Merz könnte bis zu 700.000 Syrer abschieben, tut es aber nicht
Kanzler Merz könnte fast 700.000 Migranten abschieben, deren Schutzstatus inzwischen eigentlich erloschen sein müsste. Trotzdem fehlt eine klare Strategie zur Entlastung des Asylsystems.
Vor der Bundestagswahl hatte Merz noch drastische Maßnahmen im Asylbereich angekündigt. Konkrete Schritte dazu fehlen jedoch bisher.
© IMAGO / dts NachrichtenagenturBerlin. – Bundeskanzler Merz sieht sich mit einer enormen Herausforderung im Asylbereich konfrontiert: Fast 700.000 Syrer in Deutschland könnten ihren Aufenthaltstatus theoretisch sofort verlieren und müssten abgeschoben werden. Diese Zahl setzt sich aus 321.000 Syrern mit Flüchtlingsschutz gemäß § 3 Asylgesetz, rund 329.000 mit subsidiärem Schutz gemäß § 4 Asylgesetz und etwa 40.000 Personen mit Abschiebungsschutz zusammen, wie das patriotische Bürgernetzwerk „Ein Prozent“ aufschlüsselt.
Kein automatischer Schutzstatus mehr
Grund dafür ist der Machtwechsel in Syrien. Seitdem dort nicht mehr Baschar al-Assad regiert, gelten viele Zuwanderer nicht mehr automatisch als schutzbedürftig. Das hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gemeinsam mit deutschen Gerichten festgestellt. Der veränderte Status betrifft nicht nur neue Antragsteller, sondern auch die Hunderttausenden, die sich bereits in Deutschland aufhalten. Stand Oktober 2024 hätten daher etwa 650.000 Syrer ihren Schutzstatus verlieren und eigentlich ausreisen müssen.
Bislang gibt es von Kanzler Merz dazu aber keine konkreten Pläne. Diese Passivität steht im starken Kontrast zu seinen Wahlkampfversprechen und seiner Ankündigung einer Obergrenze von 100.000 Asylanträgen. Die seit Mai geltenden Grenzkontrollen unter Innenminister Dobrindt haben daran kaum etwas geändert.
Grenzkontrollen wirken kaum
Die Zahl der Asylanträge bleibt mit 9.916 Anträgen im Mai 2025 weiterhin hoch. Im April wurden 10.930 und im März 10.647 Anträge gestellt. Der leichte Rückgang ist nicht auf Dobrindts Politik zurückzuführen, sondern auf frühere Entwicklungen, insbesondere bei syrischen Antragstellern. Die Mehrheit der Migranten nutzt „grüne Grenzen“, um unkontrolliert einzureisen. Besonders auffällig ist, dass Afghanen, die auf ihrem Weg nach Deutschland mehrere sichere Länder durchqueren, inzwischen die größte Gruppe unter den Asylsuchenden stellen.
Von den 135.817 Asylentscheidungen bis Ende Mai 2025 beruhten lediglich 1.318 auf dem tatsächlichen Asyl gemäß Artikel 16a des Grundgesetzes – weniger als ein Prozent. Seit der Machtübernahme der Taliban im Jahr 2021 wurden über 36.000 Afghanen im Rahmen spezieller Aufnahmeprogramme direkt nach Deutschland gebracht. Da sie sofort einen Aufenthaltstitel erhalten und keinen Asylantrag stellen müssen, erscheinen diese Menschen nicht in der Asylstatistik.