkerung abschreckend wirken. Selbstverständlich kann man als Vertreter der „Flat Earth“-Theorie dafür demonstrieren, dass die Erde flach ist und dieses Demonstrationsrecht muss von jedem Demokraten mit Herzblut verteidigt werden, aber flach ist die Erde trotzdem nicht. Splittergruppen sind meistens nicht zu Unrecht so anhängerlos.

Aber selbstverständlich ist diese Bewegung „gefährlich“ für die Regierung, wie auch für die der Regierung nach dem Mund berichtenden Medien. 30.000 Teilnehmer berichten ihren Familien und Freunden von Ihrer persönlichen Wahrnehmung einer friedlichen Demonstration, die völlig konträr zur medial berichteten „Hass- und Hetze Demonstration tausender Rechtsextremer“ steht. Nach einer Umfrage des Institutes „Unique research“ für das Nachrichtenmagazin „profil“ im Herbst 2020 hält die Mehrheit der Bevölkerung den Begriff „Lügenpresse“ für österreichische Medien „im Großen und Ganzen“ für berechtigt. Und es werden wohl täglich mehr. Das ist aber keine freudige Entwicklung, weil den Medien als der sogenannten Vierte Gewalt im Staat gerade jetzt eine enorm wichtige Kontrollfunktion gegenüber den Mächtigen zukommen würde.

„Nicht lockerlassen“

Was kann man der Bewegung raten? Nicht lockerlassen. Sich breit aufstellen, sich an den Verfassungsrahmen halten, die Friedlichkeit als Primäraufgabe und sich institutionalisieren, also sich ein Beispiel an den Donnerstagsdemos nehmen und sich einen einprägsamen Namen geben. Eine Freiheitsbewegung von 2021 hat durchaus das Potenzial, zu erzwingen, dass unsere Demokratie wieder in ihren Zustand vor Corona zurückgeführt wird und zu verhindern, dass Corona nicht der Steigbügelhalter für weitere Freiheitsbeschränkungen im Namen des Guten missbraucht wird. Vielleicht wird es nie wieder eine „Alte Normalität“ geben, aber diese „Neue Normalität“ der Verbieter, Ruinierer und Zu-Tode-Fürchter widerspricht allem, wofür eine freiheitlich-liberale Gesellschaft steht. Unsere Grundrechte sind keine Privilegien, die man von der Regierung gnädig teilweise wieder zurückerhält, wenn man brav war, sonst wären es keine Grundrechte. Wer Freiheit will, muss sich in Bewegung setzen.


Zur Person:

HEIMO LEPUSCHITZ war Medienkoordinator der letzten ÖVP-FPÖ-Regierung. Der akademische Kommunikationsberater startete seine Medienlaufbahn während der ersten schwarz-blauen Regierung als Pressesprecher im FPÖ-Generalsekretariat und dann als Sprecher der Parteiobfrau und Sozialministerin. Lepuschitz war Bundespressesprecher des BZÖ. 2014 gründete er mit Stefan Petzner eine Kommunikationsagentur, machte sich ein Jahr später alleine selbständig und wechselte dann in die neue türkis-blaue Regierung. Lepuschitz ist seit dem Ende der Koalition wieder als Alleineigentümer von „heimo lepuschitz communications“ tätig und hat sich auf Strategieberatung, Public Affairs und Krisenkommunikation spezialisiert.

Die in Gastbeiträgen geäußerten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der Freilich-Redaktion.

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